Opposition: „Viele Leute werden feststellen, dass es für sie kein Auto mehr gibt“
Es geht hoch her in der Ampelkoalition: Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte am 28. Februar erkennen lassen, dass er den EU-Plänen für ein Ende von Neuzulassungen von Autos mit Verbrennermotoren ab 2035 nicht zustimmen möchte. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hielt dagegen: „Die Bundesrepublik Deutschland sollte auf europäischer Ebene verlässlich agieren und sich an getroffene Zusagen halten“.
Die Einigung, nach der ab 2035 keine Neufahrzeuge mit Verbrennermotor mehr verkauft werden sollen, sei „in langen Verhandlungen abgestimmt und beschlossen“ worden, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“. „Diese Regelungen sollten wir jetzt auch verlässlich umsetzen und nicht in letzter Minute davon abrücken“, so die Ministerin. Man arbeite „intensiv“ daran, die Bedenken des Verkehrsministers auszuräumen.
Wissing: Alle technologischen Optionen offenhalten
Wissing möchte zumindest ein Hintertürchen für Verbrennermotoren offenhalten: So könnten sie nach 2035 auch dann noch zugelassen werden, wenn sie nachweislich mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden, sogenannten E-Fuels.
Ein entsprechender Passus findet sich bereits auch in den Formulierungen der neuen Verordnung. Wissing ist dies aber zu vage, er vermisst entsprechende Vorarbeiten. Auch die Union spricht sich dafür aus, „E-Fuels, Wasserstoff, fortschrittliche Biokraftstoffe und nachhaltig zertifizierte Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse“ zu nutzen.
„Wir brauchen E-Fuels, denn es gibt ja gar keine Alternative dazu, um unsere Bestandsflotte klimaneutral zu betreiben“, sagte Wissing am Mittwoch im ARD-„Morgenmagazin“. Wer es ernst meine mit klimaneutraler Mobilität, der müsse alle technologischen Optionen offenhalten. Dazu zählten auch Verbrenner, die E-Fuels tanken.
„Wenn wir schon E-Fuels brauchen in großer Menge, um die Bestandsflotte klimaneutral zu halten, dann spricht doch alles dafür, dass wir auch über 2035 hinaus Verbrennungsmotoren zulassen, wenn diese ausschließlich mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden“, sagte Wissing.
Tatsächlich kann nicht jedes Benzin- oder Diesel-Kfz problemlos auf E-Fuels umsteigen. Motoren sind auf spezielle Kraftstoffe optimiert.
„Reines Wunschdenken von Verbrennerfetischisten“
Bremens Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne) sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Auto-Lobby treibe Wissing und die FDP vor sich her. Es gebe ein Kompromisspapier der Bundesregierung mit einem Prüfauftrag für E-Fuels. Wissing habe kein Mandat für die Ankündigung, dass Deutschland einem Verbrenner-Aus nicht zustimmen könnte.
„Die Debatte um einen Einsatz von E-Fuels in Pkw ist angesichts der Energieintensität bei deren Herstellung bei aller Technikgläubigkeit reines Wunschdenken von Verbrennerfetischisten“, so Schaefer. „Dass die FDP auf diese Wählerklientel abzielt, zeigt, dass ihr der Kampf gegen die Klimakrise angesichts schwindender Wählerstimmen immer weniger wichtig ist.“
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) stärkte Wissing hingegen den Rücken. „Wir brauchen alle klimafreundlichen Technologien, um die EU-Klimaziele zu erreichen“, sagte VDA-Chefin Hildegard Müller. Weil E-Fuels gerade für die Klimabilanz bereits zugelassener Verbrenner wichtig seien, müsse die Debatte erneut geführt werden. Nun sei die Kommission am Zug.
Gescheiterte E-Mobilität und alternativlose E-Fuels
Der Oppositionspolitiker Dirk Spaniel (AfD) hält die Verwendung von E-Fuels für alternativlos. Der Grund: Die E-Mobilität lässt sich nicht wie gewünscht umsetzen. Für ihn ist tägliche Verfügbarkeit der Ladepunkte nicht gegeben und auch nicht erreichbar: „Wenn Sie die nicht haben, dann ist die Akzeptanz des Elektroautos nach kürzester Zeit hin. Es wird keine flächendeckende Ladeinfrastruktur geben. In keinem europäischen Land ist momentan erkennbar, dass es dafür ein Patentrezept gibt“, sagte er am 20. Februar gegenüber der Epoch Times.
Spaniel glaubt, dass die Entscheidung um den Verbrenner noch mal rückgängig gemacht wird. „Das kommt mit der zunehmenden Erkenntnis, dass das Elektroautoprojekt und vielleicht auch der Antrieb mit Wasserstoff nicht durchführbar sind.“ Und dadurch sei das Ende des Verbrennungsmotors noch nicht gekommen.
China als größter Automarkt nehme eine Vorreiterrolle ein: Das Land habe die Elektrosubvention nahezu vollständig eingestellt und auf synthetische Kraftstoffe umgestellt. Die Elektroautos würden in bestimmten Regionen noch in hohen Stückzahlen verkauft, aber aus lokalen Gründen. In Verbindung mit synthetischen Kraftstoffen erlebe der Verbrennungsmotor in China gerade eine Renaissance.
„Ich persönlich gehe davon aus, dass wir, wenn wir eine CO₂-Diskussion im Verkehrssektor weltweit kriegen, dass sich dann synthetische Kraftstoffe weltweit durchsetzen werden“, so Spaniel.
„Abschaffung des Autos für weite Teile der Gesellschaft“
Der 51-jährige Stuttgarter hält die mit der Elektromobilität gesteckten Ziele für unrealistisch. „Momentan sind wir in einer Wünsch-dir-was-Welt drin, in einer Traumwelt, in der sich jeder seine Fantasien erzählt.“ In naher Zukunft würden viele Leute feststellen, was für Komplikationen und Nebenwirkungen mit diesen Wunschvorstellungen verbunden sind.
Zum Beispiel werde die Mobilität stark eingeschränkt, was einen volkswirtschaftlichen Schaden verursacht. Er prognostiziert: „Viele Leute werden in kürzester Zeit feststellen, dass es für sie kein Auto mehr gibt. Und das wird ein politisches Erdbeben auslösen in Deutschland und auch in anderen Ländern der EU.“
Die Konsequenz der aktuellen Politik sei die Abschaffung des Autos für weite Teile der Gesellschaft. Das werde politische Alternativen beflügeln. Er erwartet, dass die Parteien angesichts dieser Situation ihren Kurs ändern. Spaniel: „Wir müssen auch ganz klar sagen, alles das, was wir in Deutschland machen, spielt doch effektiv überhaupt keine Rolle für den weltweiten CO₂-Ausstoß.“
Mit Material von afp und dpa.
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