Zum Wohle der Bürger durchregieren: Bundestag künftig alle fünf Jahre gewählt

Die Wahlrechtskommission im Bundestag rechnet mit einer längeren Wahlperiode. Die Union trägt den Ampelvorschlag mit, nur noch alle fünf Jahre wählen zu lassen.
Blick in den Plenarsaal des Deutschen Bundestags. Abgeordnete bekommen ab dem 1. Juli mehr Gehalt.
Blick in den Plenarsaal des Deutschen Bundestages. Symbolbild.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 12. Mai 2023

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Die Wahlen zum Deutschen Bundestag werden künftig voraussichtlich nur noch alle fünf Jahre stattfinden. Dies erklärte der Vorsitzende der Wahlrechtskommission des Bundestages, Johannes Fechner (SPD), jüngst gegenüber dem MDR. Die Union habe für einen entsprechenden Vorstoß der Ampelparteien Unterstützung signalisiert. Am Freitag, 12. Mai, werde die Kommission ihren Bericht an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas übergeben.

Wählen mit 16 und Frauenquote gescheitert

Um die Verlängerung der Wahlperiode zu ermöglichen, sei eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich. Fechner hält den Schritt für sinnvoll, um Druck von den Abgeordneten zu nehmen:

Wir wollen frei von dem Druck von anstehenden Wahlen Politik machen können für die Bürgerinnen und Bürger und wollen deshalb die Wahlperiode auf fünf Jahre verlängern.“

Keinen Konsens gab es hingegen bezüglich einer Senkung des Wahlalters zum Bundestag von 18 auf 16 Jahre. Dort sperrte sich die Union, wie Fechner meint, „aus sehr unangenehmen parteitaktischen Gründen“ gegen die Absenkung.

Auch die von SPD und Grünen geforderten „sehr weitreichenden“ Vorschriften zur „besseren Beteiligung und Vertretung von Frauen“ im Parlament fanden keinen Konsens. Diesbezüglich hatte neben der Union auch die FDP Vorbehalte angemeldet.

Erste Änderung der Wahlperiode für den Bundestag überhaupt

Die derzeit geltende Dauer der Legislaturperiode des Bundestages von vier Jahren ist in Art. 39 Abs. 1 des Grundgesetzes verankert. Es wäre die erste Änderung dieser Bestimmung auf Bundesebene seit 1949. Mit Ausnahme außerplanmäßiger Neuwahlen wie in den Jahren 1972, 1983, 1990 oder 2005 wurde der Bundestag seit Gründung der Bundesrepublik immer im Vier-Jahres-Rhythmus gewählt.

Auf Landesebene war der Vier-Jahres-Rhythmus bis in die 1990er-Jahre die Regel – lediglich NRW und das Saarland wählten bereits zu diesem Zeitpunkt alle fünf Jahre. Mittlerweile wählen mit Ausnahme von Bremen alle Bundesländer ihre Landtage in diesem Rhythmus.

Noch längere Legislaturperioden gibt es in Deutschland nur noch bei den Sozialwahlen, die alle sechs Jahre stattfinden, und in den Kommunen. Dort beträgt die Amtsperiode für Oberbürgermeister oder Landräte häufig sieben Jahre.

International sind Wahlperioden von fünf Jahren nicht unüblich

In vielen anderen westlichen Ländern sind Wahlperioden von fünf Jahren für das Parlament ebenfalls gebräuchlich. So wählt Frankreich sowohl seinen Präsidenten als auch seine Große Nationalversammlung im Fünf-Jahres-Rhythmus. Gleiches gilt für Italien und seit 2007 auch für Österreich.

In den USA gelten abgestufte Amtszeiten von zwei Jahren für Kongressabgeordnete, vier Jahre für den Präsidenten und sechs Jahren für den Senat. Dieser wird alle zwei Jahre zu einem Drittel neu bestückt.

In Österreich finden die Wahlen für das Amt des Bundespräsidenten alle sechs Jahre statt – wobei dieser allerdings eine eher protokollarische Funktion hat. In Oberösterreich beträgt allerdings auch die Gesetzgebungsperiode für den Landtag sechs Jahre.

Entdemokratisierung durch Wahlrechtsreformen zum Bundestag?

Inwieweit die Länge der Legislaturperiode mit der Stabilität oder Effektivität einer Regierung korreliert, ist ungewiss. Einige Länder mit kürzeren Wahlperioden haben beispielsweise stabilere Regierungen als Länder mit längeren Wahlperioden.

Gerade in Deutschland, wo es keine plebiszitären Korrektive auf Bundesebene gibt, vermitteln die jüngsten Wahlrechtsreformen tendenziell den Eindruck einer Entdemokratisierung, bemerkt Parteienforscher Jürgen Falter von der Uni Mainz. Für scharfe Kritik sorgte erst jüngst die Wahlrechtsänderung der Ampel, welche die Zahl der Abgeordneten im Bundestag auf 630 reduzierte. Um dieses Ziel zu erreichen, nimmt man künftig einen Wegfall von Direktmandaten in Kauf.

Permanenter Wahlkampf bleibt aufgrund der veränderlichen Bundesratsmehrheiten

Auch die Argumentation, die längere Wahlperiode für den Bundestag würde Regierung und Parlamentariern einen Permanentwahlkampf ersparen, erscheint fragwürdig. Immerhin bleibt der Wahlrhythmus in den Bundesländern von der geplanten Neuregelung unberührt.

Dies hat jedoch zur Konsequenz, dass die Effektivität der Arbeit der Bundesregierung weiterhin auch wesentlich von den Mehrheitsverhältnissen im Bundesrat abhängt. Diese können sich jedoch mit jeder Landtagswahl ändern – mit der Folge, dass wahlkampftaktische Erwägungen auch weiterhin die Bundespolitik beeinflussen werden.

Um einer gewählten Bundesregierung ein effektives „Durchregieren“ zu ermöglichen, müsste es zu einer Vereinbarung mit den Bundesländern kommen, alle überregionalen Wahlgänge auf einen Tag zu legen.

(Mit Material von AFP)



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