Rolls-Royce: Sparkurs bei Panzer-Motorenhersteller droht
Nach einem Wechsel an der Spitze des britischen Mutterkonzerns rechnen die Betriebsräte des Motorenhersteller Rolls-Royce Power Systems mit Einsparungen und einem Einstellungsstopp.
Das Unternehmen in Friedrichshafen am Bodensee stellt unter anderem die Motoren für die Leopard- und Puma-Panzer her. Die Arbeitnehmervertretung rief für Montagvormittag zu einer Betriebsversammlung unter freiem Himmel auf.
Der neue Rolls-Royce-Chef in London, Tufan Erginbilgic, erklärte in einer Video-Ansprache an die Belegschaft vergangene Woche am Konzernsitz Derby: „Mit jedem Investment, das wir machen, zerstören wir Wert.“ Er hatte das Amt als Vorstandschef bei dem angeschlagenen britischen Triebwerkshersteller zu Jahresbeginn übernommen.
„Transformationsprogramm“ als „letzte Chance“
Erginbilgic bezeichnete den Konzern als eine „brennende Plattform“, die ohne Maßnahmen auf ein mögliches Ende zusteuere. Mit diesen Worten habe der Konzernchef deutlich auf einen bevorstehenden Spar- und Effizienzkurs hingewiesen, sagte Betriebsratschef Thomas Bittelmeyer der Deutschen Presse-Agentur. Zudem kündigte Erginbilgic ein „Transformationsprogramm“ zur Effizienzsteigerung und „Optimierung“ an. Er bezeichnete dies als „unsere letzte Chance“, berichtete die „FAZ“.
Dabei sei das vergangene Jahr rekordverdächtig gewesen, sagte Bittelmeyer. Er warnte, es dürfe keine Budgeteinsparungen geben. Konkrete Zahlen für das Geschäftsjahr 2022 will das Unternehmen am 23. Februar vorlegen. Laut einem Medienbericht würde der geplante Sparkurs einen Stellenabbau umfassen, wovon vor allem Büromitarbeiter in der Verwaltung des Bereichs zivile Luftfahrt betroffen wären.
Zuletzt bestellte die Bundeswehr im Sommer 2022 bei Rolls-Royce 20 MTU-Motoren für Leopard-2-Panzer, wie „esut“ berichtete. Nach europaweiter Ausschreibung hat die Bundeswehr den mit 18 Millionen Euro dotierten Liefervertrag mit Rolls-Royce Power Systems abgeschlossen.
Erste Motoren sollten ursprünglich ab August 2023 ausgeliefert werden. Insgesamt verfügt Deutschland laut „DW“ über 328 Leopard-Kampfpanzer. Wie viele von ihnen sofort einsetzbar wären, darüber streiten die Experten.
Auch schon vor Corona in den roten Zahlen
Rolls-Royce hat sich vor einigen Jahren ganz auf Antriebe für Großraumflugzeuge spezialisiert. Der Einbruch des Luftverkehrs und die Notlage vieler Airlines in der Corona-Krise hatten den Konzern noch stärker getroffen als andere Unternehmen der Branche. Doch auch bereits in den Jahren 2018 und 2019 hatte der Konzern tiefrote Zahlen geschrieben.
Rolls-Royce sah sich aufgrund der Maßnahmen in der Corona-Pandemie gezwungen, rund 9.000 Arbeitsplätze abzubauen. So reduzierte der Konzern die Kosten um 1,3 Milliarden Pfund. Die meisten Stellenstreichungen der vergangenen zwei Jahre fanden im englischen Werk Derby statt. Derzeit arbeiten noch rund 43.000 Mitarbeiter für das Unternehmen.
In Deutschland hat das Unternehmen rund 10.000 Mitarbeiter. Die meisten davon, knapp 6.000, sind in Friedrichshafen am Bodensee tätig, wo MTU (Rolls-Royce Power Systems) sitzt. Rund 2.300 Mitarbeiter arbeiten in Dahlewitz nahe Berlin, wo Rolls-Royce Motoren für Privatjets baut. 800 weitere sind im kleineren Werk Oberursel bei Frankfurt beschäftigt.
