Machtkampf: China und Russland wollen US-Dollar durch BRICS-Währung ersetzen
Der internationale Rohstoffhandel wird in US-Dollar über das Swift-System getätigt. Nun plant Peking zusammen mit Russland und den anderen BRICS-Ländern, ein eigenes grenzüberschreitendes Finanzsystem einzuführen. Die KP Chinas will im Kampf um die Weltherrschaft ihren Machtbereich weiter ausbauen. Russland sucht nach Alternativen, nachdem es aus Swift rausgeworfen wurde.
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Russlands Präsident Wladimir Putin (l), Chinas Staatschef Xi Jinping (2. von l), Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro (m), Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa (2. von r) und Indiens Pre minister Narendra Modi (r) auf dem 11. BRICS Gipfel am 14. November 2019 in Brasilien.
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Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (BRICS) hielten am 23. Juni einen virtuellen Gipfel ab, um die künftige Zusammenarbeit vor allem im Bereich der Finanztransaktionen zu verbessern. In diesem Rahmen fanden weitere Treffen zwischen den Finanzministern und Zentralbanken-Chefs (6. Juni) sowie der leitenden Energiebeamten (28. Juni) der Länder statt.
Das bisher lose BRICS-Bündnis hat in der Ukraine-Krise an mehr Bedeutung gewonnen. Der Handel zwischen ihnen hat sich mit den Sanktionen des Westens gegen Russland intensiviert und nun stellt sich die Frage nach dem Zahlungsverkehr. Besonders für Xi Jinping. Denn er wittert inmitten der geopolitischen Verschiebungen die Chance, seine Macht zu erweitern.
In seiner Eröffnungsrede sagte Chinas Staatschef: „Wir sollten die BRICS-Zusammenarbeit im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr und der Kreditwürdigkeitsprüfung ausbauen, um Handel, Investitionen und Finanzierung zwischen unseren Ländern zu erleichtern.“
Pekings Globale Entwicklungsinitiative „nicht so unschuldig, wie sie klingt“
Zudem bekräftigte Xi, künftig mit den BRICS-Staaten gemeinsam den „Traum der KPC“ von der Globalen Entwicklungsinitiative (GDI) zu verwirklichen. Die GDI ist im Grunde die Neuauflage von Chinas Neuer Seidenstraße, der sogenannten Belt-and Road-Initiative (BRI) von 2013.
Die Neue Seidenstraße sollte dazu dienen, Chinas Handelsroute auszubauen und so seine strategische Stellung zu festigten. Die BRI zog eine Flut an Infrastrukturprojekten in armen Ländern mit Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe nach sich und entpuppte sich schließlich als Schuldenfalle. So gerieten arme Länder in die Abhängigkeit der KPC.
Nach COVID-19 schrumpften die Kredite aus China zum Leidwesen der verschuldeten Kreditnehmer. Deshalb hat Xi nun eine neue Idee entwickelt: die GDI. Sie sieht weniger Beton und mehr Grün, heißt es. Doch wie „Economist“ berichtet, ist auch „GDI nicht so unschuldig, wie sie klingt“.
UNO begrüßt Pekings Globale Entwicklungsinitiative
Als Chinas Außenminister Wang Yi im April 2022 den Vereinten Nationen (UNO) die GDI vorstellte, wurde sie von der UNO und über 100 Ländern wärmstens begrüßt. Es formierte sich die Gruppe „Freunde der GDI“, der sich bereits mehr als 50 Länder angeschlossen haben. Peking ist sehr daran gelegen, ein vom US-Dollar unabhängiges Zahlungssystem soll die Durchsetzung von Pekings Plan erleichtern.
Die BRICS-Länder erklärten auf dem Gipfel, die „BRICS Payments Task Force“ (BPTF) auszubauen. Ebenso wollen die Zentralbanken der verschiedenen Länder daran arbeiten, Geldtransaktionen untereinander vereinfachen.
Sowohl Xi als auch der russische Präsident Wladimir Putin fordern Alternativen im Zahlungsverkehr. Sie wollen die Abhängigkeit von US-Dollars im internationalen Handel verringern und Amerikas Einfluss über das SWIFT-System reduzieren.
Wie die chinesische Staatspresse „Global Times“ berichtet, haben Banker und Ökonomen in den BRICS-Ländern dazu aufgerufen, „die nationalen Währungsabrechnungen und die Kreditvergabe auszuweiten, um sich gegen den US-Dollar zu rüsten“.
Putin soll laut russischer Nachrichtenagentur TASS (22. Juni) in seiner Rede auf dem BRICS-Forum eine gemeinsame Reservewährung gefordert haben – ähnlich dem Sonderziehungsfond (SZR) des Internationalen Währungsfond (IWF). Der SZR setzt sich aus internationalen Währungen (darunter US-Dollar, Euro, Yuan, japanische und chinesische Yen, britische Pfund) zusammen und kann zur Zahlung genutzt oder als Reserve gehalten werden.
