Transmutation: Forscher finden mögliche Lösung für das Atommüll-Problem

Atommüll gilt gerade in Deutschland als lästiges Überbleibsel der Kernkraft-Ära. Jetzt will der Bund das Verfahren der Transmutation aufgreifen. Doch dies ist nicht neu. Warum kam diese Initiative nicht schon viel früher? Epoch Times fragte nach.
Hochradioaktiver Müll strahlt Hunderttausende Jahre. Ein Endlager soll deshalb laut Standortauswahlgesetz auf eine Million Jahre angelegt sein. (Archivbild)
Hochradioaktiver Müll strahlt normalerweise noch Hunderttausende Jahre.Foto: Guido Kirchner/dpa
Von 7. März 2025

Mit dem Ende der Ära der Kernkraftwerke vor knapp zwei Jahren in Deutschland sind rund 27.500 Kubikmeter hoch radioaktiver Atommüll in Form von Brennelementen zurückgeblieben. Das entspricht in Summe einem Würfel mit gut 30 Metern Kantenlänge.

Nach einer Studie von unter anderem dem TÜV und der Technischen Universität München wäre es möglich, diesen Atommüll in weniger schädliche Elemente umzuwandeln. Dies soll mit einer sogenannten Transmutationsanlage geschehen, die in einem stillgelegten Kernkraftwerk (KKW) oder an einem anderen deutschen Zwischenlager errichtet werden könnte.

Dort befinden sich bereits einige dieser abgenutzten Brennelemente. Der Vorteil: Wenn diese Anlage direkt bei diesem Zwischenlager entsteht, ist kein aufwendiger längerer Transport der Brennelemente nötig.

Bund beteiligt sich

Den Auftrag zur Durchführung der Studie kam von der Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND. Die Ausarbeitung schildert, wie eine Neutronenquelle den hoch radioaktiven Atommüll größtenteils in nicht, schwach oder mittel radioaktive Stoffe umwandelt.

Nach Einschätzung der Studienautoren soll die Marktreife und Inbetriebnahme einer solchen Anlage technisch bis etwa 2035 möglich sein. Diese würde dann aus einer von einem Teilchenbeschleuniger angetriebenen Neutronenquelle sowie Recycling- und Verglasungseinheiten bestehen.

Neben der Strahlungsintensität soll das Verfahren die Strahlungsdauer des hoch radioaktiven Atommülls enorm verkürzen. Laut der Studie sinkt sie von einer Million Jahren auf weniger als 1.000 Jahre.

Erzeugung von Rohstoffen

Ebenso werden die für das geologische Endlager problematischen Spaltprodukte wie Selen-79, Jod-129 und Technetium-99 zu über 99 Prozent in einem sicheren und umweltschonenden Verfahren transmutiert.

Bei diesem Prozess sollen letztlich wertvolle, verwertbare Rohstoffe wie Cäsium, Krypton, Rhodium, Ruthenium, Strontium und Uran entstehen. Verschiedene Industriebranchen, wie die chemische Industrie, sind auf ebendiese Materialien angewiesen und könnten diese für ihre Prozesse abkaufen.

Zudem soll die Anlage künftig die Produktion von Krebsmedikamenten ermöglichen. Auch Fernwärme und geothermische Energie sollen bei dem Prozess gewonnen und genutzt werden.

Nach jahrelangem Streit um den Standort Gorleben war der Salzstock im Landkreis Lüchow-Dannenberg im Jahr 2020 aus der Endlagersuche für Atommüll herausgefallen - er bleibt<span class=

Wirtschaftlich mit erster Anlage

Ferner führt die Studie eine Anmerkung zur Wirtschaftlichkeit einer solchen Transmutationsanlage auf. Demnach wäre bereits die erste dieser Art rentabel. Die erwirtschafteten Erlöse seien höher als die Ausgaben.

Die Investitionskosten betragen nach aktuellem Stand rund 1,5 Milliarden Euro, die jährlichen Betriebskosten gut 115 Millionen Euro. Wenn als Standort für eine solche Anlage ein stillgelegtes KKW gewählt wird, reduzieren sich die Baukosten um rund 30 Prozent.

Spätes Engagement vom BASE?

