Umfrage: Große Mehrheit für Lambrecht-Rücktritt – Högl wäre mögliche Nachfolgerin

Eine große Mehrheit der Deutschen will Christine Lambrecht nicht mehr im Ministeramt haben. Ein unvorteilhaftes Silvestervideo ist nur unmittelbarer Anlass.
Titelbild
Silvestervideo von Christine Lambrecht vom 31.12.2022.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 6. Januar 2023

Eine deutliche Mehrheit von 77 Prozent der Deutschen spricht sich für eine Entlassung von Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht aus. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey, die das Nachrichtenportal „t-online“ in Auftrag gegeben hatte. Nur 13 Prozent der Befragten sprach sich demgegenüber für einen Verbleib der SPD-Politikerin im Amt aus.

Ein ähnliches Ergebnis liefert der aktuelle Deutschlandtrend von Infratest Dimap im Auftrag von ARD-„Tagesthemen“ und „Welt“. Dort heißt es zudem, dass der Beliebtheitswert Lambrechts mittlerweile geringer sei als der aller Bundesverteidigungsminister vor ihr. Gegenüber dem Vormonat habe Lambrecht ganze acht Punkte eingebüßt und komme nur noch auf 13 Prozent.

Esken sichert Lambrecht Rückendeckung zu

Der unmittelbare Anlass dieses Absturzes in der Wählergunst dürfte ein verunglücktes Silvestervideo auf Instagram sein. In diesem übertönen im Hintergrund explodierende Böller und pfeifende Silvesterraketen mehrfach die Worte der Ministerin.

Hörbar blieben unterdessen Aussagen wie jene, dass der Krieg in der Ukraine es ihr ermöglicht habe, „viele interessante Leute“ kennenzulernen. Dafür und für „besondere Eindrücke“, die sie dadurch habe gewinnen können, sei sie „dankbar“. Das Video löste Kritik in traditionellen und Häme in sozialen Medien aus, die Union forderte Lambrecht zum Rücktritt auf.

Rückendeckung bekommt Lambrecht unterdessen von SPD-Bundesparteichefin Saskia Esken. Am Donnerstag (5.1.) erklärte diese im Morgenmagazin „Frühstart“ (RTL/ntv), die Ministerin habe „eine schwere Aufgabe übernommen“. Esken stehe „vollständig hinter ihr“, und sie sei zuversichtlich, dass Lambrecht beim Umbau der Bundeswehr „weiter gut vorankommen“ werde.

Hubschrauberaffäre überschattete bereits die ersten Monate im Amt

Viele vermissen jedoch bislang Anhaltspunkte dafür, dass Lambrecht bei diesem Vorhaben zählbare Erfolge verbuchen konnte. Stattdessen hegten Skeptiker bereits zum Zeitpunkt ihrer Amtsübernahme Zweifel daran, dass sie die richtige Person für das Amt wäre. Vielerorts hielt man die frühere Justiz- und kurzzeitige Familienministerin für eine Verlegenheitsbesetzung.

Die sogenannte Hubschrauberaffäre verstärkte diesen Eindruck. Die Ministerin hatte ihren erwachsenen Sohn in einem Regierungshubschrauber auf eine Dienstreise nach Nordfriesland mitgenommen. Anschließend ging es weiter in den gemeinsamen Urlaub auf Sylt.

Ein Gesetz hatte Lambrecht dabei nicht übertreten. Allerdings galt vor allem der Zeitpunkt, um auf diese Weise Privilegien auszunutzen, als denkbar ungünstig. Im Mai 2022 befürchteten bereits viele Bürger, sich aufgrund sich abzeichnender Preissteigerungen selbst keinen Urlaub leisten zu können.

Kritik von eigenen Kabinettskollegen

Neben eher optischen Aufregern wie diesen häufte sich jedoch auch sachliche und inhaltliche Kritik an ihrer Amtsführung. Teils kamen diese sogar von Kabinettskollegen und von Politikern der Ampelparteien selbst. So wurde im Bundesfinanzministerium Kritik laut an „komplizierter, teils intransparenter und inkonsequenter Bedarfsplanung“ und „bürokratischen Bestellprozessen“ in Lambrechts Ressort.

