Kein Wort von Özdemir zur Schieflage – Proteste in der Nähe der Grünen Woche

Die diesjährige Agrarmesse steht im Schatten der Bauernproteste. Deshalb haben sich Hunderte Landwirte und Menschen aus anderen Berufsbranchen vor der Messehalle versammelt, um ein Zeichen zu setzen. Epoch Times war vor Ort.
Titelbild
Landwirte und Lkw-Fahrer protestieren am 19. Januar 2024, dem Eröffnungstag der Agrarmesse Grüne Woche, vor dem Messegelände in Berlin.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von und 19. Januar 2024

Die Bauernproteste setzen sich auch während der diesjährigen Grünen Woche in Berlin fort. Die traditionsreiche Agrarmesse zählt zu den bekanntesten Veranstaltungen in Deutschland. Aussteller und Besucher reisten aus verschiedenen Ländern an.

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) eröffnete am Freitagvormittag, 19. Januar, die Grüne Woche 2024. Bei seiner knappen Eröffnungsrede standen auch die Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) und Berlins Bürgermeister Kai Wegner (CDU) an seiner Seite. Nach Özdemir erhielt auch Wegner die Möglichkeit, die Messebesucher und Aussteller willkommen zu heißen.

Kein Wort zu den Protesten

Özdemir betonte, dass die Grüne Woche „die Vielfalt der deutschen Landwirtschaft abbilden“ wolle.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne, 3.v.l.) hält zusammen mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner (rechts daneben), und einigen anderen Politikern und Funktionären die Eröffnungsrede zur Grünen Woche 2024. Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times

Die Unzufriedenheit der deutschen Landwirte, die sich in den vergangenen rund zwei Wochen in Form von landesweiten Protesten gezeigt hatte, sprachen die beiden Politiker nicht an. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, war zwar auch präsent, ihm wurde aber keine Gelegenheit gegeben, das Wort zu ergreifen.

Allerdings forderte bei einer Fragestunde auf der Messe Rukwied laut einer Pressemitteilung erneut die Bundesregierung auf, ihre Pläne einer Steuererhöhung beim Agrardiesel zurückzunehmen. Der Verbandspräsident warnte:

Wenn jetzt beim Agrardiesel nichts kommt, kommen die nächsten Proteste und Aktionen ab der kommenden Woche. Alles, was bislang angekündigt wurde, hat die Verärgerung der Bauern noch weiter gesteigert, statt beruhigt.“

Landtagsabgeordnete: „Landwirte werden von Politik gegängelt“

Die Epoch Times hatte auf der Messe die Gelegenheit, mit der Landtagsabgeordneten Christine Wernicke (BVB/Freie Wähler) zu sprechen. Sie ist Mitglied des brandenburgischen Landwirtschaftsausschusses und landwirtschaftspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Wernicke bezeichnete die Bauernproteste als „absolut berechtigt“. Die Streichung der Agrardieselbeihilfe und der Wegfall der Kfz-Steuerbefreiung habe das Fass zum Überlaufen gebracht. Ebenso merkte sie an:

Die Landwirte werden schon über viele Jahre von der Politik gegängelt. Es gibt Produktionseinschränkungen, es gibt Auflagen und am Ende tragen immer die Bauern die Kosten dafür. Sie werden nicht auf den Verbraucher umgelegt und am meisten profitiert der Handel.“

Deswegen sei es ihrer Ansicht nach dringend notwendig, die Wertschätzung für die landwirtschaftliche Produktion und ihre Produkte wieder in den Vordergrund zu rücken. „Es geht um die Versorgungssicherheit und das scheint so mancher zu vergessen.“

Zudem bräuchten die deutschen Bauern laut Wernicke gute Arbeitsbedingungen. Erst dann könnten sie gute regionale Produkte erzeugen, die sie auch an den Ständen auf der Grünen Woche präsentieren könnten. Dies wiederum sei auch die Grundlage dafür, dass die Bevölkerung gut ernährt werde. „Wir wollen doch alle sicher kein chemisches Fleisch oder keine chemischen Produkte essen, sondern natürliche und nachhaltig produzierte Lebensmittel“, fügte sie hinzu.

Christine Wernicke (BVB/Freie Wähler) im Gespräch mit der Epoch Times vor Ort bei der Grünen Woche 2024 am 19. Januar 2024. Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times

„Die Proteste sind noch lange nicht vorbei“

Wernicke teilte weiter mit, dass die Grüne Woche die Probleme der Landwirte nicht lösen könne. Stattdessen muss sich „die Politik anders ausrichten“. Die Entscheidungsträger müssten die Landwirtschaft besser unterstützen und die Arbeitsbedingungen dort verbessern.

