Corona-Krise: Jedes vierte Gehalt schrumpft – Geringverdiener trifft es besonders hart
In der Corona-Krise hat laut einer Umfrage inzwischen mehr als jeder vierte Erwerbstätige Einkommenseinbußen erlitten. Wie sehr die Bundesbürger die Pandemie im Portemonnaie spüren und wie sie die Krisenpolitik von Bund und Ländern beurteilen, hängt dabei aber auch davon ab, ob sie ohnehin zu den Gut- oder den Geringverdienern zählen. Die Hans-Böckler-Stiftung warnte deshalb vor einer weiteren sozialen Spaltung.
Von April bis Juni stieg die Zahl derjenigen, bei denen sich die Pandemie nach eigenen Angaben negativ auf ihr persönliches Einkommen auswirkte, von 20 auf 26 Prozent, wie die Böckler-Stiftung am Freitag mitteilte. Für die Umfrage befragte das Meinungsforschungsunternehmen Kantar im Auftrag der gewerkschaftsnahen Stiftung zwischen Mitte und Ende Juni insgesamt 6309 Erwerbstätige; im April waren bereits gut 7700 Erwerbstätige interviewt worden.
Corona-Krise verschärft soziale Spreizung
Bei den Einkommenseinbußen zeige sich dabei „eine deutliche soziale Spreizung“, erklärte die Stiftung. In Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 1500 Euro berichten demnach 40 Prozent von Einbußen. In der Gruppe ab 3200 Euro monatlichem Haushaltsnetto sind es hingegen lediglich 22 Prozent.
Zugleich sind die Befragten in der höchsten Einkommensgruppe auch am optimistischsten, von Einkommensverlusten verschont zu bleiben: Damit rechnen 60 Prozent gegenüber nur 36 Prozent in der untersten Gruppe.
Grundsätzlich ist die Quote der Menschen, die sich Sorgen um ihre wirtschaftliche Zukunft oder ihren Job machen, etwas zurückgegangen. Im April hatten noch 70 Prozent der Erwerbstätigen Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation geäußert. Im Juni sagten dies 58 Prozent. Rückläufig war vor allem der Anteil mit „großen“ Sorgen – er sank von 24 auf 15 Prozent.
Geringverdiener leiden wirtschaftlich mehr unter Corona-Krise
Nach Angaben der Böckler-Stiftung zeigt die Juni-Auswertung, dass die Corona-Krise auch nach der weitgehenden Lockerung der Kontaktbeschränkungen die Ungleichheit bei Einkommen und beruflichen Möglichkeiten verschärft. Demnach haben Erwerbstätige mit ohnehin schon niedrigeren Einkommen „deutlich mehr unter negativen wirtschaftlichen Folgen zu leiden als Menschen mit höheren Einkommen“.
So erhielten sie etwa bei Kurzarbeit deutlich seltener eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes und sie fürchteten etwa doppelt so häufig, als Folge der Pandemie den Arbeitsplatz zu verlieren.
Zugleich würden von den Befragten Erfolge bei der Eindämmung der Virusausbreitung in Deutschland und die Anti-Krisenpolitik von Bund und Ländern „offensichtlich positiv wahrgenommen“, erklärte Stiftung. Nach wie vor sind demnach insgesamt rund zwei Drittel der Befragten eher oder voll zufrieden mit dem Krisenmanagement.
Allerdings sind auch hier die Unterschiede erheblich: Die Zustimmungswerte steigen laut Umfrage mit dem Einkommen und liegen zwischen 46 Prozent bei Erwerbstätigen mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen unter 1500 Euro und 72 Prozent bei einem Haushaltsnetto über 3200 Euro.
Zudem können sich 39 Prozent aller Befragten auch vorstellen, dass die Pandemie „benutzt wird, um die Interessen von Reichen und Mächtigen durchzusetzen“. Dieser Verdacht ist unter Menschen mit niedrigen Einkommen ebenfalls überdurchschnittlich verbreitet. Hier stimmen 50 Prozent zu. (afp)
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