Lernen Lebensmitteletiketten zu lesen: Nährwerte und Zutaten im Fokus

Der Konsum von stark verarbeiteten Lebensmitteln steigt stetig an, was mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko einhergeht. Wer Lebensmitteletiketten richtig liest, kann den ernährungsphysiologischen Wert eines Produkts besser einschätzen.
Was steht wirklich auf Lebensmitteletiketten? Und was nicht?
Je mehr Zutaten sich auf dem Etikett befinden, umso verarbeiteter ist das Produkt.Foto: DrazenZigic/istock
Von 20. August 2024

In Deutschlands Supermärkten sind mittlerweile 170.000 verschiedene Lebensmittelprodukte erhältlich. Es liegt in der Verantwortung des Verbrauchers, eine bewusste Kaufentscheidung zu treffen. Doch ist oft nicht auf den ersten Blick erkennbar, welches die bessere Wahl für die Gesundheit ist. Das Kleingedruckte auf den Lebensmitteletiketten verrät, was im Produkt steckt. Entscheidend ist, die Angaben wie Nährwerttabelle, Zutatenliste und Qualitätssiegel richtig zu entschlüsseln.

Stark verarbeitete Lebensmittel, sogenannte „ultraprocessed foods“ (UPF) wie Süßigkeiten, Fertiggerichte oder Brotaufstriche enthalten meist nicht nur viel Zucker, Salz und Fett, sondern auch Zusatzstoffe wie Aromen, Konservierungsmittel und Farbstoffe. Gleichzeitig liefern sie jedoch wenig gesunde Nährstoffe wie Ballaststoffe, Proteine, Vitamine und Mineralstoffe, so die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE).

Wissenschaftler bringen den Verzehr von UPFs zudem immer häufiger mit Übergewicht und chronischen Erkrankungen in Verbindung. Dazu gehören Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Allergien und eine erhöhte Sterblichkeitsrate.

Was verrät die Nährwerttabelle?

Die Nährwertangaben auf der Rückseite von Lebensmitteln gibt die Zusammensetzung der Hauptnährstoffe wie Fett, Kohlenhydrate, Eiweiß und Salz an. In der Regel beziehen sich die Angaben auf den Lebensmitteletiketten auf 100 Gramm oder 100 Milliliter und machen Produkte vergleichbar. Die Nährstoffangabe ist in ganz Europa eine Pflichtkennzeichnung.

Daneben geben viele Hersteller auch Angaben pro Portion an. Dies kann praktisch und verwirrend zugleich sein, da eine sättigende Portionsmenge jedes Menschen anders ist. Unterschiede ergeben sich zudem oft aus den Bestandteilen, die nicht in der Nährwerttabelle aufgeführt sind.

Die Zutatenliste entschlüsseln

Die Zutatenliste informiert darüber, aus welchen Bestandteilen das Lebensmittel besteht. Alle verwendeten Zutaten müssen angeführt werden, Hilfsstoffe nicht. An erster Stelle stehen die Zutaten mit dem höchsten Gewichtsanteil, in absteigender Reihenfolge geht es mit den restlichen Zutaten weiter. Zutaten, die Allergien hervorrufen können, sind besonders hervorgehoben und meist fett gedruckt.

Grundsätzlich gilt, je kürzer die Zutatenliste ist, umso eher ist davon auszugehen, dass es sich um ein naturbelassenes Produkt handelt. Lange Zutatenlisten sind auf stark verarbeiteten Lebensmitteln zu finden.

Ausschlaggebend ist außerdem, welche Zutaten verwendet wurden. So weisen Gemüse, Nüsse, Kräuter oder Obst auf einen natürlichen Ursprung hin. Ebenso sollte ein Produkt möglichst wenig oder keinen zugesetzten Zucker enthalten. Zucker verbirgt sich dabei oft hinter verschiedenen Namen. Darüber hinaus finden sich vor allem in stark verarbeiteten Lebensmitteln Zusatzstoffe, die als E-Nummern angegeben werden.

Zucker und seine verschiedenen Namen

Nicht nur Lebensmittel wie Schokolade, Softdrinks und Eis, sondern auch vermeintlich gesunde Produkte wie Fruchtjoghurt, Fertigmüsli und Müsliriegel enthalten viel Zucker. Um den Gesamtzuckergehalt eines Produkts zu erkennen, nützt ein Blick auf die Nährwerttabelle. Hier wird der gesamte Kohlenhydratanteil angegeben und wie viel davon zugesetzter Zucker ist.

Steht Zucker in der Zutatenliste weit vorn, ist prozentual viel Zucker enthalten. Doch es muss nicht immer „Zucker“ sein, andere Namen sind: Glucose (Traubenzucker), Fructose (Fruchtzucker), Maissirup, Dextrose, Saccharose (Haushaltszucker), Laktose (Milchzucker), Maltose (Malzzucker) oder Invertzuckersirup.

Ernährungsmediziner warnen vor zu hohem Zuckerkonsum, da damit Krankheiten wie Diabetes oder Fettlebererkrankungen einhergehen. Die DGE empfiehlt höchstens zehn Prozent der täglichen Gesamtenergiezufuhr in Form von frei verfügbarem Zucker zu konsumieren. Bei einer Aufnahme von 2.000 Kilokalorien pro Tag seien das maximal 50 Gramm frei verfügbarer Zucker.

