Chinas Monopol auf Rohstoff-Verarbeitung schränkt weltweites Angebot ein
Wie sehr die Weltwirtschaft von chinesischen Lieferungen abhängig ist, wurde in diesem Jahr eindrucksvoll vor Augen geführt. Eine einzige positiv auf Corona getestete Person reichte aus, um ein ganzes Hafenterminal zu schließen. 2.000 Hafenarbeiter wurden unter Beobachtung gestellt. Das war im August im Terminal Meishan im Hafen Ningbo-Zhoushan, dem drittgrößten Frachthafen der Welt. In der Folge stauten sich Schiffe in den Häfen, Lieferungen verzögerten sich um Wochen.
Auf dem internationalen Rohstoffmarkt müssten sich die Firmen nicht so viele Sorgen machen, könnten die Lieferrückstände aus anderen Quellen kompensiert werden. Tatsächlich aber ist die Industrie abhängig von vielen chinesischen Rohstoffen. Zum Beispiel von Magnesium. Mit einem Weltmarktanteil von 87 Prozent verfügt China faktisch über ein Monopol.
Erst vor wenigen Tagen schlug die „Wirtschaftsvereinigung Metalle“ (WV Metalle) Alarm. Der Aluminium-Industrie drohe noch vor Weihnachten ein europaweiter Produktionsstopp. Die gesamte Aluminium-Wertschöpfungskette in der Automobil-, Flugzeug-, Elektrofahrrad-, Bau- oder Verpackungsindustrie sowie dem Maschinenbau sind betroffen. Ursache sind ausbleibende Lieferungen des wichtigsten Legierungsmetalls Magnesium aus China.
Hintergrund der Lieferprobleme bei Magnesium ist die extreme Energieknappheit in China. Doch Magnesium ist nicht der einzige Fall. Das Land dominiert das weltweite Angebot von 21 der 35 Mineralien, die von der US-Regierung als kritisch eingestuft werden. Das bedeutet aber nicht, dass China zwangsweise über die größten Vorkommen verfügt. Es kann genauso gut deren größter Produzent oder Exporteur sein.
Weitere Beispiele für Chinas Dominanz im Mineraliensektor zeigen sich bei Cäsium und Arsen. Weltweit existieren nur drei Cäsiumminen, die alle von China kontrolliert werden. Von Arsen, das für die Herstellung von Elektronik benötigt wird, importieren die Vereinigten Staaten 91 Prozent aus China.
Strategie des Regimes geht auf
Es scheint, als hätte die Kommunistische Partei Chinas (KPC) schon vor Jahrzehnten erkannt, wie wichtig die Kontrolle von Rohstoffen ist. 1987 sagte der ehemalige chinesische Staatschef Deng Xiaoping: „Der Nahe Osten hat Öl, China hat Seltene Erden“.
Durch eine staatliche Strategie wurde in der Tat angestrebt, eine Vormachtstellung über den globalen Rohstoffmarkt zu erlangen. Neben dem Bergbau und der Gewinnung von Rohstoffen gehören dazu auch deren Verarbeitung und Verhüttung.
Der Aufstieg zum weltweit größten Produzenten wichtiger Rohstoffe wurde möglich durch staatliche Interventionen in Firmen, die Bildung staatlicher Monopole und laxe Umweltvorschriften. Durch die Ausstattung chinesischer Firmen mit zinsgünstigen Krediten von Staatsbanken, haben diese darüber hinaus ein besseres internationales Standing und können Konkurrenten unterbieten.
Die Werte sprechen für sich: Die zehn größten Lieferanten außerhalb Chinas produzieren zusammen 35 Prozent der weltweiten Rohstoffe, während China allein 45 Prozent produziert. Die USA hingegen produzieren nur 7 Prozent.
Die weltweiten Unterbrechungen der Lieferketten in den letzten 20 Monaten sind größtenteils auf Chinas Kontrolle der Rohstoffströme zurückzuführen. Die KPC besitzt die Macht zu bestimmen, welche Hersteller Zugang zu welchen Rohstoffen und in welchen Mengen haben. Zahllose Produkte aus dem Konsum- und Verteidigungsbereich sind davon betroffen.
Wie China die Herstellung von Elektrofahrzeugen dominiert
Ein gutes Beispiel ist die beherrschende Stellung Chinas bei der weltweiten Herstellung von Elektrofahrzeugen. Das Regime dominiert die für die Herstellung von Batterien benötigten Chemikalien sowie die Herstellung von Kathoden und Anoden, den Kernbausteinen von Lithium-Ionen-Batterien. Simon Moores, Geschäftsführer von „Benchmark Mineral Intelligence“, hat Chinas Einfluss auf die Industrie als „globales Wettrüsten bei Batterien“ bezeichnet. Die chinesische Regierung schränkt die globale Lieferkette ein, indem sie die Metallraffination sowie die Produktion von Chemikalien für Batterien dominiert, was die Möglichkeiten im Rest der Welt zur Herstellung von Elektrofahrzeugen einschränkt.
