Geht E-Autos bald der Saft aus? – Bundesnetzwerkagentur befürchtet Stromausfälle

Ladestationen, Wärmepumpen, Kälteanlagen, Stromspeicher. Für sie könnte ab Januar 2024 eine eingeschränkte Stromversorgung in Betracht kommen, wie aus einem Dokument der Bundesnetzwerkagentur hervorgeht.
Zuerst wurde für E-Autos geworben, nun befürchtet die Bundesnetzwerkagentur Stromausfälle wegen des erhöhten Strombedarfs. (Symbolbild) Foto: iStock
Zuerst wurde für E-Autos geworben, nun befürchtet die Bundesnetzwerkagentur Stromausfälle wegen des erhöhten Strombedarfs. (Symbolbild)Foto: iStock
Von 15. Januar 2023

Der Präsident der Bundesnetzwerkagentur, Klaus Müller, hat vor einer Überlastung des Stromnetzes in Deutschland durch die steigende Zahl privater Elektroauto-Ladestationen und strombetriebener Wärmepumpen gewarnt. „Wenn weiter sehr viele neue Wärmepumpen und Ladestationen installiert werden, dann sind Überlastungsprobleme und lokale Stromausfälle im Verteilnetz zu befürchten, falls wir nicht handeln“, sagte Müller der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

Für störanfällig hält die Bonner Behörde vor allem die lokalen Niedrigvolt-Ortsnetze. Die Bundesnetzwerkagentur hat deshalb ein Eckpunktepapier veröffentlicht. Dieses sieht in Zeiten hoher Netzauslastung eine temporäre Stromrationierung vor. Im Gegenzug könnten „steuerbare Verbrauchseinrichtungen“ dann Strom beziehen, wenn die Stromnetze nur gering ausgelastet sind.

E-Autos, Wärmepumpen und andere Anlagen

In den Anwendungsbereich der Reglungen fallen

  • nicht-öffentlich zugängliche Ladepunkte für Elektromobile
  • Wärmepumpenheizungen unter Einbeziehung etwaiger Zusatzheizvorrichtungen (Elektroheizstab)
  • Anlagen zur Erzeugung von Kälte
  • Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie (Stromspeicher)

hinsichtlich der Strombezugsrichtung mit einem maximalen Leistungsbezug von mehr als 3,7 kW, einem unmittelbaren oder mittelbaren Anschluss am Niederspannungsnetz (NE 7) und einer Inbetriebnahme ab dem 1. Januar 2024. Diese Aufzählung ist laut Bundesnetzwerkagentur nicht vollständig.

Nach dem Papier erhält der Verteilernetzbetreiber die Möglichkeit, „im Bedarfsfall“ steuernd einzugreifen, um den sicheren Netzbetrieb aufrechterhalten zu können. „Gleichzeitig darf nur so viel gesteuert werden, wie unbedingt nötig ist, um den Komfort des Kunden so wenig wie möglich einzuschränken.“

Der Steuerungsmechanismus, der ab 1. Januar 2024 greifen soll, erlaubt keine vollständige Abschaltung einzelner Verbrauchseinrichtungen, sondern nur eine zeitlich reduzierte Stromversorgung. Die Steuerung soll nicht nur bei einer messtechnisch konkret festgestellten Auslastung, sondern auch bei einer „Annahme einer drohenden Überlastungssituation“ zum Tragen kommen, die auf der Basis angemeldeter Anschlussleistungen für steuerbare Verbrauchseinrichtungen sowie angenommener „Nichtanmelde-Dunkelziffern“ errechnet wird.

Aus Sicht der Bundesnetzwerkagentur ist die Umsetzung für die Verbraucher „einfach, kosteneffizient und kundenfreundlich ausgestaltet“. Auf einen separaten Zähler könne verzichtet werden. Die Gegenleistung für die Einsparung für die Verbraucher erfolge über einen pauschalen Rabatt auf das Netzentgelt.

Pauschale für Netzentgeltreduzierung

§ 14a Energiewirtschaftsgesetz sieht eine Reduzierung der Netzentgelte für diejenigen Letztverbraucher und Lieferanten vor, die eine entsprechende Regelung mit den Netzbetreibern abgeschlossen haben. Die Bundesnetzagentur will laut dem Papier von ihrer Festlegungsermächtigung in Verbindung mit § 29 Abs. 1 des Gesetzes Gebrauch machen, indem sie die Berechnungsmethode für das reduzierte Entgelt vorgibt, die pauschal erfolgen soll.

