Wahl in Berlin: CDU wittert Chance auf Ende der Linkskoalition

Auch im Vorfeld der Wiederholungswahl steht in Berlin eine strukturelle linke Mehrheit. Die CDU hofft jedoch auf Rückenwind infolge der Silvesterkrawalle.
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Benachrichtigung für Wiederholungswahl in Berlin am 12.02.2023.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 1. Februar 2023

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Am 12. Februar steht in Berlin die komplette Wiederholung der Wahl zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) an. Ob deren Ergebnis seine Gültigkeit behalten wird, ist weiter ungewiss. Das Bundesverfassungsgericht hat am Dienstag (31.1.) einen Eilantrag gegen die vollständige Wahlwiederholung abgelehnt.

Es will aber dennoch nachträglich prüfen, ob die vollständige Wahlwiederholung, die das Berliner Verfassungsgericht angeordnet hatte, verfassungsgemäß ist. Das Landesverfassungsgericht hatte entschieden, dass die Abgeordnetenhauswahl vom 26. September 2021 so stark mit Fehlern behaftet gewesen ist, dass eine Teilwiederholung nicht ausreicht.

Wiederholungswahl in Berlin könnte ungültig sein

Wer immer die Wahl am zweiten Sonntag des Februar für sich entscheiden wird, kann sich der Dauerhaftigkeit seiner Position nicht sicher sein. Kommt Karlsruhe zu der Erkenntnis, dass es ausgereicht hätte, die Wahl in einzelnen Stimmkreisen zu wiederholen, ist das weitere Vorgehen ungewiss. Das Höchstgericht könnte dann Neuwahlen anordnen oder den Status quo ante von 2021 herstellen – mit nur teilweiser Wiederholung.

Obwohl es seit Jahr und Tag in Berlin eine klare strukturelle linke Mehrheit gibt, muss die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) um ihren Posten fürchten. Im Jahr 2021 setzte sie das Bündnis mit Grünen und Linkspartei fort, nachdem die SPD als stärkste Kraft aus den Wahlen hervorgegangen war.

Diesmal droht der Partei jedoch ein Absturz auf Platz drei in der Wählergunst. Im gewichteten Durchschnitt dreier Umfragen der vergangenen Wochen kommen die Sozialdemokraten nur noch auf 18,8 Prozent. Damit liegen sie nicht nur hinter den Grünen, die bei 19,8 Prozent gehandelt werden. Mit 22,9 Prozent könnte zudem die CDU wieder stärkste Kraft in Berlin werden.

CDU-Spitzenkandidat Wegner will Regierungswechsel erzwingen

Ob deren Spitzenkandidat Kai Wegner daraus einen Führungsanspruch wird ableiten können, ist ungewiss. Neben der Verantwortung für das Wahlchaos schaden der SPD offenbar auch die Silvesterkrawalle in einigen Bezirken der Bundeshauptstadt. Wegner setzt nicht zuletzt deshalb im Wahlkampf auf das Thema „Sicherheit“.

Sein Ziel ist es, die Linkskoalition abzulösen. In Berlin, so betont er, laufe „vieles schlicht und ergreifend nicht“. Zu Berlin fallen ihm Begriffe wie „Verkehrschaos, Bildungschaos, Kriminalitätshauptstadt, eine dysfunktionale Verwaltung“ ein. Im Jahr 2021 fuhr die CDU in der Hauptstadt mit 18,0 Prozent das bislang zweitschlechteste Ergebnis ihrer Geschichte ein.

Die Bündnisoptionen für Berlins CDU wären knapp, aber zumindest eine „Deutschland-Koalition“ mit SPD und FDP wäre möglich. Franziska Giffey gilt einem solchen Bündnis, wie es unter anderem in Sachsen-Anhalt besteht, zumindest nicht grundsätzlich als abgeneigt. Sollte die SPD hinter die Grünen zurückfallen, dürften die Chancen auf einen Regierungswechsel steigen.

Grüne schließen „Jamaika“ für Berlin aus

Ein Jamaika-Bündnis mit CDU und FDP schließt die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch hingegen jetzt schon aus. Ein Bereich, in dem CDU und Grüne nicht auf einen Nenner kommen würden, ist die Sicherheitspolitik. Wegner fordert „die volle Stärke des Rechtsstaats“ für Personen wie jene, die sich an den Silvesterkrawallen beteiligt hatten. Zudem verlangt er eine bessere Ausstattung der Polizei und vom Senat die Bekanntgabe der Vornamen der Tatverdächtigen.

