Pflegerat warnt vor Personalmangel in Kliniken durch Lauterbachs Reform
Der Deutsche Pflegerat hat die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Reform der Pflege in Krankenhäusern kritisiert. „Wenn das die Haltung zur Pflege ist, dann können wir die Arbeit in Kliniken für Pflegefachpersonen nicht mehr empfehlen“, sagte die Präsidentin des Pflegerates, Christine Vogler, dem „Spiegel“ nach Angaben vom Donnerstag. Die Pläne könnten zur Folge haben, dass im nächsten Jahrzehnt immer mehr Menschen zu Hause versorgt werden müssten.
Anlass für die Kritik ist ein Entwurf zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz, den Lauterbachs Haus vorgelegt hat, berichtete der „Spiegel“. Darin heiße es unter anderem, dass das Ministerium Vorgaben zu der Anzahl einzusetzender Pflegekräfte machen könne – allerdings „im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen“.
„Wir sind teilweise fassungslos“
Der Pflegerat befürchtet, dass dadurch die Personalausstattung auf Krankenhausstationen und in Pflegeheimen von der Gunst des Bundesfinanzministers abhängig gemacht werde. „Wir sind teilweise fassungslos“, sagte Vogler dem Magazin. „Der Koalitionsvertrag war für uns das Signal: Die Regierungskoalition macht ein paar Dinge konsequent und mutig anders.“ Diese Hoffnung aber habe sie vorerst aufgegeben.
Die Präsidentin des Deutschen Pflegerates kritisierte, dass sie mit ihrer Expertise in Lauterbachs Haus nicht durchdringe. Das gelte nicht nur für das Krankenhausentlastungsgesetz, auch die von Lauterbach eingesetzte Kommission, die eine große Reform der Krankenhausversorgung auf den Weg bringen soll, interessiere sich kaum für die Pflege. Sie habe den Eindruck, es werde nicht verstanden, was der Pflegeberuf bedeute, es gebe keine Wertschätzung.
„Pflege ist mehr als ein bisschen Patienten waschen“, sagte Vogler dem „Spiegel“. „Wir werden in zehn Jahren die Menschen nicht mehr versorgen können.“ Die Verantwortlichen müssten sich fragen, was es für eine Volkswirtschaft bedeute, „wenn Menschen immer mehr zu Hause gepflegt werden und die Arbeitskraft der pflegenden Angehörigen, vor allem Frauen, einschließlich der Sozialbeiträge verloren gehen“, sagte Vogler. Diese Rechnung gehe nicht auf.
Der Pflegerat vertritt als Dachorganisation die Interessen von Pflege- und Hebammenorganisationen. Das von Lauterbach vorgelegte Gesetz sieht vor, dass für die Pflegestationen Idealbesetzungen errechnet und durchgesetzt werden. Es soll zunächst eine Phase geben, in der der Personalbedarf in der Pflege bei einer repräsentativen Auswahl von Krankenhäusern erfasst wird. Auf dieser Basis sollen in einer Rechtsverordnung den Krankenhäusern Vorgaben für die Personalbemessung gemacht werden. Ab 2025 wird die Personalbemessung dann scharf gestellt und sanktioniert.
Scharfe Corona-Auflagen in Pflegeeinrichtungen bleiben bestehen
Unterdessen sollen in den Pflegeeinrichtungen in Deutschland auch in diesem Herbst und Winter scharfe Corona-Auflagen gelten. Das geht aus einer gemeinsamen Erklärung des Bundesgesundheitsministeriums und mehrerer Verbände hervor, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. Begründet wurden die Maßnahmen mit dem Schutz der Pflegebedürftigen und des Personals vor Infektion und Überlastung.
Neben einem erneuten, flächendeckenden Impfangebot mit den angepassten Impfstoffen, bedürfe es auch weiterhin der Hygiene- und Testkonzepte und auch eines einfachen Zugangs von infizierten Pflegebedürftigen zur geeigneten Arzneimittelversorgung, heißt es in dem Papier. Bestehende Schutz- und Hygienekonzepte seien weiter nötig. Die Einhaltung von Hygieneanforderungen werde weiter durch die Gesundheitsämter und gegebenenfalls die nach Landesrecht bestimmten heimrechtlichen Aufsichtsbehörden überwacht.
Koordinierungspersonen in Pflegeeinrichtungen
Neu ist, dass in den Pflegeeinrichtungen Koordinierungspersonen zur Pandemiebekämpfung benannt werden müssen. Die beauftragten Personen sollen finanzielle „Sonderleistungen“ erhalten.
Das novellierte IfSG sieht zudem vor, dass Besucher ab dem 1. Oktober nur mit einem negativen Corona-Test und einer FFP2-Maske die Pflegeeinrichtungen betreten dürfen. Beschäftigte müssen sich mindestens dreimal pro Kalenderwoche testen lassen, sofern Landesregelungen nichts anderes vorsehen.
Des Weiteren bekräftigten die Unterzeichner der Erklärung, dass die sozialen Kontakte der Pflegebedürftigen erhalten bleiben müssen. Corona-Maßnahmen dürften nicht zur vollständigen Isolation von einzelnen Personen oder Gruppen führen. Dabei könnten „in den Ländern bereits bewährte Verfahren bei Testung und Überprüfung von Nachweisen hilfreich sein“, heißt es in der Erklärung. Wirklich konkret wird es an dieser Stelle aber nicht.
Unterzeichnet wurde die Vereinbarung vom Gesundheitsministerium, den Bundesverbänden der Leistungserbringer in der Pflege, dem GKV-Spitzenverband, dem Verband der privaten Krankenversicherung sowie den kommunalen Spitzenverbänden und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe und der Eingliederungshilfe. (dts/afp/dl)
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