„Teil des Problems, nicht der Lösung“: Kinderärzte-Präsident rät von weiterer Maskenpflicht ab
Die aktuelle RSV-Infektionswelle hat gerade erst begonnen und bringt schon jetzt Kinderkliniken und -arztpraxen an ihre Grenzen. Kinderärzte-Präsident Thomas Fischbach rät trotzdem, oder besser gerade deswegen, von einer erneuten Maskenpflicht ab: „Masken sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.“
Als wären die Kinder nicht in vielerlei Hinsicht die Leidtragenden der Corona-Pandemie, kommen jetzt weitere Kollateralschäden hinzu.
Genaugenommen sind Kinder nicht die Leidtragenden der Corona-Pandemie, sondern der Maßnahmen wie Maskenpflicht und Kita-Schließungen, die über sie verhängt wurden.
Kinder sind von schweren Corona-Krankheitsverläufen kaum betroffen, so sie keine Vorerkrankungen haben. Oft verläuft Corona still oder die Infektion ist mit einem leichten Schnupfen schnell vom Tisch.
Kollateralschaden Kind
Jetzt trifft Deutschlands Jüngsten eine enorme Infektionswelle mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV). RSV löst akute Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege aus, landläufig auch als „Erkältung“ bekannt. RSV kann bei Frühchen und Kleinkindern für besonders heftige Infekte sorgen, selten sogar zu akuten Lungenentzündungen auswachsen.
Von jenen Kindern, die mit RSV ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen, sterben laut Robert Koch-Institut dann von den Schwächsten, den Frühchen, circa ein Prozent und von denen mit angeborenem Herzfehler sogar bis zu fünf Prozent.
Aber wie kommt es auf einmal zu einem Anstieg der Erkrankungsfälle, einer dermaßen hohen Welle, schon bevor die eigentliche Erkältungssaison so richtig begonnen hat?
Säuglinge sind in den ersten Wochen durch mütterliche Antikörper vor dem Virus geschützt, die sie über die Plazenta bekommen haben. In der Regel stecken sie sich dann in den ersten zwei Lebensjahren an und bauen dadurch Immunität auf. So war es zumindest in der Zeit vor Corona, präziser: vor den Corona-Maßnahmen.
Dieses Prinzip der natürlichen Immunisierung scheint jetzt aus dem Gleichgewicht geraten zu sein. „Wir sind in einer gefährlichen Situation für die Kinder, besonders für die Kleinsten“, äußert der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach, seine Befürchtungen gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ auch angesichts überfüllter Arztpraxen und Kinderkliniken.
Kinderärzteverband: Masken Teil des Problems, nicht der Lösung
Aus Sicht des Kinderärzte-Präsidenten ist die Idee, präventiv eine Maskenpflicht für Kinder und Eltern wieder einzuführen, wie etwa aus der Politik gefordert werde, nicht sinnvoll – vielmehr kontraproduktiv: Denn die Maskenpflicht sei „ein wichtiger Grund für die aktuelle Krise“, sagte er. Viele Mütter von Neugeborenen hätten zudem zu wenig Antikörper, was automatisch eine Abwehrschwächung der Kinder zur Folge habe.
„Daher sehe ich nicht, wie eine neue Maskenpflicht helfen könnte, besser durch die kommenden Wochen zu kommen“, so Fischbach. Der Schrei nach Masken „sei der übliche Reflex der Politik“.
Exemplarisch dafür Maria Klein-Schmeink, sie ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag. Nach Selbstaussage engagiert sie sich für Gesundheit und Pflege. Schon im Header ihres Twitter-Profils steht das Motto „Impfen schützt – Maske auch“.
Klein-Schmeink twitterte auf die Nachricht von der Abschaffung der Maskenpflicht im ÖPNV in Bayern (Epoch Times berichtete):
„Bist du sicher, dass wir angesichts der zugespitzten Lage in der Versorgung von Kindern auf diese Präventionsmassnahme verzichten können? Unterbrechung von Infektionsketten bleibt wichtig. #Maske #ÖPNV“
Worauf sie von „Welt“-Chefreporter Tim Röhn – auch via Twitter – im Replay darauf hingewiesen werden musste, dass es für „eine RSV-Maskenpflicht (…) keine gesetzliche Grundlage“ gebe.
RSV-Erkrankungen treffen auf marodes Gesundheitssystem
Aber die Kettenreaktion von einer fehlenden Immunisierung hin zur Erkrankung geht noch weiter: Die enorme Welle von Immunschwäche bedingten RSV-Erkrankungen trifft auf kränkelndes Gesundheitssystem samt eklatantem Personalmangel:
Noch vor dem Höhepunkt der Infektionswelle sind viele Kinderarztpraxen bereits überlaufen, auch Kinderkliniken und Kinderstationen sind überfüllt und können keine neuen Patienten mehr aufnehmen (Epoch Times berichtete).
Schon jetzt gebe es einen „erheblichen Bettentourismus“ wegen voll belegter Kliniken. Also auch hier könnten die Kinder wieder die Leidtragenden sein.
Lauterbachs „Lösungen“
SPD-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte als einen möglichen Lösungsansatz angekündigt, Pflegekräfte aus dem Erwachsenenbereich auch in der Pädiatrie einzusetzen. Das nannte die Präsidentin des Deutschen Pflegerates (DPR), Christine Vogler, eine „Verzweiflungstat“, denn „in den Kliniken kann bereits jetzt nur die Minimalversorgung gesichert werden. Wir haben keine Station mehr, wo man Pflegepersonal abziehen kann.“
Mal abgesehen davon, dass Intensivpflege im pädiatrischen Bereich besondere Qualifikationen erfordert. Auch der Bundessprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske, kritisierte die Gesundheitspolitik und fasst das Desaster via „Deutschlandfunk“ in einem Satz zusammen: Das Gesundheitssystem werde seit Jahren „gegen die Wand gefahren“, mit der Folge gravierender Risiken, aktuell für junge Patienten.
