Merkel soll Großkreuz bekommen – „eine Farce“, findet Julian Reichelt
Nur noch wenige Tage, dann soll Altbundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das Bundesverdienstkreuz verliehen werden. Das Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik in besonderer Ausführung ist die höchste Ehrung, die Bundesbürger verliehen bekommen können. Die Verleihung soll am Montag, 17. April 2023, durch Bundespräsident Franz-Walter Steinmeier (SPD) erfolgen. Sie findet auf Steinmeiers Amtssitz, Schloss Bellevue in Berlin, statt.
Bei so viel Ehre gibt es jedoch auch Kritik. Der ehemalige Chefredakteur der „Bild“, Julian Reichelt, nimmt kein Blatt vor den Mund. Er bezeichnet Angela Merkel als „überaus schlechte Regierungschefin“ und die Verleihung eine „Farce“.
Unionsspitze nicht auf Gästeliste
Zahlreiche Gäste aus Politik und Gesellschaft werden erwartet, wenn Angela Merkel am kommenden Montag das Großkreuz erhalten soll.
Bemerkenswert: Die derzeitigen Spitzen von CDU und CSU, Friedrich Merz und Markus Söder, sollen nicht auf der Gästeliste stehen, schreibt der „Stern“. Das Magazin hatte auch zuerst über die Verleihungspläne von Bundespräsident Steinmeier berichtet. Auch weitere derzeitige Spitzenpolitiker in Deutschland sind nicht auf der Gästeliste zu finden.
Neben Angela Merkels Ehemann Joachim Sauer finden sich unter den Eingeladenen frühere Weggefährten der Altkanzlerin. Unter anderem werden die ehemaligen CDU-Kanzleramtschefs Thomas de Maizière, Ronald Pofalla, Peter Altmaier und Helge Braun erwartet.
Auch Ex-Regierungssprecher Steffen Seibert und Merkels engste Mitarbeiterinnen Beate Baumann und Eva Christiansen sollen kommen. Ebenso geladen: Merkels CDU-Freundin Annette Schavan und auch der ehemalige SPD-Vizekanzler Franz Müntefering (Kabinett Merkel I, 2005 – 2009) steht auf der Gästeliste, schreibt der „Merkur“. Auch „Klinsi“ ist aufgeführt, der frühere WM-Fußballnationaltrainer (1998, Frankreich) und Weltmeister (1990, Deutschland) Jürgen Klinsmann.
Reichelt über Merkel und Steinmeier
Der Journalist Julian Reichelt ging in seiner YouTube-Sendung „Achtung Reichelt!“ auf verschiedene Etappen der 16-jährigen Kanzlerschaft Merkels ein – und warum die frühere Kanzlerin seiner Meinung nach für diese außerordentliche Ehrung nicht geeignet sei.
„Das hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier entschieden“, so Reichelt, der darauf hinwies, dass Steinmeier jahrelang unter Merkel als Außenminister fungiert habe und ihr auch seinen „sagenhaften Aufstieg ins Schloss Bellevue“ verdanke. Dabei habe Steinmeier unter Merkels Schutz, so Reichelt, „bei so ziemlich jeder außenpolitischen Entscheidung, die er zu treffen hatte, komplett historisch falsch gelegen“. Dennoch sei er „von Angela Merkel“ zum Bundespräsident „befördert“ worden.
Merkels Atomausstieg
Angela Merkel sei fleißig gewesen, so Reichelt, vor allem darin, „ihre eigene Macht zu erhalten“. In ihrer ersten Amtsperiode habe Merkel keine einzige bedeutende Entscheidung getroffen, die sie von anderen Bundeskanzlern abgehoben oder für die sie Deutschlands höchste Ehrung verdient hätte, so Reichelt.
In ihrer zweiten Kanzlerschaft habe Merkel eine folgenschwere „historische Entscheidung“ getroffen, „die wir heute auf unserer Stromrechnung spüren“, den Atomausstieg nach der Reaktorkatastrophe 2011 von Fukushima. Ein Seebeben, ein Tsunami mit 20.000 Opfern und eine Reaktorkatastrophe mit einem Todesopfer nach sieben Jahren. Laut Medienberichten konnte ein UN-Report im Frühjahr 2021 keine statistisch belegbaren Strahlenschäden durch Fukushima nachweisen.
„Im 9.000 Kilometer entfernten Deutschland, wo es noch nie einen Tsunami gab“ und auch nur schwache Erdbeben, so Reichelt, verkündete Angela Merkel: „In Fukushima haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass selbst in einem Hochtechnologieland wie Japan die Risiken der Kernenergie nicht sicher beherrscht werden können.“ Julian Reichelt: „Angela Merkel sorgte dafür, dass wir unsere Atomkraftwerke runterfahren werden und den Import von Gas aus Russland dramatisch nach oben fuhren.“ Kein einziges Land der Welt sei Angela Merkel „in ihrer einsamen Entscheidung“ gefolgt.
