Deindustrialisierung statt Energiewende: Erneuerbare nur scheinbar auf dem Vormarsch

Weder mehr Sonne noch mehr Wind: Der steigende Anteil der Erneuerbaren liegt im Rückgang der konventionellen Energieerzeugung begründet. Kohle und Erdgas sorgen nach wie vor für ausreichend Netzstabilität und bilden das Rückgrat der Energiewende.
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Die Energiewende zeigt sich 2023 uneinheitlich: Stromerzeugung runter, Importe hoch, Erneuerbare gleich.Foto: iStock
Von 7. März 2024

Im Jahr 2023 sind in Deutschland 449,8 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt und in das Netz eingespeist worden. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen am Donnerstag mitteilte, waren das 11,8 Prozent weniger als im Jahr 2022. Die Energiewende ist damit in vollem Gang, aber anders als erwartet.

Gründe für den Rückgang waren demnach insbesondere ein geringerer Strombedarf infolge der konjunkturellen Abschwächung in den energieintensiven Industriezweigen sowie der gestiegene Import von Strom aus dem Ausland.

Strom ist nur ein Teil vom Kuchen

Mit einem Anteil von 56,0 Prozent stammte der im Jahr 2023 erzeugte und ins Netz eingespeiste Strom – bilanziell – mehrheitlich aus erneuerbaren Energieträgern. 2022 hatte der Anteil noch 46,3 Prozent betragen. Die Stromerzeugung aus diesen Quellen stieg im Jahr 2023 um 6,7 Prozent. Die Einspeisung von Strom aus konventionellen Energien sank dagegen um 27,8 Prozent auf einen Anteil von 44,0 Prozent (2022: 53,7 Prozent), erklärte das Statistische Bundesamt.

Dem muss jedoch hinzugefügt werden: Strom ist nur eine der drei wichtigen Energieformen. Kraftstoffe und Wärme, sowohl für die Industrie als auch die privaten Haushalte, sind darin nicht enthalten. Ebenfalls unberücksichtigt bleiben Kraftwerke, die ausschließlich für die Industrie produzieren und nicht ins deutsche Stromnetz einspeisen. Dazu zählen unter anderem die Kraftwerke der Deutschen Bahn.

Betrachtet man den Anteil der Erneuerbaren am Gesamtenergieverbrauch, liegt dieser nicht bei knapp 60 Prozent, sondern eher bei unter 20 Prozent. Bezogen auf das Jahr 2022 waren es 17,6 Prozent.

Energiewende: mehr Erneuerbare, weniger Strom

Die Stromeinspeisung aus Windkraft stieg im Jahr 2023 gegenüber dem Jahr 2022 um 13,8 Prozent. Windkraft war damit mit einem Anteil von 31,0 Prozent in Summe der wichtigste Energieträger für die Stromerzeugung in Deutschland.

Im Jahr 2022 war der Anteil der Windkraft an der Stromerzeugung mit 24,0 Prozent deutlich niedriger gewesen. Die Gründe für den deutlichen Anstieg des Anteils waren ein gutes Windjahr 2023 sowie der Leistungszubau um 4,3 Prozent bei gleichzeitig geringerer Gesamtstromerzeugung, so die Statistiker aus Wiesbaden.

Der Anteil der Stromeinspeisung aus Photovoltaik stieg im Jahr 2023 leicht auf 11,9 Prozent (2022: 10,6 Prozent). Dieser Anstieg ist jedoch ausschließlich auf die geringere Gesamtstromerzeugung zurückzuführen. Die eingespeiste Strommenge war mit 53,6 Milliarden Kilowattstunden trotz eines Zubaus an Photovoltaikleistung von 18,0 Prozent rückläufig (-1,3 Prozent).

2022 hatte die eingespeiste Strommenge aus Photovoltaik bei 54,3 Milliarden Kilowattstunden gelegen, was vor allem auf ein ungewöhnlich sonnenreiches Jahr zurückzuführen war.