Die grundsätzliche Krise des Systems sei durch Corona kaschiert worden. Schwerstkranke Kinder müssten über Hunderte Kilometer verlegt werden, weil es keine Betten gebe: „Das ist nicht Panikmache, das ist unser tägliches Leben.“
Lothar Wieler: Impfung und Maske helfen
Auch der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI) hat als Lösungsansatz nur das parat, was bislang offenbar nicht überzeugend funktioniert hat. Es gebe „genug Impfstoff und Medikamente gegen die Erkrankung“, so Wieler gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Genauso wichtig, wie sich bei einer Corona-Erkrankung zu isolieren, sei es, nach Lothar Wieler, „dass die Menschen weiterhin Masken tragen, denn auch dadurch bleibt die Zahl der Atemwegserkrankungen im Rahmen.“
Die Aussage Wielers konkurriert mit den Warnungen der Berufsverbände. Beim RKI-Chef klingt es so, als gäbe es weder Erfahrungen und Erkenntnisse aus den letzten fast drei „Pandemiejahren“ und zudem, als fänden die Experten aus den Berufsverbänden mit den Informationen aus der Praxis kein Gehör.
Schon im Juli mahnte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger Verhältnismäßigkeit an. Und warnte davor, die Maskenpflicht als „Allheilmittel“ gegen die Verbreitung des Coronavirus zu sehen: „Studien belegten, dass Kinder, gerade im Grundschulalter, Schwierigkeiten beim Spracherwerb hätten, wenn sie und die Lehrer Maske tragen“, was „ohnehin schon anstrengend“ sei.
Die FDP-Politikerin brachte damit einen weiteren Aspekt zur Sprache: Nicht nur vermehrt auftretende körperliche Erkrankungen wie aktuell durch RSV, sondern das psychische und seelische Wohlergehen und die ungestörte, gesunde Entwicklung der Kinder werden nachhaltig gestört. Hier geht es um Kindeswohl im weiterführenden Sinne seiner Gesamtentwicklung.
Infektionen treffen auf geschwächte Immunsysteme: Alter Hut?
Das Thema mangelnde Immunisierung von Kindern durch die Corona-Maßnahmen ging schon vor über einem Jahr durch die Medien:
Das Nachrichtenportal „ntv“ berichtete davon, dass sich Atemwegsinfekte bei Kindern ausbreiten würden und dass besonders das RSV den Kindern und Kleinkindern gefährlich werden könne. Von einer Verdoppelung der Anzahl der behandelten Kinder war bereits im Oktober 2021 die Rede. Als Grund wurde seinerzeit schon der gleiche angegeben wie heute, auch die Protagonisten waren dieselben.
Jakob Maske, der Sprecher des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte, nannte damals schon als Gründe: Kita-Schließungen und andere Corona-Maßnahmen im vorherigen Winter und Frühjahr. Denn die Kinder seien bisher nicht in Kontakt mit bestimmten Erregern gekommen: „Die Infekte werden jetzt nachgeholt.“
Kinder bauen mit Infekten Immunschutz auf
In der Regel begegnen Kinder jedes Jahr RSV und sie „bauen dabei einen gewissen Immunschutz auf“, erläuterten die RKI-Experten. Jetzt fehlte die Hilfe bei der Abwehr der Erreger, denn im Vorjahr 2020 gab es kaum RSV-Erkrankungen. Auch die damals schon gemeldete Personalknappheit in den Kinderkliniken ist zumindest ein altbekannter Hut.
Den aber will sich auch jetzt, nach fast drei Jahren Corona, keiner aufsetzten, und keiner der Verantwortlichen will seinen Hut nehmen.
Immerhin räumt der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn Fehler ein und bittet um Verzeihung, da nach seiner jetzigen Aussage „Eltern und Kinder“ unverhältnismäßig unter den Corona-Maßnahmen gelitten hätten.
Als die Maßnahmen beschlossen wurden, so versucht er im Nachhinein seine Verantwortung zu marginalisieren, habe man deren Tragweite nicht in allen Facetten absehen können, der Fokus sei auf den Senioren und dem Weiterlaufen der Wirtschaft gewesen. Aus heutiger Sicht würde er anders entscheiden, sagte Spahn.
FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki nimmt Spahns Nachfolger, den aktuellen Gesundheitsminister Lauterbach, aufs Korn und erwartet dessen vorzeitiges Aus.
Aber nicht etwa wegen Gefährdung des Kindeswohls oder sonstiger Fehlentscheidungen, sondern wegen mangelnder Führungskompetenz in seinem Ministerium: „Ich gehe ehrlich gesagt nicht davon aus, dass Karl Lauterbach als Gesundheitsminister die ganze Legislaturperiode im Amt bleibt“, Lauterbach verzettele sich, befindet Kubicki.
Karl Lauterbach selbst versucht weiterhin, zusammen mit RKI-Chef Lothar Wieler gegen Änderungen der Corona-Regelungen anzugehen. Erst vor ein paar Tagen plädierten beide dafür, die Regeln zu Masken und Isolation beizubehalten. Mehrere Länder haben mittlerweile die Isolationspflicht entgegen den Empfehlungen aufgehoben, darunter Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein.
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