Scholz mit Entscheidung zu Entlastungen – Handwerk: „Die Hütte brennt“

Wie soll der Staat die Bürger bei wachsenden Energiekosten unterstützen? Dazu hat die Bundesregierung Rat bei Experten gesucht. Die Ideen der Fachleute dürften viele Menschen positiv stimmen.
Scholz kündigt Entscheidung zu weiteren Entlastungen an
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einer Pressekonferenz am 31. Oktober 2022.Foto: CARSTEN KOALL/AFP via Getty Images
Epoch Times31. Oktober 2022

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat baldige Eckpunkte zu weiteren Entlastungen der Bürger sowie Unternehmen in der Energiekrise angekündigt.

„Noch in dieser Woche werden wir Eckpunkte vorstellen, wie die Vorschläge der Gaskommission umgesetzt werden können“, sagte Scholz heute nach einem Treffen mit Vertretern von Arbeitgebern und Gewerkschaften im Kanzleramt. Das Kabinett werde sich bereits am Mittwoch mit der Umsetzung der Vorschläge befassen. Ziel sei es, sowohl die angekündigte Gas- als auch die Strompreisbremse schnell umzusetzen, erklärte Scholz.

Die Kommission von Fachleuten, die sich in den vergangenen Wochen mit den Entlastungen von Bevölkerung und Unternehmen angesichts der hohen Energiepreise befasst hatte, habe „sehr gute Vorschläge gemacht“, sagte Scholz. Die werde die Bundesregierung nun entlang des heute vorgestellten Abschlussberichts „abarbeiten“.

Kündigungsschutz bei Energieschulden

Zu dem Abschlussbericht gehört der Vorschlag, Mietern ein halbes Jahr Kündigungsschutz zu gewähren, wenn sie ihre Energierechnungen wegen steigender Preise nicht bezahlen können.

„Mindestens ein halbes Jahr Zeit muss den Mieterhaushalten gewährt werden, um ihre Energieschulden zu begleichen“, heißt es in dem 34-seitigen Papier. „Betroffene Mieterhaushalte sollen Unterstützung durch die Schuldnerberatung erhalten. Mithilfe des Hilfsfonds werden Energiesperren vermieden.“ Diese Hilfe soll so lange erhalten bleiben, bis das von der Bundesregierung geplante Wohngeld Plus ausgezahlt werden kann.

Vermieter wiederum sollen nach den Vorstellungen der Kommission eine zinslose Liquiditätshilfe bekommen, wenn sie für die Zahlungen ihrer Mieter in Vorleistung gehen. Das Geld soll aus einem für die Zeit vom 1. Januar 2023 bis zum 30. April 2024 geplanten Sofort-Hilfsfonds kommen. Mit dessen Mitteln will die Regierung auch Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen unterstützen, die die wachsenden Kosten nicht selbst tragen können. Relevant sollen hier das Einkommen und die Höhe der Energiekosten sein. Für soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Pflegeheime soll es einen eigenen Hilfsfonds geben.

Die Vorschläge der Kommission

Der Expertenkommission gehören Fachleute von Verbänden, Gewerkschaften, Wissenschaft und Bundestag an. In ihrem vor einigen Wochen veröffentlichten Zwischenbericht hatte die Kommission bereits eine Einmalzahlung für Gas- und Fernwärmekunden im Dezember und eine Gaspreisbremse ab März empfohlen. Die Einmalzahlung hat die Bundesregierung auf den Weg gebracht, die konkrete Umsetzung der Gaspreisbremse steht noch aus.

Für große Industriebetriebe hatte die Kommission eine ab Januar greifende eigene Gaspreisbremse vorgeschlagen. Mögliche europarechtliche Hürden dafür sind dem Bericht zufolge nach Gesprächen zwischen Bundesregierung und EU-Kommission in der vergangenen Woche dem Bericht zufolge nun ausgeräumt. Die Brüsseler Behörde muss größere finanzielle Unterstützung für Unternehmen genehmigen, damit es nicht zu Verzerrungen des Wettbewerbs in Europa kommt.

Die Unterstützung sollen nach den Vorstellungen der Kommission aber nur Unternehmen bekommen, die betroffene Standorte erhalten und dazu Vereinbarungen mit dem Betriebsrat oder im Aufsichtsrat treffen. Sollten solche Mitbestimmungs-Strukturen nicht existieren, sollen Unternehmen nachweisen müssen, dass sie mindestens 90 Prozent der Arbeitsplätze mindestens ein Jahr über das Ende der Unterstützung hinaus erhalten – und das Geld andernfalls zurückzahlen.