Im Vergleich zu den Vorjahren fällt jedoch auf, dass weder Sonne noch Wind eine signifikante Steigerung der Stromerzeugung verzeichnen können. Ihr steigender Anteil ist daher hauptsächlich auf den Rückgang der Stromerzeugung insgesamt zurückzuführen.

Deindustrialisierung statt Energiewende: Der steigende Anteil der Erneuerbaren liegt im Rückgang der konventionellen Energieerzeugung begründet.

Weder mehr Sonne noch mehr Wind: Der steigende Anteil der Erneuerbaren liegt im Rückgang der konventionellen Energieerzeugung begründet. Foto: Statistisches Bundesamt (Destatis)

Fossile bleiben Rettungsanker der Energiewende

Die Erzeugung und Einspeisung von Strom aus Kohlekraftwerken verzeichnete 2023 einen deutlichen Rückgang (-30,8 Prozent). Der Anteil von Kohlestrom an der Gesamterzeugung sank auf 26,1 Prozent. Im Jahr 2022 war Kohle mit einem Anteil von 33,2 Prozent der wichtigste Energieträger. Im Vergleich zu 2020 ist die Kohleverstromung jedoch nahezu unverändert.

Die Stromeinspeisung aus Erdgas stieg im Jahr 2023 um 3,9 Prozent auf einen Anteil von 13,6 Prozent, nachdem sie 2022 mit einem Anteil von 11,5 Prozent infolge der angespannten Situation auf dem Gasmarkt auf einen mehrjährigen – jedoch kaum sichtbaren – Tiefstand gefallen war.

Kohle und Erdgas sorgen noch für ausreichend Netzstabilität und bilden das Rückgrat der Energiewende.

Kohle und Erdgas sorgen noch für ausreichend Netzstabilität und bilden das Rückgrat der Energiewende. Foto: Statistisches Bundesamt (Destatis)

Kohle war im Jahr 2023 somit der zweitwichtigste Energieträger für die Stromerzeugung in Deutschland. Gemeinsam mit Erdgas ist Kohle, die als einziger Energieträger in Deutschland gefördert wird, für fast 40 Prozent der Stromerzeugung verantwortlich. Da weder Windkraft- noch Solaranlagen die Netzstabilität gewährleisten können, bilden die fossilen Kraftwerke weiterhin das Rückgrat der Energiewende.

Importe – nicht Erneuerbare – gleichen Abschalten der Kernkraft aus

Durch die Abschaltung der letzten drei deutschen Kernkraftwerke am 15. April 2023 ist die Stromeinspeisung aus Kernenergie im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesunken und machte nur noch 1,5 Prozent an der eingespeisten Strommenge aus. 2022 waren es 6,4 Prozent.

Diese Lücke füllten vor allem Stromimporte nach Deutschland aus, die im Vergleich zu 2022 um 40,6 Prozent auf 69,3 Milliarden Kilowattstunden zulegten. Das Verhältnis der importierten Strommenge zur inländisch produzierten Strommenge betrug im Jahr 2023 damit 15 Prozent. Sie übersteigt damit sowohl den Anteil der „Brückentechnologie“ Erdgas als auch die Einspeisung aus Solaranlagen.

Die aus Deutschland exportierte Strommenge sank 2023 gegenüber dem Vorjahr seinerseits um 21,5 Prozent auf 60,1 Milliarden Kilowattstunden. Damit importierte Deutschland mit 9,2 Milliarden Kilowattstunden – erstmals seit 2002 – wieder mehr Strom, als es exportierte, so das Bundesamt. 2022 lag der deutsche Exportüberschuss beim Strom noch bei 27,4 Milliarden Kilowattstunden.

Wären die Kernkraftwerke das ganze Jahr gelaufen, hätten sie im weiteren Jahresverlauf voraussichtlich mehr als 23 Milliarden Kilowattstunden einspeisen können. Damit hätten sie nicht nur das Import-Export-Verhältnis ausgleichen, sondern deutlich ins Gegenteil verkehren können.

(Mit Material von Destatis und dts)



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