Führerschein nur noch 15 Jahre gültig und digital
Die EU-Kommission will noch schärfere Vorschriften für Autofahrer einführen. Das geht aus dem Entwurf für eine neue vierte EU-Richtlinie hervor.
Keine unbegrenzte Fahrerlaubnis mehr
Zur Debatte steht nun unter anderem eine Regel, nach der Pkw-Führerscheine, die ab dem 19. Januar 2013 ausgestellt wurden, für EU-Bürger nicht mehr lebenslang, sondern nur noch 15 Jahre gelten sollen.
Führerscheininhaber über 70 Jahre sollen ihre Fahrtauglichkeit sogar im Fünfjahresrhythmus nachweisen müssen. Dazu wird wahrscheinlich jedes Mal eine amtsärztliche Untersuchung und ein Fahrsicherheitstest zu überstehen sein. Einzelheiten über das Procedere und die Kosten stehen nach Angaben des ADAC noch nicht fest. Doch weder der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) noch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sind von dem Ansatz begeistert.
Geplant ist zudem, dass Autofahrer künftig nicht nur beim Erwerb des Führerscheins, sondern auch bei der Erneuerung „eine Selbsteinschätzung ausfüllen und einreichen oder eine ärztliche Untersuchung durchführen lassen müssen“. So steht es in einer Pressemeldung der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland. Überhaupt will die EU die medizinischen Mindestanforderungen für den Führerscheinerwerb deutlich verschärfen.
Digitaler Führerschein
Die Führerscheindokumente sollen möglichst schon bis zum Jahr 2025 digital werden: Eine App-Variante fürs Mobiltelefon soll zum Nachweis ausreichen. Ein erster Anlauf dazu war im September 2021 nach Informationen des ADAC an unbeantworteten technischen und Sicherheitsfragen gescheitert.
Der Chip auf der aktuellen Fahrerlaubnis im Scheckkartenformat soll nach den neuen EU-Plänen eventuell noch durch einen QR-Code ersetzt werden, bevor die Plastikkarten 2033 endgültig verschwinden sollen.
Papierdokumente höchstens bis 2025 gültig
Für die noch älteren Lizenzen in Papierform besteht schon länger eine kostenpflichtige Umtauschpflicht: Die „Lappen“ müssen den (noch) aktuellen Scheckkarten-Varianten weichen. Die Frist zum Umtausch bei der lokalen Führerscheinstelle ist für Menschen, die vor dem Jahr 1965 geboren wurden, bereits am 19. Januar dieses Jahres erloschen. Wer’s versäumt hat, dem drohen nun weitere Kosten – zusätzlich zu den Preisen für die obligatorischen biometrischen Fotos.
Für EU-Bürger ab Jahrgang 1965 gelten folgende Umtauschfristen:
- Jahrgänge 1965 bis 1970: Umtausch bis 19. Januar 2024
- Jahrgänge 1971 und später: Umtausch bis 19. Januar 2025
Digitaler Zugriff auf Führerscheindaten
Für noch mehr Kontrollmöglichkeiten soll dem grenzüberschreitenden Führerscheinnetzwerk „RESPER“ (Résau permis de conduire, PDF) eine höhere Bedeutung zukommen. Die Datenbank-Zugriffsmöglichkeiten für manche Behörden in den EU-Ländern könnten damit beinahe grenzenlos sein, wie ein Blick auf die Website des Kraftfahrt-Bundesamts zeigt.
Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zum „gläsernen Bürger“ wäre somit zurückgelegt, kritisiert stellvertretend für viele EU-Skeptiker die Frankfurter Rechtsanwältin Patricia Lederer (Video auf YouTube).