Sergey Storchak, Chefbanker der russischen Bank VEB.RF, sagte der „Global Times“ am 21. Juni: „Die BRICS und andere interessierte Nationen müssen über die Einrichtung eines eigenen unabhängigen globalen Finanzsystems sprechen.“ Das könne auf Basis des chinesischen Yuan aber auch einer anderen Währung sein. VERB.RF ist eines der Unternehmen, die im Rahmen der Sanktionen gegen Russland vom internationalen Zahlungssystem SWIFT ausgeschlossen wurden.
BRICS-Währungen sind schwach
Aktuell werden Rohstoffe wie Öl in US-Dollar gehandelt, weil er stabil und weltweit leicht konvertierbar ist. Keine der BRICS-Währungen ist damit vergleichbar. Und obwohl der chinesische Yuan als internationale Währung gilt, ist er nur begrenzt konvertierbar.
Xi, Putin und die Banker von VEB.RF wollen jedoch den Dollar als internationale Zahlungswährung ablösen, um Amerikas Macht einzudämmen. Solange sie gezwungen sind, internationale Zahlungen über das SWIFT-System abzuwickeln, das an amerikanische Banken gekoppelt ist, können die USA wie im Falle des Ukraine-Krieges Länder gezielt ausschließen.
Die Zentralbanken auf der ganzen Welt besitzen hauptsächlich US-Dollar als Devisenreserven, nicht nur wegen der Stabilität und Konvertierbarkeit der Währung, sondern auch, weil er im internationalen Handel einsetzbar ist. Kein Land will südafrikanischen Rand, brasilianischen Real, indische Rupie oder russischen Rubel als Reserve behalten. Dazu sind die Währungen zu schwach.
Selbst wenn die BRICS-Länder internationale Abwicklungsvereinbarungen treffen, wären die BRICS-Währungen nur im Handel mit dem Ursprungsland von Nutzen. Mit anderen Worten: Südafrika und Indien könnten sich zwar darauf einigen, den Handel in indischen Rupien abzuwickeln. Aber es ist unwahrscheinlich, dass andere Länder Rupien im Handel mit Südafrika akzeptieren würden. Außerdem haben einige der BRICS-Länder hohe Auslandsschulden, die in US-Dollar und nicht in Rupien bedient werden müssen.
Folglich würde Südafrika auf einem Haufen Rupien sitzenbleiben, die sie außer im Handel mit Indien nicht einsetzen können. Erschwerend kommt hinzu, dass Südafrikas eigene Währung durch eine Reserve in Rupien schlechter bewertet werden könnte.
Misstrauen erschwert alternativen Welthandel
Internationale Händler wickeln ihre Zahlungen über SWIFT ab, weil es sicher, schnell und genau ist. Vor allem aber ist es bequem, da es mit Großbanken in über 100 Ländern verbunden ist. China und Russland haben bereits versucht, SWIFT-Alternativen aufzubauen, aber keines der beiden Systeme ist mit Banken in westlichen Ländern verbunden.
Solange sich die Welt nicht darauf einigt, das chinesische oder russische System zu verwenden, werden die BRICS-Staaten weiter auf SWIFT angewiesen sein. Und selbst wenn sie sich auf ein chinesisches oder russisches Zahlungssystem einigen würde, bliebe immer noch die Frage, welche Währung im internationalen Handel verwendet werden soll.
Der chinesische Yuan käme für den Binnenhandel der BRICS-Staaten wohl als Erstes infrage. Peking hat bereits das Interbank-Zahlungssystem (CIPS) für die Abwicklung des Handels in Yuan eingerichtet. Würden die anderen BRICS-Staaten zustimmen, ihre Geschäfte künftig in Yuan und über das CIPS abzuwickeln, würden die chinesischen Zentralbanken ihren Handel kontrollieren. Das wird ihnen möglicherweise nicht gefallen.
Die alternative Empfehlung von Putin und russischen Bankern hingegen ist die Verwendung eines Währungskorbs wie beim IWF. Vermutlich würde der Warenkorb der BRICS-Staaten aus ihren fünf Währungen stehen.
Aber das würde den BRICS-Staaten im internationalen Handel nicht viel helfen. Andere Länder würden BRICS-Währungen nicht als Reserven halten wollen. Und schließlich würde das SWIFT-System keine Transaktionen in einem Warenkorb von BRICS-Währungen zulassen.
Über den Autor
Antonio Graceffo, Ph.D., verbrachte mehr als 20 Jahre in Asien. Er hat die Shanghai University of Sport besucht und besitzt einen China-MBA der Shanghai Jiaotong University. Graceffo arbeitet als Wirtschaftsprofessor und Wirtschaftsanalyst für China und schreibt für verschiedene internationale Medien. Zu seinen Büchern über China gehören „Beyond the Belt and Road: China’s Global Economic Expansion“ und „A Short Course on the Chinese Economy“.