„Wir werden das auch mit den jetzt sofort erforderlichen gesetzgeberischen Schritten begleiten. Und diejenigen, die im Laufe dieses Monats noch zustande kommen, müssen wir dann im Einzelnen umsetzen“, erklärte Scholz zum weiteren Verfahren der Entlastungen.

Der Kanzler lobte zudem den Austausch mit den Sozialpartnern, der heute zum dritten Mal im Rahmen der sogenannten konzertierten Aktion stattgefunden hatte. Spätestens Anfang des kommenden Jahres solle es ein weiteres Treffen in diesem Format geben, sagte Scholz. Die Beratungen mit den Sozialpartnern hatten mit einem ersten Treffen im Juli dieses Jahres begonnen. Ziel war es von Anfang an, im Dialog Lösungen in der aktuellen Energie- und Inflationskrise zu erarbeiten, die Menschen und Unternehmen entlasten.

Sozialpartner loben Entlastungsmaßnahmen

Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi begrüßte die vorgesehenen Entlastungsmaßnahmen zu den Gaspreisen.
Kritik übte sie aber am Vorschlag der Expertenkommission, dass Unternehmen subventioniertes Gas, das nicht gebraucht werde, zu normalen Konditionen weiterverkaufen könnten. Es könne bei den Entlastungen für Unternehmen nicht darum gehen, „Profite zu stabilisieren“, warnte die DGB-Chefin.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger betonte: „Ich bin grundsätzlich mit den Vorschlägen der Kommission einverstanden. Wichtig ist jedoch, dass diese Hilfe jetzt schnell kommt und nicht noch an noch mehr Bedingungen gebunden wird.“ Unternehmen stünden vor existenziellen Herausforderungen und dürften nicht weiter belastet werden.

Deutsches Handwerk: Gaspreisbremse nicht ausreichend

Das deutsche Handwerk hält die von der Gaskommission vorgeschlagenen Maßnahmen jedoch für nicht ausreichend. Die Gaspreisbremse sei „richtig und wichtig“, erklärte der Branchenverband ZDH am Montag. Jedoch werde sie auch zusammen mit der Abschlagszahlung im Dezember „nicht reichen“, um die Belastungen energieintensiver Handwerksbetriebe so abzufedern, dass diese die Krise überstehen würden.

Nötig seien zusätzliche flankierende Hilfen, forderte der Verband. „In unseren energieintensiven Handwerksbetrieben brennt die Hütte.“ Die Politik sei aufgefordert, Unterstützungslösungen für die Betriebe zu finden, „denen auch die Entlastungen aus Gas- und Strompreisbremsen nicht reichen“. Die Gaskommission hatte zuvor ihren Abschlussbericht vorgelegt. Zur Abfederung der hohen Energiepreise werden unter anderem eine Einmalzahlung im Dezember und eine Gaspreisbremse ab März vorgeschlagen.

Die Preisbremse sei „ein Schritt in die richtige Richtung“, erklärte die Linke. „Aber sie kommt zu spät, da die Heizperiode im März bereits endet.“ Bei der Preisbremse für Firmen, die an Auflagen gebunden ist, müsse die Regierung zudem sicherstellen, dass diese klar überprüft werden, „um Missbrauch zu verhindern“. Die Kommission schlägt in ihrem Bericht zudem ein Kündigungsmoratorium bei Energieschulden vor. Kritik daran kam vom Eigentümerverband Haus & Grund. Dieser sprach sich stattdessen für direkte staatliche Hilfen für Mieter aus, wenn diese ihre Energiekosten nicht tragen können.

Dem Paritätischen Gesamtverband gehen indes die Hilfen für ärmere Menschen und Sozialeinrichtungen nicht weit genug, er forderte „dringend Nachbesserungen“. „Gerade Landes- und kommunal finanzierte Einrichtungen werden aus den Hilfefonds keinen Cent sehen“, befürchtet der Verband. Das umfasse Eingliederungshilfe, Jugendhilfe, Studierendenwerke, Jugendherbergen oder die Tafeln. Diese bräuchten aber „Planungssicherheit“. (dpa/afp/mf)



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