Noch mehr Vereinheitlichung
Für Fahranfänger, die erst das 17. Lebensjahr vollendet und den Klasse-B-Schein erworben haben, gibt es in Deutschland schon seit Jahren die Möglichkeit, sich in Begleitung eines älteren Führerscheininhabers ans Steuer zu setzen. Diese B17-Regel soll EU-weit einheitlich angepasst werden und dann auch über Staatsgrenzen hinweg gelten. Nach Angaben der EU-Vertretung in Deutschland sollen die obligatorische Probezeit von zwei Jahren und auch das 0,0-Promille-Prinzip für Fahranfänger EU-weit eingeführt werden.
Fahrschüler sollen künftig ihre theoretische und praktische Prüfung in verschiedenen EU-Staaten absolvieren dürfen. Der Wohnsitz eines Prüflings soll nicht mehr die entscheidende Rolle spielen. Dafür soll das Wissen über „klimaschonendes Fahren mehr Raum“ in der Prüfung einnehmen, wie die „Auto Bild“ schreibt. Auch der Umgang mit Fußgängern, Rad- und E-Scooter-Fahrern soll zum Lerninhalt in den Fahrschulen werden.
Die Klasse C für Lastkraftwagen soll womöglich ebenfalls um eine C17-Variante erweitert werden, sodass auch LKW von jüngeren Fahrern gesteuert werden dürften – einen erfahrenen Brummifahrer auf dem Beifahrersitz vorausgesetzt.
„Emissionsfreie Fahrzeuge“ bis zu 4,25 Tonnen Gesamtgewicht sollen künftig auch mit dem B-Führerschein bewegt werden dürfen. Bisher lag die Gewichtsgrenze bei 3,5 Tonnen.
Härterer Kurs gegen Verkehrsverstöße
Fahrverbote sollen nach der neuen Richtlinie künftig EU-weit gelten, ganz egal, ob es sich um einen Entzug, eine Einschränkung oder eine Aussetzung der Fahrerlaubnis handelt. Damit wäre in Ländern, die bei Verkehrsdelikten entsprechend strengere Regeln als in Deutschland anwenden, noch mehr Vorsicht vor Blitzern oder Alkoholkonsum geboten als schon bisher. Der ADAC begrüßt die erhoffte „verkehrserzieherische Wirkung“.
Auch „zu dichtes Auffahren, gefährliche Überholmanöver oder das Nichtbilden einer Rettungsgasse“ sollen nach Informationen der „Auto Bild“ EU-weit in den Geltungsbereich der neuen Regularien aufgenommen werden, ebenso wie gefährliches Parken, Überfahren einer durchgezogenen Linie oder ein überladenes Auto. „Die, die sich nicht an die Straßenverkehrsvorschriften halten – egal in welchem Mitgliedstaat – werden nicht mehr ungestraft davonkommen“, kündigte EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean an.
Offizielle Gründe: Mehr Sicherheit, weniger Verwaltungsaufwand
Die EU-Kommission begründete ihren Vorstoß zur Richtlinienänderung mit dem Bestreben, für mehr Sicherheit auf den Straßen sorgen zu wollen: Bis 2030 soll die Zahl der Verkehrstoten halbiert, bis 2050 sogar gänzlich verschwunden sein. 2022 waren nach Angaben des ADAC in der EU noch 20.600 Menschen im Straßenverkehr ums Leben gekommen – etwas mehr als in den beiden Jahren zuvor. Auch der Verwaltungsaufwand soll sich durch die Digitalisierung vermindern.
Die neue Führerscheinrichtlinie liegt erst als Entwurfspapier vor. (PDF, 132 Seiten in englischer Sprache). Bis zum 31. Mai 2023 haben die Bürger noch die Gelegenheit, online Kritik oder Ergänzungen loszuwerden.
Zwischenzeitlich stehen die Beratungen im EU-Parlament und im Rat der Mitgliedstaaten an. Mit der Verabschiedung auf EU-Ebene ist nach Einschätzung der Rechtsanwältin Patricia Lederer noch im Jahr 2023 zu rechnen. Danach müsse die Bundesrepublik Deutschland die Richtlinie innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umsetzen. „Das bedeutet: Das passende Gesetz in Deutschland, das wird 2025 kommen“, so Lederer.
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