Michael Meyer-Hermann: Wer ist der neue Corona-Berater von Kanzlerin Merkel?
Meyer-Hermann statt Drosten. Physiker statt Virologe. Braunschweig statt Berlin. Diesmal war es nicht der Virologe Christian Drosten, der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten für die weitere deutsche Corona-Politik beriet. An seiner Statt stand der in der breiten Öffentlichkeit bisher eher unbekannte Forscher Michael Meyer-Hermann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig.
Während der Name Christian Drosten oder auch der Name des Präsidenten des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, mittlerweile in der breiten Bevölkerung bekannt sind, trat Meyer-Hermann bisher nur vereinzelt öffentlich in Erscheinung.
Fünf vor Zwölf ist lange vorbei
Im Auftrag der Bundeskanzlerin stellte Meyer-Hermann gleich zu Beginn der stundenlangen Debatte am Mittwoch seine Simulation vor. Die von Meyer-Hermann erstellten Modellierungen gäben Anlass zu großer Sorge.
Laut dem Braunschweiger Forscher befinde sich Deutschland bezüglich der Corona-Pandemie bereits wieder in der Phase des exponentiellen Wachstums. „Ich denke, das war recht einleuchtend und auch hilfreich“, sagte Merkel über den Vortrag.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) machte sich direkt eine Feststellung zu eigen, die Meyer-Hermann in seinem Eröffnungsvortrag getroffen haben soll: Demnach ist es nicht fünf vor zwölf, sondern bereits zwölf.
Physiker, Mathematiker, Philosoph
Der 1967 geborene Meyer-Hermann studierte Physik, Mathematik und Philosophie in Frankfurt am Main und Paris. Mit 30 Jahren promovierte er in Frankfurt über Theoretische Elementarteilchenphysik. Anschließend arbeitete er in Dresden, Frankfurt am Main sowie im britischen Oxford in der Neurobiologie und Immunologie und hatte Professuren in Jena und Braunschweig inne. Seit 2010 leitet Meyer-Herrmann die Abteilung System Immunologie am Helmholtz-Zentrum in Braunschweig.
Seine Forschung zielt neben der Entwicklung von neuen Methoden in der Theoretischen Zellbiologie auf grundsätzliche Fragen zur Funktionsweise des adaptiven Immunsystems sowie zur Wechselwirkung des Nerven- und des Immunsystems. Dazu möchte er mathematische Methoden als Standardwerkzeug in der biologischen und immunologischen Erforschung von Krankheiten und Therapien etablieren.
Das Ziel der Abteilung System Immunologie ist, das Immunsystem mit Hilfe der Mathematik zu verstehen. Dabei sollen mathematische Modelle helfen, Krankheiten schneller und besser zu erforschen, die mit dem Immunsystem in Verbindung stehen. In verschiedenen Arbeitsgruppen untersuchte Meyer-Hermann chronisch-entzündliche Krankheiten, die Steuerung von speziell auf Erreger angepasste Immunantworten sowie die Wechselwirkung des Nerven-, des endokrinen und des Immunsystems.
Der reinen Wissenschaft fehlt der Bezug zu den echten Problemen der Menschen
Im Kanzleramt, so berichteten die Nachrichtenagenturen, warnte er erneut „vor den Gefahren der Corona-Pandemie“ und sprach sich für konsequente Einschränkungen aus.
Meyer-Hermann veröffentlichte etwa im Frühjahr mit dem Münchner ifo-Institut eine Studie, in der er wegen langfristiger wirtschaftlicher Nachteile zu starke Lockerungen der damaligen Einschränkungen ablehnte. Auch die umstrittenen Schulschließungen verteidigte er damals als sinnvolle Maßnahme.
Die Webseite des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung verrät zudem einige seiner früheren Publikationen: Die Suche in der Publikationsdatenbank offenbart sieben Zeitschriftenartikel und Buchbeiträge unter dem Namen Meyer-Hermann. Von 2010 bis 2012 beschäftigte er sich unter anderem mit der Zelldynamik bei Tumor-Sphäroid-Bestrahlung, Eierstockkrebs und der Messung von Ratteninsulin-Granulaten. Im Jahr 2019 publizierte er zum Thema ambulant erworbene Lungenentzündungen.
Als einen „Grenzgänger der Wissenschaft“, beschrieb das Helmholtz-Institut Meyer-Hermann im Jahr 2018. In der reinen Wissenschaft vermisse er demnach den Bezug zu den echten Problemen der Menschen. In der Corona-Pandemie machte er sich deshalb daran, deren Verlauf mit mathematischen Modellen vorherzusagen.
Merkel: Anstieg stoppen, „sonst wird das kein gutes Ende nehmen“
Dank riesiger Datenmengen und Unterstützung durch das Forschungszentrum in Jülich wurden seine Modelle in den vergangenen Wochen immer genauer. Getragen von der Erkenntnis, dass sich die Folgen des Verhaltens des aktuellen Tages erst etwa eine Woche oder zehn Tage später im Infektionsgeschehen abbilden, versuchen sie die weiteren Entwicklungen – auf den Tag genau – abzubilden.
Was genau Meyer-Hermann für welchen der kommenden Tage an Entwicklungen prognostizierte, sagte Merkel nicht. Die Bundeskanzlerin machte jedoch keinen Hehl daraus, dass sie besorgt aus dem Treffen ging. Der von Meyer-Hermann festgestellte exponentielle Anstieg der Infektionszahlen müsse gestoppt werden: „Sonst wird das kein gutes Ende nehmen“, sagte Merkel.
(Mit Material der Nachrichtenagentur und des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung)
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