Das deutsche Tochterunternehmen wächst – ganz entgegen dem britischen Trend. Im vergangenen Jahr hat Power Systems rund 2,75 Milliarden Pfund (3,13 Milliarden Euro) umgesetzt. Das sogenannte Behördengeschäft, in das auch die Panzermotorproduktion fällt, machte 2021 insgesamt 9 Prozent des Gesamtumsatzes aus.
Unter der Marke MTU vertreibt Rolls-Royce Power Systems neben Panzer-Motoren auch schnell laufende Antriebssysteme für Schiffe sowie schwere Land- und Schienenfahrzeuge. Auch Stromkraftwerke gehören zum Geschäft.
Schwere Zeiten für Autoindustrie in Großbritannien
Allgemein war auch die britische Autoproduktion im vergangenen Jahr mit schwierigen Bedingungen konfrontiert. Sie fiel deswegen auf den tiefsten Stand seit fast 70 Jahren. 2022 sei „das schlimmste Jahr seit 1956“ gewesen, sagte der Chef der britischen Automobilindustrie (SMMT), Mike Hawes, der Nachrichtenagentur „AFP“. Die vergangenen drei Jahre seien „grauenvoll“ gewesen – zunächst wegen der Corona-Pandemie, dann zusätzlich wegen des Halbleitermangels. Im Jahr 2022 habe die Industrie 40 Prozent weniger Autos produziert als im Jahr 2019.
Im vergangenen Jahr fuhren laut SMMT 775.014 Autos vom Band, knapp zehn Prozent weniger als 2021. Zum Chipmangel kamen laut Branchenverband die hohen Energiepreise sowie weitere Lieferprobleme wegen der vielen Corona-Lockdowns in China hinzu. Mit den Schwierigkeiten hatten Hersteller weltweit zu kämpfen.
Allerdings kam in Großbritannien erschwerend hinzu, dass zwei Fabriken geschlossen sind. Schon seit Sommer 2021 steht das Honda-Werk in Swindon im Süden des Landes still und seit Frühjahr 2022 wird das Werk der Opel-Schwestermarke Vauxhall in Ellesmere Port im Norden des Landes umgebaut. Von dort sollen künftig Elektroautos auf die Straßen gehen.
SMMT-Chef Hawes sagte zur „AFP“, die Branche beginne das Jahr 2023 „mit etwas mehr Optimismus“. Dieses Jahr werde es wieder Wachstum geben. Die Auftragsbücher seien voll. SMMT prognostiziert ein Plus von 15 Prozent in diesem Jahr.
Luxusautos gehen besser
In der Sparte der Automobile steht die Marke hingegen deutlich besser da. Rolls-Royce konnte hier auch im vergangenen Jahr eine Rekordzahl an Autos ausliefern. 6.021 Fahrzeuge verkaufte die Luxusmarke im Jahr 2022 – acht Prozent mehr als im Rekordjahr 2021, wie das Unternehmen mitteilte. Die Autos seien an Kunden in rund 50 Ländern geliefert worden.
Trotz der weiterhin hohen Inflation vielerorts äußerte sich die BMW-Tochter am Montag auch „vorsichtig optimistisch“ mit Blick auf das laufende Jahr. Rolls-Royce, gegründet Anfang des 20. Jahrhunderts, gehört seit 1998 zu BMW.
Im Jahr 2021 hatte der Autobauer die Verkaufszahl um fast 50 Prozent gesteigert und 5.586 Luxuskarossen ausgeliefert. Ab Herbst diesen Jahres soll das elektrische Modell „Spectre“ auf die Straße kommen. Ab dem Jahr 2030 will Rolls-Royce keine Verbrenner mehr herstellen.
(Mit Material von dpa und AFP)
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