Eurokrise und offene Grenzen 2015
In der dritten Amtszeit von Angela Merkel habe sie in der Staatsschuldenkrise eine Entscheidung gefällt, die „für den deutschen Steuerzahler bis heute sehr, sehr teuer ist“ – gegen den Rat ihres damaligen Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU), erklärte Reichelt. Es ging um Griechenland und den Euro.
Dann kam 2015 und Merkels „nächste historische Fehlentscheidung“. Aus aller Herren Länder kamen Menschen nach Deutschland. „Alle waren plötzlich Syrer“, erinnert sich Reichelt. Gesetzeslage in Deutschland sei gewesen: „Syrer war, der sich als Syrer bezeichnete“, so Reichelt.
Während andere Länder ihre Grenzen schlossen und signalisierten, dass man nicht alle aufnehmen könne, öffnete Angela Merkel die Grenzen. Angela Merkel machte Selfies mit mehreren Migranten und sendete damit politische Signale. Laut Reichelt habe es daher nur eine einzige Erklärung für diese Bilder gegeben: „Angela Merkel wollte diese Bilder.“
Corona – auf den Spuren der SED
Dass Angela Merkel sehr wohl dazu fähig war, Grenzen zu schließen und zu kontrollieren, zeige sich laut Reichelt in der Corona-Pandemie, sowohl an den Bundesgrenzen als auch an den Grenzen der Bundesländer zueinander. „Man durfte nicht mehr von Hamburg nach Schleswig-Holstein fahren. […] Grenzkontrollen in Deutschland waren plötzlich möglich.“ Die Grenzen seien auch nach außen hin geschlossen worden, nach Dänemark, Holland, Frankreich.
„In unseren Straßen patrouillierten Ordnungshüter und verscheuchten Menschen von Parkbänken. […] Sie klingelten an Türen von Häusern und Wohnungen, um Familien und Freunde zu kontrollieren.“ Schulen und Kitas seien monatelang und gegen den Rat von Kinderärzten und -psychologen geschlossen worden. „All das geschah nicht nur mit Billigung von Angela Merkel. Es war ihre Politik.“
Alles verdeckender Applaus
„Jeder, der hier mit klarem Blick und nüchternem Verstand Bilanz zieht, kann nur zu einem Schluss kommen: Dieser Orden an Angela Merkel ist eine Farce“, so Reichelt.
Die Entscheidung des Bundespräsidenten und der Applaus all jener, die diese Entscheidung begrüßte, hätten einen einfachen Grund: „Mit der Verleihung des Ordens an Angela Merkel verklären sie auch ihr eigenes Tun, ihr eigenes Handeln, ihre eigenen Fehlentscheidungen.“
Orden seien dazu da, Menschen zu ehren, als Vorbilder für künftige Generationen und Kanzler. „Orden setzen Maßstäbe für ein ganzes Land. […] Der Maßstab Angela Merkel darf nicht der Maßstab für Deutschland sein“, findet Reichelt.
Wollte man Reichelt zum Schweigen bringen?
Julian Reichelt wurde im Oktober 2021 vom Axel-Springer-Verlag als „Bild“-Chefredakteur fallen gelassen. Zuvor gab es interne Untersuchungen wegen möglichen Machtmissbrauchs und möglichen privaten Beziehungen zu Mitarbeiterinnen des Unternehmens.
So manche Stimmen gehen allerdings davon aus, dass Reichelt aus dem Weg geräumt wurde, wegen seiner kritischen Berichterstattung über die Flüchtlingspolitik der Regierung, die Energiewende, Cancel Culture und zuletzt auch über die Corona-Maßnahmen.
Auch international hatte sich der ehemalige Bild-Chefredakteur potenzielle Feinde gemacht. Im April 2020 hatte Reichelt von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, dem mächtigsten Kommunisten der Welt, gefordert, die Verantwortung für den Ausbruch der Corona-Pandemie zu übernehmen. Reichelt stellt gegenüber Xi eine Pandemie-Rechnung in Höhe von 140 Milliarden Euro aus.
Merkel, Kohl und Adenauer
Vor Angela Merkel hatten bisher nur Altkanzler Konrad Adenauer (1954) und Helmut Kohl (1998) diese Auszeichnung erhalten. 16 Jahre lang lenkte die CDU-Politikerin die Geschicke der Bundesrepublik Deutschland als Regierungschefin. Nur Helmut Kohl war länger am Ruder, obgleich nur ganze zehn Tage lang.
Das Großkreuz in besonderer Ausführung ist die zweithöchste Stufe des Bundesverdienstkreuzes. Lediglich die Sonderstufe des Großkreuzes ist noch höher als die Angela Merkel zuteil werdende Auszeichnung.
Die Sonderstufe wird lediglich dem jeweiligen deutschen Bundespräsidenten als Ordensherr übergeben, bei Amtsantritt als Insigne. Ansonsten können nur ausländische Staatsoberhäupter und deren Ehegatten die Sonderstufe des Großkreuzes verliehen bekommen – wie Charles III. und Camilla am 29. März beim Deutschlandbesuch des britischen Königspaares.
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