Wie konnten die Walkie-Talkies explodieren?
Im Rahmen einer mutmaßlichen Anschlagsserie explodierten am Mittwoch, 18. September, Hunderte Walkie-Talkies von Hisbollah-Mitgliedern. Dadurch verloren 25 Menschen ihr Leben, mehr als 600 wurden verletzt. Das teilte das Gesundheitsministerium des am Mittelmeer liegenden Landes mit.
Erst einen Tag zuvor explodierten zahlreiche Pager. Die kleinen Kommunikationsgeräte rissen dabei mindestens zwölf Menschen in den Tod, es gab Tausende Verletzte.
Modell seit zehn Jahren nicht mehr gebaut
Von den Pagern ist bekannt, dass sie mit Sprengstoff präpariert wurden. Allerdings steht bislang nicht fest, wer die Pager wie und wo manipuliert hat. Manche Medien sprechen davon, dass israelische Agenten die Funkempfänger vermutlich vor ihrer Lieferung in den Libanon abgefangen und mit Sprengstoff präpariert hätten.
In Videos von Supermärkten und anderen öffentlichen Räumen ist zu sehen, wie es zu kleineren Explosionen in unmittelbarer Nähe von Menschen kam.
Bislang ist jedoch noch nicht bekannt, wodurch die Walkie-Talkies und andere elektronische Geräte explodiert sind.
„Das IC-V82 ist ein Handfunkgerät, das von 2004 bis Oktober 2014 gebaut und exportiert wurde, unter anderem in den Nahen Osten“, teilte das Unternehmen Icom am Donnerstag mit. Auf den betroffenen Geräten ist das Logo des Unternehmens. „Die Produktion wurde vor etwa zehn Jahren eingestellt und von unserem Unternehmen nicht mehr ausgeliefert.“
Das japanische Unternehmen fügte hinzu, dass die Batterien, die für den Betrieb des Geräts erforderlich sind, dessen Verkauf vor etwa zehn Jahren eingestellt wurde, ebenfalls nicht mehr hergestellt würden.
Zudem erklärte Icom, dass ebendiese Geräte kein Hologramm-Siegel oder ähnliche Schutzmaßnahmen gegen Produktfälschung hätten. „Deshalb ist es nicht möglich, festzustellen, ob die Produkte von unserer Firma ausgeliefert wurden.“ Ebenso wäre es möglich, dass eine andere Produktionsstätte diese Walkie-Talkies illegal nachgebaut und leicht angreifbar gemacht hat. Dabei hätte auch ein Sprengsatz eingebaut werden können.
Fachmann: Kilometerweiter Abstand bei Funk möglich
Marc Ruef, Mitbegründer der scip AG, ist Fachmann für Cybersicherheit. Gegenüber der Schweizer Zeitung „20 Minuten“ erklärte er, wie es technisch möglich ist, auf Pager und Walkie-Talkies zuzugreifen. Er sagte:
Vernetzte Geräte kommunizieren über sogenannte Protokolle. Diese definieren die Sprache und die Struktur der Kommunikation. Ob und inwiefern sich ein Pager, Walkie-Talkie oder Solarpanel kompromittieren lassen, ist von der Sicherheit der Implementierung dieses Protokolls abhängig. Grundsätzlich kann man sagen, je komplexer ein Gerät beziehungsweise dessen Kommunikationsfähigkeiten sind, desto größer ist die Angriffsfläche.“
Weiter sagte Ruef: „In Bezug auf Angriffsverhalten unterscheiden sie [Walkie-Talkies] sich eigentlich wenig von anderen Funktechnologien, wie zum Beispiel Bluetooth oder Wi-Fi.“ Das bedeutet, dass sich Angreifer auch bei analoger Funktechnologie Zugriff auf die Zielgeräte verschaffen können.
Einen gravierenden Unterschied gibt es jedoch zwischen der Zugriffsmöglichkeit auf analoge Funkgeräte und der von Bluetooth oder Wi-Fi-Geräten: der physische Abstand. Dazu schilderte Ruef:
Im Fall von Bluetooth kann es sich um Meter handeln. Im Fall von Analogfunk reden wir schnell von Kilometern.“
Sind unsere Mobiltelefone jetzt eine Gefahr?
Falls sich nun einige Menschen fragen, ob auch unsere Mobiltelefone durch Angriffe von außen zur Mini-Bombe werden können, gibt Nico Lange Entwarnung. Er ist leitender Mitarbeiter der Münchner Sicherheitskonferenz.
„Da muss jetzt keiner Angst haben. […] Die ersten Theorien, die da kursierten, man habe nur per Software und per Hack alle gleichzeitig über die Batterien zum Explodieren bekommen, das ist, glaube ich, eher was für einen Science-Fiction-Film“, so Lange, der auch Lehrbeauftragter der Universität Potsdam für Militärgeschichte ist, gegenüber dem WDR.
„Das ist in dieser Weise nicht möglich.“ Nach Langes Aussage schalten sich heutige Mobiltelefone ab, wenn sie zu heiß werden.
Kämpfe haben sich verschärft
Nach fast einem Jahr Krieg zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen haben auch die Kämpfe zwischen der israelischen Armee und der mit der Hamas verbündeten Hisbollah im Libanon deutlich zugenommen. Zehntausende Menschen auf beiden Seiten der Grenze mussten fliehen.
Die israelische Regierung hatte am Montag die Ausweitung ihrer Ziele im durch den Hamas-Überfall am 7. Oktober ausgelösten Krieg auf die Hisbollah im Libanon angekündigt. Am Mittwoch erklärte Verteidigungsminister Joaw Galant, der Schwerpunkt des Krieges verschiebe sich für Israel Richtung Norden. Ressourcen würden dieser Front zugewiesen, Israel stehe am Beginn einer neuen Phase des Krieges, betonte Galant.
Die pro-iranische Hisbollah-Miliz hat für Donnerstag um 16:00 Uhr MESZ eine Stellungnahme ihres Chefs Hassan Nasrallah angekündigt.
(Mit Material von AFP)
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