Das Grundprinzip der Transmutation ist allerdings nicht neu. Bereits 1964 wurde es erstmals beschrieben. In den 1980er-Jahren entstanden die ersten Ideen für dieses Verfahren.

Dennoch sah das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) im März 2023 keine Alternative zum Bau eines Endlagers für radioaktiven Atommüll. Es stellt sich die Frage, warum das BASE sich nicht schon viel früher der Transmutation gewidmet und entsprechende Projekte gefördert hat.

Dafür fragte Epoch Times beim Bundesamt an, woraufhin dieses mit Verweis auf eine Stellungnahme vom 10. Februar 2025 reagierte. Das BASE bestätigte darin: „Die Ideen in der sogenannten Umsetzungsstudie von Transmutex im Auftrag der Bundesagentur für Sprunginnovation (SPRIND) sind grundsätzlich nicht neu.“

Weiter steht dort: Das Bundesamt sieht die Umsetzbarkeit dieses Verfahren heute „nach den bislang vorliegenden Erkenntnissen jedoch nicht“. Die Begründung des Bundesamts: Die drei Komponenten der Anlage – Teilchenbeschleuniger, nukleare Wiederaufarbeitungsanlage und neuartiger Kernreaktor – existieren aktuell noch nicht. „Die für eine erfolgreiche Realisierung notwendigen technologischen Entwicklungen befinden sich auf dem Niveau von Papier- oder maximal Laborstudien“, so das BASE.

Im Juli 2024 gab es in Belgien immerhin den Spatenstich für den Bau des Teilchenbeschleunigers Minerva. Dieser ist Teil des weltweit ersten geplanten groß dimensionierten Forschungsreaktors MYRRHA mit einer thermischen Leistung von zunächst 100 Megawatt. Doch die Bauzeit wird sich voraussichtlich bis weit ins kommende Jahrzehnt erstrecken: Erst 2038 soll MYRRHA betriebsbereit sein. Fertigstellung der deutschen Anlage wäre laut der SPRIND-Studie 2035, also drei Jahre früher, möglich – obwohl hierzulande noch kein Spatenstich stattgefunden hat.

Transmutation oder atommüllfähiger Reaktor

Die Transmutation wäre also eine Möglichkeit, dem Atommüll-Problem entgegenzutreten. Doch es gibt noch eine andere Option: die Energiegewinnung in Reaktoren, die diesen Atommüll als nutzbaren Brennstoff verwenden können.

Hierfür kämen zwei Reaktorkonzepte infrage: der Schnelle Brüter und der Dual Fluid Reaktor.

In der Kategorie der Schnellen Brüter oder Schnellen Brutreaktoren sind der BN-600 und der BN-800 in Russland zu nennen, die seit 1980, beziehungsweise 2015 in Betrieb sind. Diese Kernkraftwerke sind bei entsprechender Bauart in der Lage, langlebige Isotope in kurzlebige umzuwandeln. Sie können auch Strom aus Atommüll generieren. Der BN-800 kann beispielsweise Uran, Plutonium und andere Transurane als Brennstoff verwenden.

Bei herkömmlichen Reaktorkonzepten gelten diese hoch radioaktiven und langlebigen Stoffe als Atommüll. In diesem Zustand beherbergt dieser „Müll“ aber noch rund 96 Prozent der ursprünglichen Energie des Kernbrennstoffs. Die Schnellen Brüter können diese Energie nutzen und in elektrischen Strom umwandeln.

Den Atommüll soll auch der geplante Dual Fluid Reaktor mindern können. Dazu erklärte Björn Peters, Finanzchef von Dual Fluid Energy, der Epoch Times: „Wir entwickeln hier eine Technologie zur Kraftstoffaufbereitung, zur Trennung der Spaltprodukte von den sogenannten Aktiniden, also von dem grundsätzlich spaltbaren Material.“ Das reduziere den Atommüll deutlich.

Somit sind langlebige, radioaktiv aber schwach strahlende Materialien von denen, die stark strahlen, aber kurzlebig sind, getrennt. Die Kurzlebigen müssten dann nur noch für rund 300 Jahre aufbewahrt werden. „Und in den ersten hundert Jahren klingt schon fast die gesamte Strahlung ab. Was dann noch übrig ist, ist also nicht sonderlich gefährlich. Ein geologisches Endlager brauchen wir somit nicht“, sagte Peters.



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