Ein Blick auf die globale Lieferkette zeigt den Einfluss der KPC auf jeder Ebene. In der vorgelagerten Lieferkette werden Lithium, Kobalt, Nickel, Graphit und Mangan aus dem Boden gewonnen. Hanns Günther Hilpert, Leiter der Asien-Forschungsabteilung der deutschen Denkfabrik „SWP“, sagt, dass China strategisch daran gearbeitet hat, sowohl den Abbau als auch die Verarbeitung zu kontrollieren. Durch Kredite im Rahmen der Belt and Road Initiative (BRI) und Soft-Power-Kampagnen in Afrika, Asien und Lateinamerika hat China seine Präsenz in der extraktiven Phase der Wertschöpfungskette erhöht.
Die Midstream-Lieferkette umfasst zwei Bereiche, in denen China dominiert: die Raffination und die Produktion von Chemikalien in Batteriequalität sowie die Produktion von Kathoden und Anoden. Der nachgelagerte Bereich umfasst die Produktion von Lithium-Ionen-Batteriezellen, ein weiterer Bereich, in dem China der weltweit größte Produzent ist.
Allein auf China entfallen 40 Prozent des globalen Chemiemarktes. Nur 23 Prozent aller Batterierohstoffe kommen aus China. Allerdings werden 80 Prozent der Batteriechemikalien in China hergestellt. Außerdem entfallen 66 Prozent der weltweiten Kathoden- und Anodenproduktion auf China. Daher ist es nicht verwunderlich, dass 73 Prozent der Lithium-Ionen-Batteriezellen in China hergestellt werden. Von den 136 Lithium-Ionen-Batteriewerken der Welt befinden sich 101 in China.
Darüber hinaus hat Peking stark in die Raffination von Lithiumcarbonat und -hydroxid, Kobaltsulfat, Mangan und unbeschichtetem Kugelgrafit investiert. Dies bedeutet, dass die globalen Lieferketten für wichtige Wertschöpfungsstufen nach China fließen.
Rohstoffe aus Konfliktgebieten
Die Missachtung von Menschenrechten und Demokratie durch die KPC verschafft ihr einen Vorteil bei der Beschaffung von Rohstoffen aus Konfliktgebieten. Das Geld für die Mineralien fließt größtenteils in die Hände von Diktatoren, die mit dem Geld Waffen zur Unterdrückung der Bevölkerung kaufen. Viele der rohstoffreichen Länder in Asien, Afrika und Lateinamerika werden von zivilen Unruhen, Korruption und einem Mangel an Demokratie geplagt.
In diesen Ländern gibt es in der Regel keine unabhängigen Gerichte und die Durchsetzung von Umweltschutz- und Menschenrechtsgesetzen ist lax. Die Demokratische Republik Kongo ist ein hervorragendes Beispiel dafür. Auf sie entfällt 60 Prozent des weltweiten Kobaltangebots. Einem Bericht von Human Rights Watch aus dem Jahr 2020 über den Kongo zufolge zeigt sich die dramatische Lage in dem Land Zentralafrikas: 4,5 Millionen Menschen wurden vertrieben, 13 Millionen benötigen humanitäre Hilfe, es existieren 140 bewaffnete Gruppen. Im Jahr 2007 bot China der kongolesischen Regierung ein 6-Milliarden-Dollar-Infrastrukturgeschäft im Gegenzug für den Zugang zu Mineralien an.
Seit 2012 sind die chinesischen Investitionen in den kongolesischen Bergbausektor auf schätzungsweise 10 Milliarden US-Dollar gestiegen, und Peking verwaltet inzwischen 30 der 40 Bergbauunternehmen in der Region. Und dennoch leben 73 Prozent der 90 Millionen Menschen im Kongo weiterhin von weniger als 1,90 Dollar pro Tag.
Rohstoffe, die aus Ländern stammen, in denen Menschenrechte und demokratische Strukturen nicht gewährleistet sind, werden als „Konfliktmineralien“ bezeichnet. Die soziale Verantwortung von Unternehmen, internationale Gesetze und die öffentliche Meinung erschweren es westlichen Demokratien, diese Mineralien zu beziehen.
Im Jahr 2019 stellte das Schweizer Bergbauunternehmen Glencore seine Bergbauaktivitäten im Kongo ein und begründete dies u. a. mit dem zunehmenden Druck, keine Rohstoffe mehr aus Konfliktgebieten zu importieren. Infolgedessen ist die weltweite Versorgung mit zehn äußerst wichtigen Mineralien bedroht, darunter Antimon, Wismut, Gallium, Germanium sowie leichte und schwere Seltene Erden.
Die KPC scheint die Menschenrechtslage nicht zu stören: Unbeirrt von der öffentlichen Meinung oder internationalen Übereinkommen importiert sie weiterhin Mineralien aus Konfliktgebieten.
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