Alchemie oder Recycling? Schweizer Forscher machen Gold aus Abfall
„Unedles“ in Gold zu verwandeln, war eines der großen Ziele der Alchemisten im Mittelalter und der frühen Neuzeit. Zwar kann heute unter enormem Aufwand mit Kernreaktoren oder Teilchenbeschleunigern aus Platin oder Quecksilber Gold gewonnen werden, nur ist dieses Endprodukt meist radioaktiv und die Herstellung wirtschaftlich äußerst unrentabel.
Ganz anders sieht es bei der Arbeit von Raffaele Mezzenga, Professor am Departement Gesundheitswissenschaften und Technologie der ETH Zürich, aus. Zwar hat er nicht ein anderes chemisches Element in Gold verwandelt, wie es die Alchemisten versuchten. Aber es ist ihm gelungen, mithilfe eines Nebenprodukts aus der Käseherstellung aus Elektroschrott Gold zurückzugewinnen.
So enthält Elektroschrott verschiedene wertvolle Metalle, darunter Kupfer, Kobalt und auch relevante Mengen an Gold. Diese aus ausgedienten Smartphones und Computern zurückzugewinnen, ist wegen der steigenden Nachfrage von großem Interesse, nicht nur bei dem Edelmetall.
Bisherige Verfahren zur Rückgewinnung sind allerdings energieintensiv und benötigen oft hochgiftige Chemikalien. Forscher um Professor Mezzenga präsentierten Anfang März eine sehr effiziente, kostengünstige und vor allem viel nachhaltigere Methode: Mit einem Schwamm aus Proteinen ist es ihnen gelungen, Gold aus Elektroschrott herauszufischen.
22-Karat-Nugget aus 20 Computern
Für die Herstellung des Schwammes nutzten die Forscher Molkenproteine. Bei großer Hitze und mit Säure denaturierten die Forscher zunächst diese Proteine, sodass sie sich in einem Gel zu Protein-Nanofasern zusammenfügten. Dieses Gel trockneten die Wissenschaftler, wodurch ein Schwamm aus ebendiesen Proteinfasern entstand.
Um im Laborversuch Gold zurückzugewinnen, nahmen die Forscher die Elektronikleiterplatten von zwanzig alten Computern und entfernten die Metallteile. Diese lösten sie in einem Säurebad auf, sodass die Metalle darin als Ionen vorlagen.
Als die Forscher den Schwamm in die Metallionen-Lösung legten, lagerten sich die Gold-Ionen an den Proteinfasern an. Auch andere Metall-Ionen können sich an die Fasern anlagern – allerdings passiere das bei Gold-Ionen viel effizienter, wie ihre Studie zeigt.
In einem nächsten Schritt erhitzten die Forscher den Schwamm. Dadurch kristallisierten die Gold-Ionen zu Flocken, die die Wissenschaftler schließlich zu einem Goldnugget einschmelzen konnten.
So erhielten sie aus den zwanzig Computerleiterplatten ein rund 450 Milligramm schweres Nugget. Der Anteil des Goldes an der Gesamtmasse des Nuggets beträgt 91 Prozent, während die restlichen neun Prozent Kupfer sind. Das entspricht knapp der Reinheit von 22-karätigem Gold.
Gewinnung von Gold wirtschaftlich rentabel
„Am besten gefällt mir, dass wir ein Nebenprodukt der Lebensmittelindustrie verwenden, um Gold aus Elektroschrott zu gewinnen“, so Mezzenga. Man könne also berechtigterweise sagen, dass die Methode zwei Abfallstoffe zu Gold veredelt. „Viel nachhaltiger geht es nicht.“
Dass die neue Technologie wirtschaftlich ist, rechnet Mezzenga vor: Die Kosten für die Beschaffung der Ausgangsmaterialien und die Energiekosten des ganzen Prozesses seien zusammen 50-mal geringer als der Wert des Goldes, das zurückgewonnen werden kann. Bei einem Goldpreis von aktuell um 60 Euro pro Gramm belaufen sich Material und Energie somit auf etwas über einen Euro.
Als Nächstes wollen die Forscher diese Technologie zur Marktreife entwickeln. Auch wenn Elektroschrott das vielversprechendste Ausgangsprodukt zum Goldschürfen ist, gibt es noch weitere mögliche Quellen. Dazu gehören zum Beispiel Industrieabfälle aus der Mikrochipherstellung oder von Vergoldungen. Außerdem wollen die Wissenschaftler untersuchen, ob sie die Proteinfaserschwämme auch aus anderen proteinhaltigen Neben- oder Abfallprodukten der Lebensmittelindustrie herstellen können.
Letzteres wird vor allem dann von Interesse sein, wenn auf den Verzehr von Milch und tierischer Nahrung verzichtet werden oder künstlich hergestellte Milch die natürliche ersetzen soll.
Die Studie erschien am 23. Januar 2024 im Fachmagazin „Advanced Materials“.
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