Mehr Solarstrom, mehr Importe: Energiewende verlagert deutsche Stromerzeugung ins Ausland

Noch nie haben „die Erneuerbaren“ einen größeren Anteil an der deutschen Stromerzeugung gehabt als im dritten Quartal 2024. Gründe seien vorrangig günstige Wetterbedingungen und der Zubau an Photovoltaikanlagen. Noch nie musste aber auch so viel Strom importiert werden.
Die Energiewende ist in vollem Gang. Steigende Stromerzeugung der Erneuerbaren geht dabei mit steigenden Stromimporten einher.
Die Energiewende ist in vollem Gang. Steigende Stromerzeugung der Erneuerbaren geht dabei mit steigenden Stromimporten einher.Foto: ts/Epoch Times mit Material von Achim Schneider/reisezielinfo.de/iStock
Von 6. Dezember 2024

„In Deutschland kommt fast zwei Drittel des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energien“, verkündeten die Nachrichtenagenturen am Freitag, 6. Dezember, unter Berufung auf das Statistische Bundesamt (Destatis). Demnach stieg ihr Anteil an der Stromerzeugung im dritten Quartal 2024 auch dank günstiger Wetterverhältnisse auf 63,4 Prozent – ein Höchststand für dieses Jahresviertel. Im Vorjahreszeitraum hatte der Anteil noch bei 60,6 Prozent gelegen.

Wer tiefer in den Daten gräbt, findet einen weiteren Rekord – einen, der mindestens genauso wichtig ist: Laut den Wiesbadener Statistikern wurden zwischen Juli und September 2024 insgesamt über 23,5 Milliarden Kilowattstunden Strom importiert. Auch das ist ein Höchststand für dieses Jahresviertel.

Tatsächlich wurde jedoch nicht nur in keinem dritten Quartal, sondern in keinem einzigen Quartal seit Beginn der Datenerhebung im Jahr 1991 mehr Strom importiert als im dritten Quartal 2024. Verlässt man die streng vierteljährliche Betrachtungsweise und betrachtet stattdessen drei beliebige aufeinanderfolgende Monate, gab es in den vergangenen 33 Jahren nur einen einzigen Fall, in dem binnen dreier Monate mehr Strom importiert wurde: Juni bis August 2024.

Dem Wetter sei Dank

Wie Destatis mitteilte, stieg „die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien […] um 7,1 Prozent“ gegenüber dem Vorjahresquartal. „Mit einem Anteil von 63,4 Prozent des insgesamt erzeugten Stroms“ habe man „einen neuen Höchststand für ein 3. Quartal“ erreicht. Im dritten Quartal 2023 habe der Anteil erneuerbarer Energien noch bei 60,6 Prozent gelegen.

Im Einzelnen speisten Windräder 23,8 Milliarden Kilowattstunden (Terawattstunden, TWh) und damit 0,5 TWh mehr ein als im Vorjahresquartal, was einem Anstieg um 2,4 Prozent entspricht. Solaranlagen lieferten ihrerseits 23,0 TWh. Die Zunahme um 2,8 TWh gegenüber 2023 bedeutet ein Plus von 13,5 Prozent. Dazu schrieb das Statistische Bundesamt:

„Der Anstieg der Stromproduktion aus Photovoltaik und Windkraft ist auf besonders sonnen- und windreiche Monate […] und einen deutlichen Zubau an Photovoltaikanlagen zurückzuführen: Die installierte Leistung war zu Beginn des 3. Quartals 2024 um 20,5 Prozent höher als zu Beginn des 3. Quartals 2023.“

Innerdeutsche Stromerzeugung nach Energieträgern im dritten Quartal 2024.

Im Inland produzierte und ins Netz eingespeiste Strommenge. Foto: ts/Epoch Times nach Statistisches Bundesamt

Leistungsabfall trotz „deutlichem Zubau“

Vergleicht man installierte Leistung und Stromausbeute, folgt zwangsweise der Schluss, dass die Stromerzeugung dem Ausbau hinterherhinkt. So stehen 20,5 Prozent mehr Anlagenleistung lediglich 13,5 mehr Stromeinspeisung gegenüber.

Wie hoch die installierte Solarleistung in den jeweiligen Quartalen war, teilten die Wiesbadener Statistiker nicht mit. Aus einer früheren Meldung geht hervor, dass im April 2024 „auf Dächern und Grundstücken hierzulande gut 3,4 Millionen Photovoltaikanlagen mit einer Nennleistung von insgesamt rund 81.500 Megawatt [MW] installiert“ waren. Auch hier wird von einer Zunahme der installierten Leistung von 20,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gesprochen.

