DIHK: Teilen der Wirtschaft droht zum Jahresende der Stillstand
„Wenn hier keine Lösung gefunden wird, stehen zum Jahreswechsel Teile unserer Wirtschaft still.“ Eindringlich warnt Peter Adrian, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), vor Produktionsstopps aufgrund der Energiekrise. Quer durch alle Branchen erreichten ihn täglich Hilferufe von Unternehmen, weil diese keine Energieversorgungsverträge für das kommende Jahr bekommen, berichtet die „Zeit“.
Einschränkungen in wichtigen Bereichen drohen
Der Grund dafür ist, dass viele Energieversorger die Sicherheitsleistungen nicht mehr bezahlen könnten, die sie bei ihren Termingeschäften zur Absicherung von Energiepreisschwankungen hinterlegen müssten. „Diese Sicherheitsleistungen haben analog zu den Börsenpreisen so astronomische Höhen erreicht, dass Stadtwerke und andere Lieferanten ihren Kunden keine Angebote für die Belieferung mit Strom und Gas mehr machen können“, beschreibt Adrian die Situation.
Daher fordert er von der Bundesregierung „schnell einen staatlichen Garantierahmen wie bei der Finanzkrise“. Die Gaspreisbremse sei keine Hilfe, weil sie nur die Preise beim Verbraucher senke, nicht aber beim Versorger. Daher bräuchten sie eine Liquiditätssicherung und Unternehmen eine Ersatzversorgung für Energie.
Handele die Regierung nicht, drohen Einschränkungen in wichtigen Bereichen der Wirtschaft, mahnt Adrian an. Betroffen seien „auch solche, die für die gesundheitliche und soziale Infrastruktur unseres Landes unerlässlich sind“.
Bruttoinlandsprodukt könnte „deutlich sinken“
Wegen der Energiekrise steht Deutschland nach Ansicht der Bundesbank unmittelbar vor einer Rezession. „Die anhaltend hohe Inflation und die Unsicherheit über die Energieversorgung und ihre Kosten belasten die deutsche Wirtschaft deutlich“, zitiert die „Welt“ aus dem in der vergangenen Woche veröffentlichten Monatsbericht.
Die Bundesbank-Volkswirte vermuten, dass das Bruttoinlandsprodukt bereits im Sommerquartal stagnierte. Im nun gerade begonnenen Winterhalbjahr werde es dann wohl „deutlich sinken“. Die Rezession gehe einher mit einem deutlichen, breit angelegten und länger anhaltenden Rückgang der Wirtschaftsleistung.
Die Inflation sieht die Bundesbank auch in den kommenden Monaten weiter im zweistelligen Bereich. Dies sei auch der Fall, „wenn einige neue Entlastungen in Kraft treten, beispielsweise die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Gas und Fernwärme“. Diese gilt seit Oktober.
Unternehmen fordern Unterstützung vom Bund
Die Konsequenzen aus der Energiekrise treffen die Wirtschaft schwer. Das hat eine Umfrage der Stiftung Familienunternehmen ergeben. Laut dem beauftragten ifo-Institut sparten die Befragten auch nicht mit Kritik am Krisenmanagement der Regierung.
Dafür gab es im Durchschnitt eine 4 minus von den 1.060 Unternehmen, von denen die meisten in Familienbesitz sind. Sie forderten Subventionen für private Investitionen in Energieeffizienz sowie Hilfen für betroffene Unternehmen oder Industriezweige.
Der Umfrage zufolge wollen 82 Prozent in die Energieeffizienz investieren oder haben dies schon getan. Fast jedes zweite Unternehmen plant den Wechsel zu anderen Energieträgern oder hat ihn bereits vollzogen.
90 Prozent haben die Preise erhöht oder planen dies. Mit Personalabbau reagiert jedes vierte Unternehmen (April 2022: 14 Prozent) auf die gestiegenen Energiekosten. Produktionsstopps ziehen 13 Prozent in Erwägung. Vor einem halben Jahr waren es sechs Prozent.
Gute Noten gab es für die Energielieferanten. So bewerteten die Befragten die Versorgungssicherheit zu fast 60 Prozent mit den Noten eins oder zwei. Eine hohe Akzeptanz gab es auch für die Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken.
Inflationsbonus kann ausgezahlt werden
Entlastung für die Bürger verspricht die Bundesregierung mit der Auszahlung des Inflationsbonus‘ in Höhe von 3.000 Euro, die seit Donnerstag, 27. Oktober, möglich ist. Der Bundesrat hatte ein entsprechendes Gesetz am 7. Oktober verkündet. Die CDU-Fraktion im Bundestag kritisierte, dass die Verkündung im Bundesblatt und das Inkrafttreten am Tag darauf erst in dieser Woche erfolgt sei.
Wäre das Bundesjustizministerium schneller gewesen, hätten erste Auszahlungen bereits erfolgen können, monierte der Unionsabgeordnete Olav Gutting in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Bis Ende 2024 können Arbeitgeber ihren Mitarbeitern bis zu 3.000 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei auszahlen. Bedingung ist, dass die Prämie zusätzlich zum Verdienst gewährt wird.
Mit dieser Regelung will die Bundesregierung erreichen, dass die hohe Inflation nicht dauerhaft zu erhöhten Gehältern führt und damit eine Lohn-Preis-Spirale in Gang kommt. Den Steuerausfall beziffert das Bundesfinanzministerium mit rund 1,2 Milliarden Euro.
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