Nur 18 Prozent glauben an Ampel-Wiederwahl – 73 Prozent unzufrieden

Die Kindergrundsicherung wird zur nächsten Zerreißprobe für die Ampel. Mittlerweile äußern sich 73 Prozent als unzufrieden mit dem Regierungsbündnis. Nicht einmal ein Fünftel rechnet mit einer Wiederwahl.
Titelbild
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).Foto: CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images
Von 27. August 2023

Am Dienstag, 29. August, steht die Ampelkoalition vor einer neuerlichen Zerreißprobe. Die zweitägige Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg könnte zur letzten Gelegenheit für eine Einigung zur geplanten Kindergrundsicherung werden. Am Freitag war einem Bericht der „Zeit“ zufolge ein weiterer Einigungsversuch gescheitert. Am Sonntag soll es wiederum Gespräche geben. Unterdessen hat die Unzufriedenheit mit der Ampel ein neues Rekordhoch erreicht.

Mehrheit glaubt an Fortbestehen der Ampel bis zum Wahltag

YouGov hat im Auftrag der „Deutschen Presse-Agentur“ die aktuelle Stimmungslage im Land erhoben. Demnach äußern sich nur noch 23 Prozent der Befragten zufrieden mit der Arbeit des Regierungsbündnisses. Die gegenteilige Ansicht äußern 73 Prozent.

Der gleiche Prozentsatz hält es für unwahrscheinlich, dass die Ampel bei der Bundestagswahl 2025 ein Mandat zum Weiterregieren erhalten wird. Demgegenüber glauben nur 18 Prozent, dass Bundeskanzler Olaf Scholz das Bündnis aus SPD, Grünen und FDP in eine zweite Legislaturperiode führen kann.

Von knapp 1.300 Befragten äußerten 68 Prozent die Ansicht, die Ampel sei nicht in der Lage, die drängenden Probleme des Landes zu lösen. An ein vorzeitiges Ende der Koalition glauben allerdings nur 35 Prozent. Demgegenüber rechnen 45 Prozent der Befragten damit, dass das Bündnis bis zum Wahltag halten wird.

Bundeskanzler Scholz persönlich attestieren sogar 66 Prozent der Befragten eine schlechte Arbeit. Aber auch Robert Habeck (63 Prozent), Christian Lindner (57 Prozent) und Annalena Baerbock (52 Prozent) bekommen mehrheitlich schlechte Noten.

Bundestag soll Heizungsgesetz im September beschließen

Im bisherigen Laufe des Jahres hatten sich bereits zu mehreren Gelegenheiten Bruchlinien innerhalb des Bündnisses gezeigt. So waren aus der FDP mehrfach massive Vorbehalte gegen das von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vorgelegte sogenannte Heizungsgesetz laut geworden.

Die Liberalen forderten mehrfach eine Überarbeitung des Zeitplans, mehr Technologieoffenheit und eine klarere Kommunikation von Kosten und Nutzen. Erst spät einigte sich die Koalition darauf, der kommunalen Wärmeplanung eine zentrale Rolle bei der geplanten „Wärmewende“ einzuräumen.

Allerdings war die Ampel auch jüngst anlässlich einer Anfrage der Unionsfraktion nicht in der Lage, den realen Effekt der geplanten Novelle zum Gebäudeenergiegesetz zu beziffern. Das Bundesverfassungsgericht hatte die geplante Verabschiedung des Gesetzes vor der Sommerpause gestoppt. Nun strebt die Koalition eine solche für September an.

Kein Konsens in der Ampel über einen subventionierten „Industriestrompreis“

Deutlich weniger Aussichten auf eine Einigung bestehen mit Blick auf die Pläne von Grünen und SPD, Industrieabwanderung durch einen subventionierten Strompreis gegenzusteuern. Zuletzt hatte sich auch die SPD-Bundestagsfraktion für einen „Transformationsstrompreis“ von fünf Cent für energieintensive Unternehmen ausgesprochen. Dieser soll, so das „Handelsblatt“, vorerst für fünf Jahre gelten.

Dabei hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz erst kürzlich auf dem Unternehmertag NRW in Düsseldorf gegen eine „Dauersubvention von Strompreisen mit der Gießkanne“ ausgesprochen. Immerhin hatte die EU-Kommission vor wenigen Wochen grünes Licht für die gezielte Zwei-Milliarden-Euro-Subvention für thyssenkrupp gegeben. Sie sollte den Umbau zur Produktion von „grünem Stahl“ erleichtern.

Die Stahlproduktion in Deutschland befindet sich aufgrund der hohen Strompreise in der Krise. Die Strompreise werden auch die Produktion von „grünem Stahl“ teuer halten. Star-Ökonom Daniel Stelter rechnet mit einem weiteren Abwandern von Industrieunternehmen.

In Deutschland würden Hersteller von grünem Stahl nur dann bleiben, wenn sie auf die Subventionen angewiesen seien, so Stelter. Wer auch ohne die Subventionen auf dem Markt überlebensfähig sei, gehe dorthin, wo die Energiepreise von sich aus günstig seien.

Lindner hält Kindergrundsicherung in der von Paus angestrebten Form nicht für machbar

In der kommenden Woche steht jedoch die geplante Kindergrundsicherung im Fokus der Kabinettsklausur. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte zuletzt das geplante Wachstumschancengesetz im Bundeskabinett blockiert. Der von Bundeswirtschaftsminister Christian Lindner (FDP) präsentierte Entwurf sieht Steuererleichterungen für Unternehmen in Höhe von 6,5 Milliarden Euro vor.

Paus wollte mit diesem Schritt die Finanzierung der von ihr angestrebten Kindergrundsicherung erzwingen. In dieser sollen künftig das Kindergeld, der Kinderzuschlag, das Bürgergeld oder die Sozialhilfe für Kinder zusammenfließen. Dazu kommen Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket.

Minister Lindner hatte wiederholt betont, die Wünsche von Kabinettskollegin Paus in Sachen Kindergrundsicherung nicht vollständig erfüllen zu können. Paus hatte zunächst mindestens 12 Milliarden Euro für die Finanzierung des Vorhabens gefordert, das mehrere bisherige Unterstützungsleistungen zusammenfassen soll. Nun gebe es einen Entwurf, der bis zu 3,5 Milliarden Euro im Jahr vorsehe – und eine zeitliche Befristung auf 12 Monate.

(Mit Material von dpa)



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