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE liefert auf seiner Website energy-charts.info darüber hinaus – leicht abweichende – Daten für die einzelnen Monate. Um für die folgenden Berechnungen eine einheitliche Datenbasis zu haben, werden hier ausschließlich die Werte des ISE genutzt:

Ausgehend von diesen Angaben kann festgehalten werden, dass im dritten Quartal 2023 (mindestens) 2,7 Millionen Solaranlagen 20,2 TWh Strom ins öffentliche Netz einspeisten. Bezogen auf die im Juni installierte Leistung von 74.630 MW entspricht das 270,7 Gigawattstunden eingespeisten Strom pro Gigawatt installierter Leistung (GWh/GWinst).

Ein Jahr später speisten (mindestens) 3,4 Millionen Photovoltaikanlagen sodann 23,0 TWh Strom ins öffentliche Netz ein. Bei analoger Berechnung und 91,05 GWinst im Juni 2024 sind das nur noch 252,6 GWh/GWinst – und damit rund 6,7 Prozent weniger als im Jahr 2023. Das gleiche Muster zeigt sich, wenn man die Ausbeute der Windkraftanlagen betrachtet. Während die installierte Leistung im vergangenen Jahr um knapp 4,5 Prozent stieg, sank die spezifische Stromausbeute um 2,2 Prozent.

Sind neue Anlagen immer schlechter?

Dass mehr oder neue Anlagen weniger leistungsfähig sind, kann mehrere Ursachen haben. Eine von ihnen lautet, dass neuere Anlagen an immer schlechteren Standorten errichtet werden (müssen), wodurch die durchschnittliche Stromerzeugung mit jeder weiteren Anlage sinkt.

Möglich ist auch, dass zwar immer mehr Anlagen entstehen, diese aufgrund der beschränkten Kapazitäten im Stromnetz aber nicht einspeisen können. In beiden Fällen erscheint der angestrebte weitere Ausbau fraglich.

Ebenso fraglich ist angesichts der Tatsache der sinkenden Leistungsausbeute, inwiefern die „sonnenreichen Monate im dritten Quartal 2024“ tatsächlich für einen Mehrertrag gesorgt haben. Das ist jedoch nicht der einzige Widerspruch, der sich aus der Mitteilung des Statistischen Bundesamtes ergibt.

63,4 Prozent der innerdeutschen Stromerzeugung?

Die Stromerzeugung aus konventionellen Energieträgern sank nach vorläufigen Zahlen im 3. Quartal 2024 gegenüber dem Vorjahresquartal um 4,7 Prozent „auf einen Anteil von nur noch 36,6 Prozent des gesamten inländisch erzeugten Stroms“. Dass letzteres nicht die gesamte Wahrheit ist, beschreibt das Statistische Bundesamt in seinen von den meisten Medien weitgehend ignorierten „methodischen Hinweisen“. Dort heißt es:

In der Statistik erfasst werden alle Kraftwerke und Erzeugungsanlagen in Deutschland, die Strom in das Netz für die allgemeine Versorgung einspeisen.“

Mit anderen Worten, es ist eben nicht der gesamte inländisch erzeugte Strom. So sei „Strom, der in Industriekraftwerken erzeugt und direkt in den Industriebetrieben wieder verbraucht wird“, nicht in den Daten enthalten. Dazu zählen unter anderem die Kraftwerke der Deutschen Bahn. Ebenfalls außen vor ist „Strom, der durch Photovoltaikanlagen privater Haushalte erzeugt und im Haushalt verbraucht wird“.

Welche dieser beiden Strommengen überwiegt, ist unklar. Das gleich gilt für den Anteil „der Erneuerbaren“ am Industriestrom. Da produzierende Betriebe – insbesondere jene, die eigene Kraftwerke haben – auf jederzeit ausreichende zuverlässige Stromversorgung angewiesen sind, dürften Erdgas, Kohle und Öl in diesen Bereichen überwiegen. Infolgedessen ist die Aussage „63,4 Prozent des insgesamt erzeugten Stroms“ höchstwahrscheinlich nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ irreführend.

Höhere Exporte, noch höhere Importe

In vergangenen Jahren sprachen Statistisches Bundesamt und Medien, die sich auf die Wiesbadener beriefen, vielfach vom Anteil der Erneuerbaren am Stromverbrauch. Dass das nachweislich unsauber ist, wurde in der Epoch Times ausführlich thematisiert. In der aktuellen Mitteilung nehmen die Statistiker ausdrücklich Bezug auf Stromerzeugung oder -produktion und weisen Stromim- und -exporte gesondert aus. Der Teufel steckt jedoch auch hier im Detail.

Im Allgemeinen ist hierbei vom Import-Export-Saldo die Rede, sprich der Differenz von Import und Export. Strom ist jedoch ein höchst verderbliches Gut und kann, physikalisch bedingt, kaum „gelagert“ werden. Es muss also zu jeder Zeit genau die Menge ins Netz eingespeist werden, die auch benötigt wird. Eine Summenbetrachtung am Ende eines bestimmten Zeitraums ist damit fachlich nicht zulässig – wird aber dennoch gemacht.