Was verbirg sich hinter den „E“s auf Lebensmitteletiketten?

E-Nummern – das „E“ steht für Europa – auf Lebensmitteletiketten kennzeichnen Zusatzstoffe. EU-weit sind etwa 320 derartige Stoffe zugelassen, und die Liste wächst stetig. Rund 50 von ihnen dürfen auch im Bio-Bereich verwendet werden. E-Nummern werden in Funktionsklassen eingeteilt wie Antioxidationsmittel, Emulgatoren, Farbstoffe, Konservierungsmittel, Süßungsmittel oder Stabilisatoren. Auf der Lebensmittelverpackung müssen die Funktionsklasse und der Name oder die entsprechende E-Nummer angeführt sein, zum Beispiel „Antioxidans: Ascorbinsäure“ oder „E 300“.

Viele Zusatzstoffe werden synthetisch hergestellt, während andere natürlichen Ursprungs sind. Die E-Nummer selbst verrät jedoch nichts über die Art der Herstellung. Obwohl die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die gesundheitliche Unbedenklichkeit jedes Zusatzstoffs vor der Zulassung prüft, stehen besonders künstliche Farbstoffe und synthetische Konservierungsstoffe in der Kritik, da sie mit Allergien in Verbindung gebracht werden.

Auch unzählige künstliche Süßstoffe verbergen sich hinter einem E. Dazu gehören die Süßungsmittel Acesulfam-K (E 950), Aspartam (E 951) und Sucralose (E 955) ebenso wie die sogenannten Zuckeraustauschstoffe. Darunter fallen Sorbit (E 420), Polyglycitolsirup (E 964) und Xylit (E 967). Insgesamt sind in der EU derzeit 19 Süßstoffe zugelassen.

Vor allem Aspartam, auf Lebensmitteletiketten auch als „NutraSweet“ bezeichnet, und Acesulfam sind seit Längerem umstritten. Ersteres ist rund 200 Mal süßer als gewöhnlicher weißer Haushaltszucker, weshalb es häufig in „Light“- oder „Wellness“-Produkten zum Einsatz kommt. Für Personen, die an der seltenen angeborenen Stoffwechselkrankheit Phenylketonurie (PKU) leiden, ist der Verzehr von Aspartam allerdings lebensgefährlich.

Andere Studien weisen auf Gedächtnisverlust, Depressionen, Schizophrenie und ein erhöhtes Krebsrisiko im Zusammenhang mit Aspartam-Konsum hin, auch bei gesunden Individuen. Acesulfam-K könne seinerseits die Darmflora stören und zu chronischen Entzündungen führen, das Risiko von Typ-2-Diabetes und für Frühgeburten erhöhen sowie neurosynaptische Anomalien auslösen.

Nutri-Score – Kaum Mehrwert für den Nährwert?

Der Nutri-Score ist eine farbige Kennzeichnung, die auf der Vorderseite von Lebensmittelverpackungen seit 2020 in Deutschland von Herstellern freiwillig aufgedruckt werden kann. Sie soll helfen, schnell und einfach eine bewusstere Kaufentscheidung zu treffen. Damit stößt die Skala allerdings auch an ihre Grenzen.

So soll sie den Vergleich von Produkten innerhalb der gleichen Lebensmittelgruppe erleichtern, beispielsweise welcher Joghurt die bessere Wahl ist. Es ergibt indes keinen Sinn, Joghurt anhand der Farbskala mit Toastbrot zu vergleichen. Zum anderen berücksichtigt der Nutri-Score weder die Qualität der Zutaten noch künstliche Zusatzstoffe, Aromen oder Konservierungsstoffe.

Der Nutri-Score vergleicht Produkte innerhalb der gleichen Produktgruppe. Foto: Boarding1Now/iStock

Das von französischen Gesundheitsbehörden entwickelte Label bewertet das gesamte Nährstoffprofil eines Lebensmittels sowie den Gesamtenergiegehalt. Die Bewertung erfolgt mit einer Farb- und Buchstabenskala von jeweils fünf Farben und Buchstaben: Ein dunkelgrünes A steht dabei für die beste Bewertung und ein rotes E für die schlechteste – innerhalb der betrachteten Gruppe.

„Der Nutri-Score […] macht keine Aussagen zum Gesundheitswert eines einzelnen Lebensmittels“, heißt es dazu auf der Webseite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Das Label kann daher lediglich als zusätzliche Information zur Zutatenliste und Nährwerttabelle gesehen werden.

Das Lesen von Lebensmitteletiketten, das Verständnis von Nährwerttabellen und die Berücksichtigung von Zusatzstoffen sind wichtige Entscheidungshilfen, um den Konsum stark verarbeiteter Lebensmittel zu reduzieren. Der Nutri-Score und andere Kennzeichnungen können hierbei als hilfreiche Orientierung dienen, sollten jedoch stets im Gesamtzusammenhang mit den anderen Informationen auf der Verpackung betrachtet werden.

Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.



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