LTE-Sicherheitslücke: Hacker können nahezu jede 4G-Identität annehmen
Eine Sicherheitslücke im 4G-Netzwerk erlaubt Hackern die Übernahme nahezu jeden LTE-Geräts. Danach könnten sie unter fremder Identität kostenpflichtige Dienste nutzen oder geheime Dokumente veröffentlichen, während die Strafverfolgung den eigentlichen Nutzer ins Visier nimmt.

Eine Sicherheitslücke im LTE-Netzwerk (4G) erlaubt Hackern, nahezu jedes beliebige Gerät zu übernehmen.
Foto: iStock
Über eine Sicherheitslücke im Mobilfunkstandard LTE, auch 4G genannt, haben Forscher der Ruhr-Universität Bochum die Identität fremder Personen annehmen und in deren Namen kostenpflichtige Dienste buchen können, die über die Handyrechnung bezahlt werden – etwa ein Abonnement für Streamingdienste.
„Ein Angreifer könnte die gebuchten Dienste nutzen, also beispielsweise Serien streamen, aber der Besitzer des Opferhandys müsste dafür bezahlen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Universität. Prof. Dr. Thorsten Holz vom Horst-Görtz-Institut für IT-Sicherheit hatte die Sicherheitslücke zuvor mit Kollegen aufgedeckt.
Die Ergebnisse stellt das Bochumer Team am 25. Februar 2020 auf dem Network Distributed System Security Symposium, kurz NDSS, in San Diego, USA, vor. Details zu den Angriffen sind online bereits verfügbar.
Fast alle LTE-Geräte betroffen – Geringes Risiko für den Einzelnen
Die Forscher warnen, dass die Schwachstelle auch Folgen für die Strafverfolgung haben kann. So könnten Angreifer nicht nur im Namen des Opfers Käufe tätigen, sondern auch Webseiten aufrufen und dort mit der Identität des Opfers agieren. Auch die Veröffentlichung geheimer Dokumente sei möglich. Für die Netzbetreiber oder die Strafverfolgungsbehörden sähe es so aus, als ob das Opfer der Täter sei.
Von der neu entdeckten Schwachstelle sind alle Geräte betroffen, die LTE verwenden. Mit anderen Worten, so gut wie alle Handys und Tablets sowie einige vernetzte Haushalts- und IoT-Geräte. Auch 5G-Geräte sind nicht automatisch sicher.
Konkret liegt das Problem im derzeit fehlenden Integritätsschutz. Zwischen Handy und Basisstation werden verschlüsselte Datenpakete versendet, trotzdem ist es möglich, diese zu verändern. „Wir wissen nicht, was an welcher Stelle im Datenpaket steht, aber wir können Fehler darin provozieren, indem wir Bits von 0 in 1 oder von 1 in 0 ändern“, erklärt David Rupprecht.
Fehler in den Datenpaketen bringen die Geräte dazu Nachrichten zu entschlüsseln oder zu verschlüsseln. So können sie nicht nur den verschlüsselten Datenverkehr zwischen Handy und Basisstation in Klartext umwandeln. Sie können auch Befehle an das Handy schicken, das diese verschlüsselt und zum Provider weiterleitet – zum Beispiel den Kaufbefehl für ein Abonnement.
Die Gefahr beseitigen könne nur ein verändertes Hardware-Design, so die Forscher. „Technisch wäre das möglich“, erklärt David Rupprecht. „Die Mobilfunkbetreiber müssen jedoch höhere Kosten in Kauf nehmen, da der zusätzliche Schutz mehr Daten erzeugt, die übermittelt werden müssten. Zusätzlich müssten alle Handys erneuert und die Basisstationen erweitert werden. Das wird nicht in naher Zukunft eintreten.“
Trotz der Vielzahl der betroffenen Geräte und der komplexen Lösung ist das Risiko für den einzelnen LTE-Nutzer gering.
Bin ich betroffen?
Auf ihrer Webseite schreiben die Forscher: „Wahrscheinlich nicht! Der Angreifer muss hoch qualifiziert sein und sich in unmittelbarer Nähe des Opfers befinden. Neben der spezialisierten Hardware […] würde die Durchführung des Angriffs außerhalb einer kontrollierten Laborumgebung […] einen höheren technischen Aufwand erfordern. Für einzelne Ziele von hohem Interesse könnte es sich jedoch lohnen.“
Während im Labor tatsächlich nur ein „minimaler Abstand“ zwischen den Geräten sein durfte, ist dies in der realen Welt nicht möglich. Technik für vergleichbare Angriffe habe laut den Forschern eine reale Reichweite von bis zu zwei Kilometern.
(Mit Material der Ruhr-Universität Bonn)
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