Manipulierte Pager: Sowohl taiwanische als auch ungarische Firma streiten Herstellung ab

Im Libanon explodieren zeitgleich Hunderte Funkempfänger. Die mit Sprengstoff präparierten Pager der pro-iranischen Hisbollah-Miliz im Libanon wurden nach Angaben des taiwanischen Unternehmens Gold Apollo von seinem ungarischen Partnerunternehmen hergestellt. Was bislang bekannt ist.
Titelbild
Krankenwagen versammeln sich am Eingang des American University of Beirut Medical Centers, nachdem Explosionen mehrere Hisbollah-Hochburgen in ganz Libanon getroffen haben.Foto: ANWAR AMRO/AFP via Getty Images
Epoch Times18. September 2024

Nach der Explosion hunderter mit Sprengstoff präparierter Pager der pro-iranischen Hisbollah-Miliz im Libanon haben sowohl das taiwanische Unternehmen Gold Apollo sowie auch sein ungarischer Partner BAC Consulting KFT abgestritten, die betroffenen Geräte produziert zu haben.

BAC sei ein „Zwischenhändler ohne Produktions- oder Betriebsstätte in Ungarn“, erklärte auch der ungarische Regierungssprecher Zoltan Kovacs im Onlinedienst X. Die betroffenen Geräte hätten sich nie auf ungarischem Boden befunden.

Als Folge der gleichzeitigen Explosion Hunderter sogenannter Pager sind am Dienstag im Libanon rund 2.750 Menschen verletzt worden, mindestens neun Menschen starben. Unter den Verletzten sollen viele Hisbollah-Kämpfer sein, unter ihnen Mitglieder der Elitetruppe Radwan. Die proiranische Schiitenmiliz machte Israel verantwortlich und kündigte Vergeltung an. Viele Fragen sind noch offen.

Was wir wissen:

Die Geräte: Bei dem Vorfall detonierten Pager, die das Logo der Firma Gold Apollo trugen. Zunächst hatte die in Taiwan ansässige Marke dieser Funkempfänger eine Verbindung zu dem Vorfall von sich gewiesen. Laut dem Vorstand von Gold Apollo, Hsu Ching-Kuang, trugen die Geräte lediglich das Logo der Firma und wurden nicht von dem Unternehmen in Taiwan gefertigt. Auf Nachfrage erklärte Gold Apollo, dass eine in Ungarn ansässige Firma die Funkgeräte entworfen und gefertigt habe.

„Gemäß einer Vereinbarung ermächtigen wir BAC, unser Markenzeichen für den Verkauf von Produkten in bestimmten Regionen zu nutzen, aber Design und Herstellung werden vollständig von BAC übernommen“, teilte Gold Apollo mit. Auch das in Medienberichten genannte Modell AR-924 werde von BAC produziert und verkauft. Die ungarische Firma BAC Consulting Kft. hat sich bisher nicht geäußert.

Der Einsatz der Pager: Experten gehen davon aus, dass es sich bei den Pagern um ein für die Hisbollah sehr wichtiges Kommunikationssystem handelte. Die Miliz ist demnach aus Sicherheitsgründen von Mobiltelefonen auf Pager umgestiegen – unter anderem, weil bei diesen der Aufenthaltsort nicht ermittelt werden kann. Damit – so die Logik – wären sie auch weniger anfällig für Überwachungsmaßnahmen oder Angriffe der elektronischen Kriegsführung. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hatte seine Anhänger mehrmals vor dem Gebrauch von Smartphones gewarnt. Im Februar rief er seine Kämpfer dazu auf, ihre Smartphones wegzuwerfen.

Das Ziel des Angriffs: Nach Angaben der Hisbollah sind Pager, die von verschiedenen Hisbollah-Einheiten und -institutionen genutzt worden seien, explodiert. Unter den Verletzten sollen viele Hisbollah-Kämpfer sein, darunter Mitglieder der Elitetruppe Radwan. Auch hochrangige Hisbollah-Vertreter wurden verletzt, wie eine der Miliz nahestehende Quelle bestätigte. Explosionen wurden im gesamten Land gemeldet, vor allem in den von der Hisbollah kontrollierten Gebieten. Zugleich waren auch Zivilisten von den Folgen betroffen – unter den Toten etwa befindet sich ein Mädchen.

Der Zeitpunkt des Angriffs: Lokalen Medienberichten detonierten Hunderte Funkempfänger gleichzeitig um 15.30 Uhr Ortszeit. In sozialen Medien kursieren auch Videos von Überwachungskameras mit diesen Zeitstempeln.

Die Zahl der Toten und Verletzten: Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums wurden mindestens neun Menschen getötet und rund 2.750 weitere verletzt, etwa 200 davon schwer. Aus Krankenhäusern hieß es demnach, die Menschen hätten vor allem Verletzungen an Augen, Händen und im Bauchbereich. „Die meisten Verletzten haben schwere Augenverletzungen, andere Chirurgen mussten Arme amputieren“, sagte ein Augenarzt in einem großen Krankenhaus in Beirut. Der Iran hat erste Hilfsteams entsandt. Neben Ärzten und Krankenschwestern sei auch der Leiter der Roten Halbmond-Gesellschaft aufgebrochen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna.

Reaktion Israels: Israels Armee hat die Alarmbereitschaft erhöht. In Erwartung einer möglichen Reaktion der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah seien Luftabwehr, Luftwaffe und Militärgeheimdienst in Israel in erhöhte Einsatzbereitschaft versetzt worden, berichtete der israelische Armeesender. Eine Elite-Division solle außerdem im Rahmen der erhöhten Spannungen vom Gazastreifen an die Grenze zum Libanon verlegt werden.

Was wir nicht wissen:

Die Hintergründe und Drahtzieher: Bislang hat niemand den Angriff für sich reklamiert. Die Hisbollah und sein enger Verbündeter, der Iran, machen Israel für die Explosionen verantwortlich. Wie in anderen Fällen zuvor, hat sich Israel bislang nicht öffentlich geäußert.

Das Vorgehen: Wie und wo die Pager manipuliert wurden, ist weitgehend noch Gegenstand von Spekulationen. In manchen Medienberichten wird davon ausgegangen, dass die Funkempfänger vermutlich von israelischen Agenten vor ihrer Lieferung in den Libanon abgefangen und mit Sprengstoff präpariert wurden.

Die Opfer in der Hisbollah-Führungsriege: Genaue Angaben dazu, ob zu den Opfern auch Mitglieder in der Hisbollah-Führungsriege zählen, gibt es noch nicht. Hisbollah-Chef Nasrallah hat eine Rede für Donnerstag angekündigt. Daher gehen Beobachter davon aus, dass es ihm höchstwahrscheinlich gut geht. Er lebt im Verborgenen. Es wird davon ausgegangen, dass er keine technischen Geräte bei sich führt. Libanesischen Sicherheitskreisen zufolge sollen allerdings zwei seiner Leibwächter verletzt worden sein. (dpa/red)



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