Pilze: Auch die Zubereitung macht das Gift
Zwischen Spätsommer und Frühherbst herrscht Hochsaison im Wald, denn zu dieser Zeit begeben sich Tausende Pilzliebhaber auf die Suche nach den schwammigen Köstlichkeiten. Doch damit der Schmaus kein tragisches Ende nimmt, sollten Sucher die essbaren Pilze von den ungenießbaren und giftigen unterscheiden können. Doch ab wann ist ein Pilz giftig?
Forscher der Friedrich-Schiller-Universität Jena und des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut sind dieser Frage nachgegangen und untersuchten das Pilzgift „Muscarin“ genauer.
Die versteckten Gifte der Pilze
Muscarin wurde vor über 150 Jahren als erstes Pilzgift überhaupt entdeckt und kommt in verschiedenen Pilzen vor, der bekannteste darunter ist der Fliegenpilz (Amanita muscaria), der dem Gift seinen Namen gab.
Erheblich höhere Konzentrationen des Toxins kommen jedoch auch in Risspilzen und manchen Trichterlingen vor, wie die Forscher um Prof. Dirk Hoffmeister von der Universität Jena nun zeigen konnten. So ist Muscarin nicht nur als solches in Pilzen vorhanden, sondern wird auch als harmlose Vorstufe gespeichert. Im Fall des Rinnigbereiften Trichterlings (Clitocybe rivulosa) ist das Gift in Form des weniger giftigen 4′-Phosphomuscarin gespeichert, das erst bei Verletzung – Anschnitt oder Verzehr – der Pilze freigesetzt wird.
„Es gibt Hinweise, dass noch andere Substanzen vorkommen, denn reines Muscarin wirkt offenbar anders als ein muscarinhaltiger Pilz“, sagt Sebastian Dörner, Doktorand in Hoffmeisters Team.
Der Rinnigbereifte Trichterling ist auch als „Falscher Champignon“ bekannt. Wie sein Name bereits andeutet, verwechseln immer wieder Pilzsucher den Trichterling mit dem echten Champignon. Erst bei Verletzung des Pilzes durch Schneiden, Kochen oder bei der Verdauung setzt ein Enzym das giftige Muscarin aus dem Vorläufermolekül frei. Dies ist nicht ungewöhnlich, da einige Organismen für ihre Abwehr- und Schutzreaktionen bekannt sind, wenn sie – beispielsweise durch Tierfraß – „verletzt“ werden.
Die Mischung aus freiem aktivem und „verstecktem“ inaktivem Muscarin, das erst durch den Verzehr zum aktiven Gift wird, erhöht die Gefährlichkeit bestimmter Pilzarten wie Trichterlinge.
Gewissenhafte Suche
Jene Erkenntnis der deutschen Forscher könnte nicht nur für Pilzsammler, sondern auch für Ärzte und Toxikologen relevant sein. Letztere können so die tatsächliche Gefahr bestimmter Pilzarten besser einschätzen und Vergiftungen effizienter behandeln.
Die Folgen einer Vergiftung mit Muscarin sind sehr ernst zu nehmen. So kommt es zu vermehrtem Speichel- und Tränenfluss, Schweißausbrüchen, Erbrechen, Durchfall und Kreislaufkollapsen, die auch zu tödlichen Herzlähmungen führen können. Dabei ist es irrelevant, ob das Gift in freier Form oder als versteckte Vorstufe aufgenommen wurde.
Eine korrekte Identifizierung essbarer Pilze ist also nach wie vor die wichtigste Voraussetzung für eine genussvolle und unbeschwerte Pilzmahlzeit. Sollten sich Pilzsammler unsicher sein, dann lieber den Pilz stehen lassen oder einen Pilzsachverständigen zurate ziehen.
Die Studie erschien im Oktober 2024 im Journal „Angewandte Chemie International Edition“.
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