Die Diplom-Agraringenieurin rief Verantwortliche in der Politik auf, dass diese sich daran gewöhnen müssten, „die Bauern nicht mit einem halben Versprechen wieder beruhigen“ zu können. Politiker müssten den Worten „endlich mal Taten“ folgen lassen. Ebenso äußerte Wernicke sich zur derzeitigen Lage der Proteste. „Die Bauernproteste sind noch lange nicht vorbei. So viel wie ich gehört habe, gehen die Demonstrationen weiter, auch in Berlin.“

Demonstriert haben an diesem Tag vor der Messehalle Hunderte Landwirte und andere Berufsgruppen. Im Vorfeld hatten die Organisatoren des Protests bei der Messe 100 Fahrzeuge angemeldet. Die Ausrichter schätzten aber, dass sich am Protesttag rund 300 Fahrzeuge zusammenfanden. Etwa die Hälfte davon waren Traktoren, die andere Hälfte bestand aus Fahrzeugen, die hauptsächlich dem Handwerk zuzuordnen sind.

Landwirt: „Protest ist verbandsübergreifend“

Die Epoch Times sprach dort mit einigen Demonstranten. Darunter auch mit Marco Hintze, dem stellvertretenden Bundessprecher der Freien Bauern. Er ist selbst Landwirt im Landkreis Havelland in Brandenburg. Er sagte: „Zum Ende unserer Mahnwache, die seit dem 8. Januar läuft, wollten wir noch mal einen Akzent setzen. Und wir hätten gerne die Stulle auf dem Traktor und nicht die Häppchen in der Halle.“

Hintze kritisierte, dass die Politiker sich auf der Messe „durchfüttern und naschen und keine Interviews mit uns zulassen“. Die Protestaktion zeige zudem der Bevölkerung, dass die Landwirte immer noch in der Stadt sind.

Er freue sich über jeden, der sich dem Protest anschließt. „Wir arbeiten verbandsübergreifend. Bei uns ist es egal, ob das der Mittelständler ist, der Spediteur oder der Bauernverband-Mitgliedsbetrieb.“ Der Landwirt zeigte sich „total überwältigt“ über die breitgefächerte Anteilnahme an dem Protest.

Kranfahrer: „Bauern-Soli geht überhaupt nicht“

Zwischen den Traktoren und Lkw befand sich auch ein Kran. Dessen Fahrer, Uwe Schulz, aus Brandenburg, teilte der Epoch Times den Grund für seine Teilnahme am Protest mit: „Weil es uns letztendlich alle angeht. Das sind dann die umgelegten Preise, die wir nachher beim Einkaufen haben.“

Entschieden kritisierte Schulz einen neuen Vorschlag aus der Politik. Ein Bauern-Soli würde seiner Ansicht nach „das Volk noch in Haft nehmen. […] Das geht überhaupt nicht.“

Aus seiner Sicht wäre die einzig richtige politische Entscheidung, die Subventionen für die Landwirte stehenzulassen und gerechter zu machen. Gleichzeitig müssten die Bauern auch bei den Subventionen für Ackerland mitprofitieren können.

Greenpeace: Milch- und Fleischkonsum reduzieren

Vor der Messehalle gab es neben dem Bauernprotest auch einen Protest von der Umweltorganisation Greenpeace. Dessen Teilnehmer übten Kritik an der Milchindustrie, die wesentlich mit ihren Emissionen zur Verschärfung der Erderwärmung beitrage. Das teilte Matthias Lambrecht, Agrarexperte bei Greenpeace, der Epoch Times mit.

„Wir haben das mithilfe einer Input-Output-Rechnung schätzen lassen. Dabei sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass die deutsche Milchindustrie 28 Millionen Tonnen Klimagase pro Jahr emittiert“, so Lambrecht. Die Stahlindustrie liege mit 33 Millionen Tonnen leicht darüber. Dort habe es bereits viele Maßnahmen gegeben. Greenpeace sieht bei der Milchindustrie dringenden Handlungsbedarf und fordert von dieser mehr Transparenz. Klare Vorgaben von der Bundesregierung würden ebenso helfen.

Laut Lambrecht seien aber auch alle Menschen aufgefordert, ihren Milchkonsum zu senken. Ebenso würden die Emissionen aus der Tierhaltung eine wesentliche Rolle spielen. Eine Reduzierung des Fleischkonsums befürwortete der Aktivist deshalb auch.

Allerdings stellt sich hier die Grundfrage, ob CO₂ tatsächlich schädlich für unser Klima ist und eine Gefahr darstellt. Tausende Wissenschaftler inklusive Nobelpreisträger widersprechen bereits offiziell dem herrschenden Klimanarrativ. Dennoch zeigte sich Lambrecht davon überzeugt, dass nur „ganz vereinzelt Menschen das anders sehen“. Der überwiegende Anteil der Wissenschaftler sei hingegen „sehr klar“. Das Thema bleibt weiterhin umstritten.

Die Grüne Woche läuft noch bis zum 28. Januar.



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