„Der Importüberschuss reduzierte sich von 13,3 im 3. Quartal 2023 auf 11,8 Milliarden Kilowattstunden im 3. Quartal 2024“, fasst Destatis zusammen, erwähnt aber auch die Werte für Im- und Export.

Verlagert sich die deutsche Stromerzeugung ins Ausland? Im Dritten Quartal 2024 wurde wurde doppelt so viel Strom importiert wie exportiert.

Verlagert sich die deutsche Stromerzeugung ins Ausland? Im dritten Quartal 2024 wurde doppelt so viel Strom importiert wie exportiert. Foto: ts/Epoch Times nach Statistisches Bundesamt

Demnach stieg die importierte Strommenge binnen Jahresfrist um 2,2 Prozent auf 23,6 Milliarden Kilowattstunden. Weiter heißt es, „ein deutlicher Zuwachs war bei den Stromexporten zu verzeichnen. Diese stiegen um 19,2 Prozent von 9,9 auf 11,8 Milliarden Kilowattstunden“, und:

Damit wurde doppelt so viel Strom aus dem Ausland importiert wie ins Ausland exportiert.“

Abhängigkeit vom Ausland nie größer

Auf den Seiten des Statistischen Bundesamtes lassen sich die Daten der Stromerzeugung bis ins Jahr 2018 zurückverfolgen, die der -importe und -exporte sogar bis 1991. Dabei fällt nicht nur auf, dass Deutschland seit April 2023 – damals gingen die letzten drei Kernkraftwerke vom Netz – vom Nettoexporteur zum -importeur wurde, sondern dass die Exporte seit dem Jahr 2016 stark steigen, während die Importe tendenziell seither sinken und noch nie mehr Strom importiert werden musste als im dritten Quartal 2024.

Das gilt nicht nur für die dritten Quartale, sondern für alle Quartale seit dem Jahr 1991. Stromimporte von über 20 TWh weisen lediglich drei Quartale seit Beginn der Zeitreihe auf: 2024 Q3 (23,56 TWh), 2024 Q2 (20,73 TWh) und 2023 Q3 (23,15 TWh). Der Spitzenwert vor 2023 beträgt 16,05 TWh und stammt aus dem dritten Quartal 2005.

Verlässt man die Ebene der Quartale und betrachtet alle Zeiträume von drei aufeinanderfolgenden Monaten, gibt es lediglich einen einzigen Fall, in dem die Importe jene aus dem dritten Quartal 2024 übersteigen: Juni, Juli und August 2024. In diesen drei Monaten importierte Deutschland 24,1 TWh Strom.

Die deutsche Stromerzeugung verlagert sich ins Ausland: Stromimporte (rot) -exporte (blau) und Stromaustauschsaldo (grün) in Deutschland seit 1991 nach Quartalen.

Stromimporte (rot) -exporte (blau) und Stromaustauschsaldo (grün) in Deutschland seit 1991 nach Quartalen. Foto: ts/Epoch Times

Erneuerbare können keine Kraftwerke ersetzten

Dass Deutschland auf massive Stromimporte angewiesen ist, scheint angesichts unzähliger Aussagen aus der Politik bezüglich des Gelingens der Energiewende unverständlich. Physikalisch betrachtet ist es dafür umso verständlicher und eine etwas, wovor Fachleute seit Jahren warnen: Die Energiewende selbst ist für die steigenden Importe – und die damit verbundenen Kosten – verantwortlich.

Weil elektrische Energie als solche kaum gespeichert werden kann, müssen sich Einspeisung und Nutzung zu jedem Zeitpunkt die Waage halten. Sonne und Wind lassen sich anders als konventionelle Kraftwerke aber nicht hoch- und runterregeln. Im Gegenteil, sie sind sprichwörtlich eine Laune der Natur und entsprechend schwankt ihre Netzeinspeisung, und zwar erheblich.

Die installierte Gesamtleistung von Photovoltaik- und Windkraftanlagen beträgt derzeit rund 170 Gigawatt. Gebraucht wird davon auch zu Spitzenzeiten nicht einmal die Hälfte. Sollten also einmal die Erneuerbaren ihre Kapazitäten ausschöpfen, muss Deutschland mehr als die Hälfte des inländisch erzeugten Stroms exportieren. Das ist wohl auch der Grund, warum die Exporte im dritten Quartal 2024 höher als im Vorjahr ausfielen.

Allerdings scheint bekanntlich nachts keine Sonne und auch alle Windräder Europas liefern mitunter keinen Strom. In diesen Zeiten muss der Strom aus anderen Quellen kommen, einschließlich aus dem Ausland. Das hat einerseits zur Folge, dass die Importe immer dann in die Höhe schnellen, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht.

Andererseits bedeutet das aber auch, dass weder Solaranlagen noch Windräder konventionelle Kraftwerke ersetzten können. Zumindest so lange nicht, wie es keine ausreichenden Energiespeicher gibt.



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