COVID-19 Statistik: Ende April ist das Gröbste überstanden

Keine Angst! Weder vor Corona, noch vor Zahlen … In dieser Serie betrachten wir die Corona-Krise mit den Augen eines Mathematikers. Wie schlimm oder harmlos ist die COVID-19-Krise denn eigentlich – und wie kann man aus den Zahlen eine Prognose zaubern?
Mathematik und Statistik in Zeiten der Corona/COVID-19-Krise.
Mathematik und Statistik in Zeiten der Corona-/COVID-19-Krise.Foto: YoImages/iStock
Von 11. April 2020

Der erste Artikel dieser Serie beleuchtet die Verdopplungszeit T2 und den Altersmedian der verstorbenen COVID-19-Infizierten. In diesem Teil geht es darum, wie man aus den Daten der Vergangenheit eine (sinnvolle) Prognose entwickeln kann.

Oft hilft es, sich das erst mal anzuschauen, wir machen das am Beispiel von Thüringen. Manche Grafiken findet man im Netz, andere kann man selbst mit einer Tabellenkalkulation erstellen. Was sagen uns diese Bilder?

COVID-19 Infizierte Thüringen

Gesamtzahl der Corona-Infizierten und Genesenen in Thüringen. Foto: corona.thueringen.de

Infizierte, erkrankte und genesene COVID-19-Patienten

Zwischen Infizierten und Genesenen verstecken sich Infizierte mit Krankheitssymptomen. Das ist der Abstand zwischen den beiden Kurven im obigen Diagramm. Seit Ende März ist die Zahl der noch Erkrankten in Thüringen nicht mehr wesentlich gestiegen, was sich im nahezu konstanten Abstand der Kurven widerspiegelt.

Gesamtzahl der Corona-Infizierten in Thüringen, inklusive der täglichen Zuwachsrate. Foto: corona.thueringen.de

Am 7. April war die Zahl der Neuinfektionen erstmals an einem Dienstag niedriger als am Vortag (vorher gab es immer den „Montags-Knick“). Hier sieht man auch sehr schön die wöchentlichen Schwankungen der neu gemeldeten Fälle. Der 23., 30.3. und der 6.4. waren Montage.

Genesene COVID-19-Patienten in Deutschland. Foto: ts/Epoch Times

Seit etwa dem 25. März wird die blaue Kurve (Gesamtzahl der Infizierten) nicht mehr steiler, am Ende wird sie sogar ein kleines bisschen flacher – das kann allerdings auch ein „Montagsknick“ sein. Die Kurve der noch Erkrankten (grün) wird am Ende schon deutlich flacher. Rot stellt die vom Robert-Koch-Institut geschätzte Zahl der Genesenen dar.

Ende Mai 3 Milliarden Infizierte Deutsche!?

Für eine Prognose braucht man eine Formel, mit der man für jeden Tag die Zahlen berechnen kann. Drei Beispiele zum Vergleichen:

Vergleich unterschiedlicher Prognose-Funktionen der COVID-19-Fälle

Vergleich von unterschiedlichen Prognose-Funktionen des COVID-19-Verlaufs. Foto: ts/Epoch Times

Das Wachstum der Exponentialfunktion (rote Kurve) kann den Verlauf nur in der Anfangsphase vernünftig wiedergeben, schon nach recht kurzer Zeit wäre aber die Zahl größer als die Einwohnerzahl Deutschlands. Nach dieser wären Ende Mai bereits drei Milliarden Deutsche infiziert.

Die grüne Kurve, die schrittweise mit einer kleiner werdenden Wachstumsrate berechnet wird, kann die beobachtete Abflachung noch erfassen. Da die Zahl der gemeldeten Infizierten aber nicht zurückgeht, ist diese Kurve auch nur bis kurz vor Ostern verwendbar.

Profis arbeiten mit einer „verbesserten Gompertz-Funktion“, die die zu erwartende S-förmige Kurve liefert. Bis zu einem bestimmten Punkt, dem Wendepunkt, wird die Kurve immer steiler, danach wird sie wieder flacher und nähert sich allmählich ihrem Maximalwert.

Hier die Formeln:

Formel N zur COVID-19 Statistik

e ist eine mathematische Konstante e ≈ 2,7183; Nmax der Maximalwert. Und was ist G? Vorsicht, nicht erschrecken. Man muss das nicht detailliert verstehen.

Formel G zur COVID-19 Statistik

Hier steckt die Arbeit drin:

T2 ist die Verdopplungszeit am Wendepunkt. d ist der Tag des Wendepunkts. w beeinflusst zusammen mit T2 die Krümmungen der Kurve. ln steht für den Logarithmus mit der Basis e, den „natürlichen Logarithmus“.

„Prognosen sind immer schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“

Für eine gute Prognose müssen die Zahlen Nmax, T2, d und w so gewählt werden, dass die Abweichung von den schon vorhandenen Daten möglichst klein ist. Das geht einerseits mit höherer Mathematik oder mit systematischem Probieren. Letzteres ist sehr aufwendig und deshalb nur mit einem Computer sinnvoll.

Ausgehend von den Zahlen, die das Robert-Koch-Institut tagesaktuell und rückblickend bereitstellt, ergibt sich die obige violette Kurve mit Nmax = 151 000; T2 = 10,5; d = 89,6 und w = 2,3.

Das bedeutet für die Prognose, das seit dem 30. März (d = 90) die Kurve allmählich flacher wird und nur noch bis auf 151.000 Infizierte ansteigen wird. Ende April ist demzufolge das Gröbste überstanden.

Auch die zuvor berechnete Verdopplungszeit entspricht ziemlich gut dem hier ermittelten Wert T2. Deutschland befindet sich also jetzt etwa beim Wendepunkt. Aber auch hier gilt die Weisheit, die verschiedenen Personen (aus der Mathematik), unter anderem Niels Bohr, Mark Twain und Karl Valentin zugeschrieben wird: „Prognosen sind immer schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“

Die jetzige – optimistisch stimmende – Entwicklung geschieht unter der Bedingung weitgehender Einschränkungen des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft. Eine Lockerung dieser Regeln könnte aber den weiteren Epidemie-Verlauf erheblich beeinflussen. Und auch das Virus scheint immer noch einige Überraschungen parat zu haben.



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