Die Auszahlung der Entgeltreduzierung erfolgt laut Eckpunktepapier „unabhängig davon, ob tatsächlich Steuerungseingriffe erfolgt sind“. Grundlage für die Zahlung sei bereits die Möglichkeit, einen solchen Eingriff vorzunehmen. In welchem Rechtsverhältnis die Ausschüttungen vorgenommen werden, würden noch diskutiert, heißt es weiter.

Derzeit erfolgt die Abwicklung laut Bundesnetzwerkagentur im Netznutzungsverhältnis. Die Weiterverrechnung der Pauschale habe in der Abrechnung des Lieferanten an den Verbraucher gemäß den geltenden Vertrags- und Abrechnungsbeziehungen zu erfolgen. Die pauschale Netzentgeltreduzierung sei „transparent in einer Abrechnung des Lieferanten an den Kunden auszuweisen“.

Alternativ sei eine direkte Zahlungsbeziehung zwischen Netzbetreiber und Verbraucher vorstellbar. Dies sei allerdings mit einem hohen Umsetzungsaufwand verbunden.

Lob und Kritik vom Verbraucherzentrale Bundesverband

Nach dem Scheitern eines ersten Anlaufs zur Integration steuerbarer Verbrauchseinrichtungen, den die letzte Bundesregierung vorgestellt hatte, gibt es Lob und Kritik vom Verbraucherzentrale Bundesverband. „Besser, aber nicht gut genug“, heißt es in seiner Stellungnahme.

Dass Kostenfaktoren gestrichen werden, sieht der Verband positiv. „So sollen die Pflicht zum Einbau eines zweiten Zählers entfallen und geringere Netzentgelte für Haushalte mit steuerbaren Verbrauchsgeräten kommen.“ Spätestens ab 2029 soll zudem auf der Grundlage der messtechnisch konkret erfassten Auslastung des betreffenden Stromnetzes eine Begrenzung der Stromzufuhr für die steuerbaren Verbrauchsgeräte vom Netzbetreiber genau hergeleitet werden müssen.

Positiv sei auch, dass private Haushalte den Anspruch haben sollen, ihre Wärmepumpe oder Wallbox (eine Ladestation für Elektroautos) zeitnah vom Netzbetreiber anschließen zu lassen. Außerdem müsse niemand befürchten, dass Nachtspeicherheizungen in ihrer Leistung vom Netzbetreiber begrenzt werden könnten, da für diese ein zeitlich unbegrenzter Bestandschutz gelten soll.

Kritisiert wird von dem Verband, dass in dem Eckpunktepapier konkrete präventive Instrumente zur Vorbeugung von Netzengpässen nicht ansatzweise erwähnt werden. „Zeitvariable Netzentgelte könnten aber als freiwilliges Anreizinstrument für private Haushalte die kurative Steuerung deutlich reduzieren und spätestens mit dem Zielmodell ab 2029 eingeführt werden“, so Thomas Engelke, Leiter Team Energie und Bauen beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Ohnehin müssten bis 2029 die digitale Netzzustandserfassung bei den Netzbetreibern und die Ausstattung der privaten Haushalte mit intelligenten Messsystemen umgesetzt sein.

Nicht nachvollziehbar sei auch das Fehlen einer zeitlichen Beschränkung der kurativen Steuerung und damit der Abregelung der Verbrauchsgeräte durch den Netzbetreiber. „Eine zeitlich unbegrenzte Abregelung ist privaten Haushalten nicht zumutbar. Sie sollte daher auf rund 50 bis 100 Stunden pro Jahr, mit einer Obergrenze pro Tag von ein bis zwei Stunden, begrenzt werden“, so Engelke.

Aus seiner Sicht gibt es also noch ein paar „Hausaufgaben“ für die Bundesnetzwerkagentur. Sie müsse die Flexibilität der neuen Verbrauchseinrichtungen bestmöglich nutzen – ohne den Spielraum für Wahlmöglichkeiten der Verbraucher und die Kosteneffizienz unnötig einzuschränken.

(mit Material von afp)



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