Die Ampel bröckelt: Wann tritt Lambrecht zurück?

Seit Monaten steht Verteidigungsministerin Christine Lambrecht in der Kritik. Nach Medienberichten gibt es nun Hinweise auf einen bevorstehenden Wechsel an der Spitze des Ressorts.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (Bildmitte) bei einer Bundeswehrübung im Dezember 2022.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (Bildmitte) bei einer Bundeswehrübung im Dezember 2022.Foto: Jens Schlueter/Getty Images
Epoch Times14. Januar 2023

Wie „Bild“, die „Süddeutsche Zeitung“ und „ntv“ am 13. Januar berichteten, will die SPD-Politikerin Christine Lambrecht als Verteidigungsministerin zurücktreten. Aus dem Ministerium gab es dazu auf Anfrage der „Deutschen Presse-Agentur“ keine Bestätigung. Ein Sprecher erklärte am Abend, dies seien Gerüchte, die nicht kommentiert würden.

Allerdings erhielt die dpa von mehreren Seiten Hinweise darauf, dass Lambrecht in der kommenden Woche eine Entscheidung treffen könnte. Im Fall eines Rücktritts müsste ein nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs zentraler Posten im Ampel-Kabinett von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) neu besetzt werden.

Union fordert Rücktritt Lambrechts

Sprecher von Bundesregierung und SPD wollten sich nicht zu den Berichten äußern. An Lambrechts Amtsführung gab es immer wieder große Kritik, die oppositionelle Union hatte wiederholt ihren Rücktritt verlangt. Unionsfraktionsvize Johann Wadephul forderte nun, schnell Klarheit zu schaffen.

Kritiker hatten Lambrecht (57) etwa die schleppend angelaufene Beschaffung für die Bundeswehr oder fehlende Sachkenntnis, aber auch ihr Auftreten in der Öffentlichkeit vorgeworfen. So machte ein Foto ihres Sohnes auf Mitreise in einem Bundeswehrhubschrauber Negativschlagzeilen. Zuletzt sorgte eine auf Instagram verbreitete Neujahrsbotschaft, in der sie begleitet von Silvesterfeuerwerk über den Ukraine-Krieg sprach, für Irritationen.

Das Verteidigungsministerium ist infolge des Ukraine-Krieges in den Fokus gerückt. Die Bundesregierung hatte als Reaktion ein 100-Milliarden-Euro-Programm aufgelegt, um die Bundeswehr besser auszurüsten – die Modernisierung der Streitkräfte ist eine Mammutaufgabe. Auch bei der Unterstützung der Ukraine spielt das Verteidigungsministerium eine wichtige Rolle. Der Komplettausfall von Puma-Schützenpanzern bei einer Übung erschütterte die Bundeswehr im Dezember 2022 und sorgte für weitere Schlagzeilen.

Mitte Dezember hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) seine Verteidigungsministerin in Schutz genommen. „Die Bundeswehr hat eine erstklassige Verteidigungsministerin“, so Scholz damals gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“. „Über manche Kritik kann ich mich nur wundern.“

Nach Ansicht des Unionsfraktionsvize Wadephul ist Lambrechts Rücktritt überfällig. „Der Kanzler hat zu lange an ihr festgehalten und muss die Unsicherheit jetzt schnell beseitigen. Das können vor allem die Soldaten erwarten.“ Schnell heiße: noch an diesem Wochenende. „In der nächsten Woche tagt der Bundestag, und in Ramstein finden Gespräche über weitere Militärhilfe für die Ukraine statt. Da kann Deutschland nicht mit einer Verteidigungsministerin auf Abruf antreten“, betonte der CDU-Politiker.

Größere Kabinettsumbildung denkbar

Der stellvertretende FDP-Parteivorsitzende Wolfgang Kubicki stellte die Option einer größeren Kabinettsumbildung in den Raum. Eine mögliche Neubesetzung des Verteidigungsministeriums obliege dem sozialdemokratischen Koalitionspartner, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

„Es wäre diesmal gut, wenn dieses immens wichtige Ministerium von jemandem geführt wird, der das nötige Hintergrundwissen mitbringt.“ Kubicki könne nicht bewerten, ob Kanzler Scholz eine größere Kabinettsumbildung erwäge. „Allerdings muss er auch zur Kenntnis genommen haben, dass manch ein sozialdemokratisch besetztes Ressort in der öffentlichen Wahrnehmung nicht das allerbeste Bild abgibt.“

Der Co-Chef der SPD-Linken, Sebastian Roloff, hat indes überrascht auf Berichte über einen bevorstehenden Rücktritt der Ministerin reagiert. „Ich bin bis vor Kurzem davon ausgegangen, dass Frau Lambrecht die angegangenen Aufgaben auch zu Ende führt“, sagte der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des „Forum Demokratische Linke“ dem „Handelsblatt“ (Montagausgabe). Für den Fall eines Wechsels an der Spitze des Ministeriums erwartet Roloff, dass Lambrechts Nachfolger das Beschaffungswesen der Bundeswehr „weiter konsequent reformiert“.

Laut einer Umfrage ist die Mehrheit für einen Rücktritt Lambrechts. Das geht aus dem am 13. Dezember veröffentlichten ZDF-„Politbarometer“ hervor. Demnach sprachen sich 60 Prozent der Befragten für einen Rücktritt der Ministerin aus; 25 Prozent waren dagegen.

Lambrecht hatte das Verteidigungsministerium mit dem Start der Ampel-Regierung im Dezember 2021 übernommen. Zuvor war sie im letzten Kabinett von Angela Merkel (CDU) Bundesjustizministerin gewesen, nach dem Rücktritt von Franziska Giffey hatte sie zusätzlich das Familienministerium geführt.

Diskussion um mögliche Nachfolge

Vielfach wurde schon über einen möglichen Nachfolger für Lambrecht kolportiert. Bereits im Dezember brachte die „Frankfurter Rundschau“ dafür Eva Högl ins Spiel. Diese amtiert seit April 2020 als Wehrbeauftragte des Bundestags. Über einen darüber hinausgehenden militärischen Hintergrund verfügt sie jedoch nicht. Zudem hatte auch Högl bereits mehrfach öffentliche Kritik auf sich gezogen. In einem später gelöschten Tweet bezeichnete sie Abtreibungsgegner in der Union als „widerlich“.

Auch ein Video aus dem Jahr 2017 ist vielen noch in wacher Erinnerung. In diesem lachte und gestikulierte Högl im Hintergrund, während der damalige SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz seine Betroffenheit über einen Terroranschlag in Barcelona zum Ausdruck brachte. (dpa/sua)



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