Abschalt-Faktor X: Kulturministerin Claudia Roth fordert Regulierung

Ob Brasilien, Russland oder Pakistan – Musks Plattform X gerät immer wieder ins Visier von Regierungen, die kritische Inhalte und Meinungsfreiheit unterdrücken wollen. In Deutschland werden nun Forderungen von Politikern laut, die EU solle die DSA-Regeln stärker gegen X durchsetzen. Anlass sind unter anderem politische Kommentare von Musk gegenüber deutschen Politikern zugunsten der AfD.
Die brasilianische Justiz hat die Plattform X in dem südamerikanischen Land blockiert - nun scheint Tech-Milliardär Elon Musks Netzwerk einzulenken. (Foto Illustration
Musk lässt sich kein X für ein U vormachen – und kommentiert weiter die Weltpolitik.Foto: Monika Skolimowska/dpa
Von 6. Januar 2025

Der Widerstand von Medien und Politik gegen die politischen Kommentare von X-Plattform-Inhaber Elon Musk zieht weitere Kreise in Deutschland.

Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hat jetzt eine stärkere Regulierung von X durch die EU gefordert. Aber was kann die EU dem weltweit wohlhabendsten Menschen überhaupt anhaben? In mehreren Ländern ist X bereits komplett abgeschaltet.

EU soll Regeln durchsetzen

Der Tech-Milliardär ist mittlerweile bekannt dafür, auf seiner Plattform Politik zu kommentieren. Er tut dies nun verstärkt auch bei deutschen Themen. Die „FAZ“ findet, dass Musk deutsche Spitzenpolitiker „attackiert und bepöbelt“. Unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wurde von Musk als ein „inkompetenter Idiot“ bezeichnet.

Viele deutsche Politiker der etablierten Parteien hatten Musks Äußerungen als Angriffe verurteilt. Wirtschaftsminister Robert Habeck kam auf den „Spiegel“-Titel mit der Überschrift „Hände weg von unserer Demokratie“. Andere Politiker wie SPD-Chef Lars Klingbeil fordern die EU auf, die Aufsicht auf Musks Onlinenetzwerk X zu verstärken. In der „Rheinischen Post“ sagte er: „Ich sehe da vor allem die EU in der Pflicht, Regeln auch durchzusetzen.“ Musk gehe es darum, seine Kommunikationsmacht zu nutzen, um Meinung und Wahlen zu beeinflussen und Geld zu machen.

Musk ist derzeit mit Abstand der weltweit vermögendste Mensch. Sein Vermögen wird auf etwa 425 Milliarden US-Dollar geschätzt (Stand: 6. Januar 2025). Der Reichtum des Unternehmers resultiert hauptsächlich aus seinen Beteiligungen an Unternehmen wie Tesla, SpaceX und anderen Technologieunternehmen. Den Nachrichtendienst Twitter, mittlerweile X genannt, hatte er im Jahr 2022 für 44 Milliarden gekauft.

Für Claudia Roth ist Musk eine Gefahr für die Demokratie

Jetzt äußerte sich auch Kulturstaatsministerin Roth in einem Interview mit „Table.Media“ kritisch gegenüber Musk in Bezug auf dessen Bezeichnung von Präsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) als „antidemokratischen Tyrannen“.

„Der Bundespräsident repräsentiert unser Land. Wer ihn verunglimpft, der verunglimpft Deutschland“, so Roth.

Nach ihrer Aussage ist die Kombination aus „wirtschaftlicher Macht und Kommunikationsmacht“, wie sie bei Musk vorliege, eine Gefahr für die Demokratie. Journalismus sei in der Medienordnung besonders geschützt, um zu verhindern, dass solche Machtkonzentrationen Demokratien untergraben.

Um die „Funktionsfähigkeit einer demokratischen Öffentlichkeit“ sicherzustellen, forderte Roth eine bessere Regulierung von Medienplattformen. „Gerade auch weil die sogenannten Plattformen keine Plattformen für fremde Meinungen allein sind, sondern massiv eigene Meinungen verbreiten.“

Sie verwies auf bereits beschlossene Richtlinien wie die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, das europäische Medienfreiheitsgesetz und den Digital Services Act (DSA), die Schutzstandards im Onlinebereich setzen und die EU-Kommission als Regulierungsbehörde etablieren.

„Diese neue Verantwortung muss die Kommission jetzt mit den nationalen Regulierern wahrnehmen“, forderte Roth.

Zufluchtsort für Desinformation?

Die drei von Roth ins Argumentationsfeld geführten europäischen Richtlinien fördern nach offizieller Lesart Fairness, Sicherheit und Pressefreiheit. Kritiker hingegen befürchten Überregulierung, Bürokratie und eine zunehmende Gefahr von Zensur. Die Vorschriften des DSA machen die Plattformen – darunter Facebook, YouTube und ebenfalls X – für die Entfernung schädlicher Inhalte und sogenannter Fehlinformationen verantwortlich. Bei Verstößen drohen saftige Geldstrafen in Höhe von 6 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes der Plattform.

Musk und seine X-Plattform stehen seit seiner Übernahme im Jahre 2022 im Fokus der Europäischen Union. Im Dezember 2023 leitete die EU-Kommission ein formelles Verfahren gegen X ein, um die Einhaltung der DSA-Vorgaben sicherzustellen. Die EU warf im Juli der Plattform vor, dass sie zu einem Zufluchtsort für Desinformation und illegale Inhalte geworden sei.