Aber auch in den Bereichen Verkehr und Klima sind die Unterschiede zwischen Union und Grünen erheblich. Die Grünen wollen Tempo 30 und generell weniger Autos in der Stadt, Wegner stellt sich hingegen auf die Seite der Autofahrer. „Das Auto gehört zu Berlin“, erklärt er.

Unsicher ist auch, ob die FDP den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen wird. Das „Institut Wahlkreisprognose“ sah sie Anfang des Jahres nur noch bei vier Prozent. Demgegenüber geben ihr drei weitere Wahlforscher im gewichteten Schnitt 6,1 Prozent.

Achtungserfolge weit linker Parteien auf Kosten von Grünen und Linkspartei?

Was die Mehrheiten im künftigen Abgeordnetenhaus anbelangt, wird möglicherweise vieles vom Zufall abhängen. Es ist nicht auszuschließen, dass das Bundesverfassungsgericht die Wiederholungswahl nachträglich für unrechtmäßig erklärt. Dies könnte die Wahlbeteiligung drücken.

Eine große Unbekannte werden zudem die sonstigen Parteien sein, die sich um einen Einzug ins Abgeordnetenhaus bemühen. Zwar ist nicht damit zu rechnen, dass eine der 27 nicht im Parlament vertretenen Parteien, die sich zur Wahl stellen, in die Nähe der Fünf-Prozent-Hürde kommt. Stimmen, die auf sie entfallen, könnten dennoch am Ende den größeren Parteien fehlen, um zur Wunschkoalition zu gelangen.

Einige Umfragen weisen derzeit die Tierschutzpartei getrennt von den Sonstigen aus. Mehr als drei Prozent traut man ihr nicht zu, aber sie könnte unter anderem ehemalige Wähler oder Erstwähler von den Grünen abziehen. Ähnliches gilt für die „Klimaliste“, die um Anhänger der „Letzten Generation“ und ähnlicher radikaler Vereinigungen wirbt. Im Jahr 2021 kam sie auf 0,4 Prozent.

Zu einer Zersplitterung des linken Spektrums könnten auch Antritte wie jener der Satire-„PARTEI“ oder der großeuropäischen „Volt“ beitragen. Diese konnten bei der Abgeordnetenhauswahl 2021 zusammen 2,9 Prozent der Zweitstimmen auf sich vereinigen.

Konkurrenz der AfD auf der Rechten wird schwächer eingeschätzt als 2021

Auf der Rechten ist es ungewiss, ob „Die Basis“, die bei der vorhergehenden Abgeordnetenhauswahl auf 1,3 Prozent gekommen war, auch nach Ende der Corona-Maßnahmen ihre Anteile halten kann. Auf 0,8 Prozent waren die „Freien Wähler“ (FW) gekommen, deren Ex-Abgeordneter Marcel Luthe zu den Initiatoren der Wahlanfechtung gehörte. Beide Listen stehen in direkter Konkurrenz zur AfD, bemühen sich aber auch um frühere FDP- und Nichtwähler.

Während die NPD und die „Deutschen Konservativen“ kaum eine Rolle spielen dürften, überraschten „Die Republikaner“ mit einer Rückkehr auf den Stimmzettel – zumindest in einigen Bezirken. Die frühere Partei von Franz Schönhuber, deren kurzzeitiger Aufstieg 1989 bei den Wahlen in Westberlin begann, galt mittlerweile weitgehend als inaktiv. Diesmal stellen sie sich dem Wähler mit einem Programm, das weitgehend jenem der AfD entspricht. Mit einem wesentlichen Unterschied: Die REP wollen die Sanktionen gegen Russland noch weiter verschärfen und wettern gegen dessen „imperialistischen Aggressionskrieg“. Ob es für sie ein nennenswertes Zielpublikum in Berlin gibt, ist ungewiss.

In Summe dürfte die Konkurrenz, der sich die AfD auf der Rechten stellen muss, schwächer sein als 2021. Umfragen zufolge könnte es der Partei unter Spitzenkandidatin Kristin Brinker gelingen, sich nach dem Absturz der vorangegangenen Wahl zu stabilisieren. Während die AfD 2021 mehr als ein Drittel ihrer Stimmen von 2016 eingebüßt hatte, sehen Umfragen sie nun wieder bei elf Prozent. Das entspräche einem Plus von drei Prozentpunkten.

Einen neuerlichen Achtungserfolg strebt auch das „Team Todenhöfer“ an. Mit exakt 1,0 Prozent der Zweitstimmen erreichte die Partei des bekannten Publizisten Jürgen Todenhöfer exakt das erforderliche Ergebnis für den Erhalt von Wahlkampfkostenrückerstattung.

(Mit Material von AFP)



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