Im Dezember 2022 sah sich Lambrecht veranlasst, mit Blick auf den Kauf des US-amerikanischen Tarnkappenjets F-35 die Flucht nach vorn anzutreten. Dieser gilt als das modernste Kampfflugzeug der Welt und seine Anschaffung soll die Nachfolge der nicht mehr zeitgemäßen Tornado-Flotte markieren.

Allerdings könnte sich die Anschaffung verzögern oder verteuern. Zudem befürchten heimische Rüstungsunternehmen, durch eine zunehmende Abhängigkeit von US-amerikanischen Herstellern wie Lockheed Martin von technologischem Know-how ausgeschlossen zu werden. Darüber hinaus gebe es Experten zufolge keine Garantie, dass Deutschland rechtzeitig alle erforderlichen Anpassungen der technischen Infrastruktur für die F-35-Jets vornehmen könne.

Puma-Desaster fiel politisch auf Lambrecht zurück

Eine weitere Panne, die politisch auf Lambrecht zurückfiel, war das Debakel der Schützenpanzer des Typs „Puma“. Mitte Dezember erklärte die Ministerin, bis auf Weiteres keine Panzer dieses Typs mehr zu beschaffen, nachdem diese bei einer Gefechtsübung im niedersächsischen Munster versagt hatten.

Dem „Spiegel“ zufolge sank die Einsatzbereitschaft aller 18 an der Übung beteiligten Puma-Gefechtsfahrzeuge binnen weniger Tage auf null. Und das, obwohl die Norddeutsche Tiefebene nicht als übermäßig anspruchsvolles Trainingsterrain gilt.

Noch im März 2021 hatte Generalleutnant Alfons Mais dem Puma-Schützenpanzer nach umfangreichen Tests die entsprechende Zertifizierung als „kriegstauglich“ erteilt. Im Sommer zuvor war die Einsatzprüfung noch an Mängeln an Fahrzeug, Funk und Waffensystemen gescheitert.

Alarmierender Bericht über Kampfbereitschaft der Bundeswehr

Beides fiel in einen Zeitraum, da Lambrecht noch nicht Bundesverteidigungsministerin war. Allerdings warfen Medien und Experten ihr auch Intransparenz bezüglich des Zustands der Truppe vor. So waren in der „Unterrichtung des Parlaments über die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte“ keine Prozentzahlen mehr angegeben.

Auch Marine, Luftwaffe, Sanität und Streitkräftebasis klagen über Defizite an Ressourcen, Material und Personal. Am Ende des Berichts heißt es:

Für den Kernauftrag der Bundeswehr, Landes- und Bündnisverteidigung, muss die Einsatzbereitschaft wieder für die gesamten Streitkräfte hergestellt werden.“

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass diese nicht im erforderlichen Maße vorhanden sei. Tatsächlich werde der Bundeskanzler seine Zusage an die NATO nicht erfüllen können, dieser bis 2025 eine komplett ausgerüstete Heeresdivision zur Verfügung zu stellen.

Högl als designierte Nachfolgerin im Rahmen einer Kabinettsumbildung?

Auch wenn Lambrecht derzeit noch die Rückendeckung der eigenen Partei genießt, könnte sie im Laufe des Jahres einer Kabinettsumbildung zum Opfer fallen. Ein möglicher Anlass dafür wäre beispielsweise eine Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, als Spitzenkandidatin der SPD in Hessen zur Verfügung zu stehen. Die dortigen Landtagswahlen werden im Herbst stattfinden.

Vielfach wird auch schon der Name einer möglichen Nachfolgerin für Lambrecht kolportiert. Bereits im Dezember brachte die „Frankfurter Rundschau“ dafür Eva Högl ins Spiel. Diese amtiert seit April 2020 als Wehrbeauftragte des Bundestags.

Über einen darüber hinausgehenden militärischen Hintergrund verfügt aber auch sie nicht. Außerdem hatte auch Högl bereits mehrfach öffentliche Kritik auf sich gezogen. In einem später gelöschten Tweet bezeichnete sie Abtreibungsgegner in der Union als „widerlich“.

Auch ein Video aus dem Jahr 2017 ist vielen noch in wacher Erinnerung. In diesem lachte und gestikulierte Högl im Hintergrund, während der damalige SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz seine Betroffenheit über einen Terroranschlag in Barcelona zum Ausdruck brachte.



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