Auf Konfrontationskurs mit der EU

Zusätzlich zu den formellen Maßnahmen gab es öffentliche Auseinandersetzungen zwischen Musk und EU-Vertretern. Ein Konflikt zwischen dem damaligen EU-Binnenkommissar Thierry Breton und Musk eskalierte im August 2024 im Vorfeld eines geplanten Interviews mit dem damaligen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump auf X.

Breton „erinnerte daran“, dass Plattformen gemäß dem DSA verpflichtet sind, gegen die Verbreitung „schädlicher Inhalte vorzugehen“. Musk reagierte auf Bretons Warnung mit einem provokanten Meme und beschuldigte die EU, in die US-Politik einzugreifen.

Die „FAZ“ schrieb zu den Folgen: „Auch die letzte Intervention von Breton gegen X im Sommer vergangenen Jahres erwies sich eher als Schuss ins Leere.“

Die Europäische Kommission distanzierte sich von Bretons Vorgehen, seinen Posten als EU-Kommissar musste er im September 2024 abgeben.

Dennoch tritt der Franzose aktuell noch einmal über Bande gegen Musk in Erscheinung: Er nutzt Musks Plattform dafür, um AfD-Chefin Alice Weidel anzumahnen wegen möglichen missbräuchlichen Verhaltens nach dem DSA, als ein angekündigtes Gespräch am 9. Januar zwischen Weidel und Musk im Vorfeld der Wahlen in Deutschland bekannt gegeben wurde.

Zuvor hatte Musk sich dafür ausgesprochen, die AfD zu wählen. Er kommentierte mit den Worten „Nur die AfD kann Deutschland retten“ auf X einen Videoclip der libertären Influencerin Naomi Seibt, welche für den englischsprachigen Raum deutsche Politik kommentiert.

Im internationalen Fadenkreuz

Bevor Musk seinen Scheinwerfer auf Deutschlands Politik und seine Protagonisten gerichtet hat, hat er schon sein Schlaglicht in anderen Ländern auf das Thema Meinungsfreiheit gerichtet.

So in Brasilien, wo X auf richterliche Anordnung hin kritische Accounts sperren und eine Millionenstrafe (umgerechnet knapp fünf Millionen Euro) zahlen musste, als im Herbst nach mehr als einem Monat die Sperre gegen die Onlineplattform in dem südamerikanischen Land wieder aufgehoben wurde.

Zuvor hatte der brasilianische Verfassungsrichter Alexandre de Moraes im August 2024 die Still­legung von X im größten Land Latein­ame­rikas mit 22 Millionen aktiven X-Nutzern ange­ordnet.

Mit der Sperrung eskalierte ein monatelanger Streit zwischen dem Milliardär und dem lateinamerikanischen Land. Es ging unter anderem um freie Meinungsäußerung und Beiträge zur Präsidentenwahl im Jahr 2022 in Brasilien, die Richter Moraes als Fehlinformationen bezeichnete. Musk hatte Moraes einen Angriff auf die Meinungs­frei­heit vorge­worfen und ihn unter anderem als „bösen Diktator“ betitelt.

VPN als Lösung bei Blockade?

Weltweit haben zahlreiche Länder die Plattform bereits blockiert. Gerade in politisch brisanten Situationen wie bei Protesten durch die Bevölkerung war die Plattform schnell im Abschaltfokus der Machthaber, manchmal auch nur temporär.

Laut Angaben von Surfshark, einem Virtual-Private-Network-Dienst (VPN), der den Zugriff auf geografisch eingeschränkte Inhalte ermöglicht, ist X in Eritrea, China, Nordkorea, Iran, Myanmar, Pakistan, Turkmenistan und Russland unzugänglich. In über 30 weiteren Ländern war X seit 2015 mindestens einmal gesperrt, so das Statistik-Portal „Statista“.

Wer mithilfe so einer VPN-Verbindung – in der Zeit als X in Brasilien gesperrt war – auf den Kurznachrichtendienst zugreifen wollte, dem drohte übrigens eine Geldstrafe von rund 8.000 Euro – pro Tag.

In Russland nutzen viele X über VPN-Dienste und umgehen damit das Verbot. Moskau hatte den Zugang zu Twitter ab dem Jahr 2021 durch Verlangsamung des Dienstes eingeschränkt und kurz nach Beginn des Ukraine-Krieges im Jahr 2022 vollständig blockiert.

Dauerhaft abgeschaltet in China und Co.

In China ist X als Twitter seit 2009 verboten. Auch nicht zurückgenommen wurde das X-Verbot in Venezuela nach der umstrittenen Wahl von Venezuelas Präsident Nicolás Maduro im Juli 2024. Die zunächst für zehn Tage angeordnete Sperre von X vom August 2024 dauert bis heute an.

Im Jahr 2010 begann das zentralasiatische Land Turkmenistan damit, Twitter zu blockieren und seine Behörden überwachen bis heute den Zugang zum Internet. In Südostasien kann in Myanmar seit Februar 2021 im Rahmen des Militärputsches nicht mehr auf den Onlinedienst zugegriffen werden, der gesamte Internetzugang im Land wird kontrolliert. Auch in Pakistan ist X seit den Parlamentswahlen im Februar 2024 verboten und bis heute gesperrt.

Im Jahr 2016 verbot Nordkorea X wie auch die Onlinedienste Facebook und YouTube. Im Oktober 2020 eröffnete Nordkorea dann wieder zwei eigene Twitter-Konten, wie „ABC News“ berichtet, die Inhalte ähnlich den staatlichen nordkoreanischen Medien verbreiten und Südkorea für ihre Nähe zu den USA kritisieren.



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