Ungarn lehnt EU-Strafzölle auf chinesische Elektroautos ab
Ungarns Außenminister Péter Szijjártó hat im Gespräch mit seinem chinesischen Amtskollegen versprochen, dass Ungarn als EU-Mitgliedstaat gegen die EU-Zölle auf chinesische Elektroautos in Brüssel stimmen werde. Szijjártós Ankündigung erfolgte am Rande der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York am Montag.
„Die Europäische Union hat ganz klar ein Interesse daran, ihre Zusammenarbeit mit China auszubauen und keine Konfrontation zu schaffen“, schrieb der Minister in der Erklärung.
Laut Szijjártó werden die angeblichen Interessen der europäischen Automobilhersteller in Brüssel in den Vordergrund gestellt. Diese Unternehmen würden aber „mit Händen und Füßen“ gegen die Zollerhöhung protestieren. Der Minister hingegen argumentiert, dass diese Zölle den westlichen Herstellern selbst schaden würden, da sie auch auf dem ostasiatischen Markt präsent sind.
Die EU führte am 5. Juli vorläufige Strafzölle auf den Import von Elektroautos aus China ein. Je nach Hersteller liegen die Aufschläge zwischen 17,4 und 37,6 Prozent zusätzlich zu den bereits geltenden zehn Prozent Einfuhrzoll. Eine endgültige Entscheidung über die Zölle soll bis Anfang November fallen, um bis dahin noch mit Peking zu verhandeln.
Interessen der europäischen Wirtschaft
Eine Untersuchung der EU-Kommission hatte ergeben, dass die gesamte Wertschöpfungskette für Elektroautos in China stark subventioniert werde. Dies führe zu unfairen Wettbewerbsbedingungen und somit drohe bei Einfuhr von chinesischen E-Autos eine Schädigung der europäischen Industrie. Kommissionsangaben zufolge sind chinesische Elektroautos normalerweise rund 20 Prozent günstiger als in der EU hergestellte Modelle.
Der ungarische Minister sagte: „Wenn wir die sich dramatisch verschlechternde Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union verbessern wollen, können wir China nicht als Rivalen betrachten.“
Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat im Juli die Wichtigkeit einer politischen Lösung betont. Deutsche Firmen könnten nämlich nicht nur von Gegenmaßnahmen Chinas betroffen sein, sondern auch von den EU-Zöllen selbst – denn sie produzieren teils in China für den Export. China ist der weltweit größte Automarkt und war laut Verband der Automobilindustrie im Jahr 2023 für Autos aus Deutschland der drittgrößte Exportmarkt – nach den USA und dem Vereinigten Königreich.
Unfairness oder Bedrohung für die nationale Sicherheit?
In Brüssel stellt man sich die Frage, wie man mit Industrieprodukten umgehen soll, die vom chinesischen Staat stark subventioniert werden. Auf der einen Seite steht die Frage des unfairen Wettbewerbs, auf der anderen die Interessen der EU-Hersteller in China, also die Befürchtung, dass die eigene Wirtschaft durch mögliche Vergeltungsmaßnahmen Chinas geschädigt wird.
In Amerika steht die Frage der Zölle schon lange auf der Tagesordnung. Diese Woche hat die Auseinandersetzung mit China jedoch eine neue Dimension erreicht. Die Biden-Regierung spricht nämlich nicht mehr nur über die Erhöhung von Zöllen. Sie erwägt Pläne, chinesische Autos aus Amerika zu verbannen, die mit selbstfahrender Technologie ausgestattet sind, berichtet die britische Zeitung „The Telegraph“.
Bei den Überlegungen in den USA geht es nicht mehr nur um unfairen Wettbewerb oder die Gefahr, dass einheimische Hersteller benachteiligt und aus dem Markt gedrängt werden. Die Gefahr für die nationale Sicherheit sei in den Vordergrund gerückt.
Im Februar ordnete die US-Regierung eine Untersuchung an. Sie kam zu dem Schluss, dass chinesische Autos, die mit dem Internet verbunden werden können, dazu benutzt werden könnten, „große Mengen sensibler Daten über ihre Fahrer und Insassen zu sammeln“ und „ihre Kameras und Sensoren regelmäßig zu benutzen, um detaillierte Informationen über die Infrastruktur der Vereinigten Staaten aufzuzeichnen“.
Pekings langer Arm
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán wird zunehmend für die Annäherung Budapests an Peking kritisiert. Chinesische Investitionen scheinen die ungarische Wirtschaft zu beflügeln. Außenminister Szijjártó meldete im April, dass bereits 15,3 Milliarden Euro an chinesischen Investitionen, hauptsächlich in Batteriefabriken in Ungarn, getätigt wurden.
Die Vereinbarungen mit China könnten aber auch zu rechtlichen Problemen führen. Das ist ein Risiko sowohl für Ungarn als auch für die Bündnisse, in denen das Land Mitglied ist, besonders die EU und die NATO.
Dies diskutierte kürzlich Professorin Dóra Győrffy, die Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, in einem Interview mit dem ungarischen Nachrichtenportal „444.hu“.
„In den Verträgen [mit Peking] gibt es sogenannte Kreuzklauseln. Das heißt, wenn ein Land feindliche Maßnahmen gegen China ergreift, kann China sofort den gesamten Betrag zurückfordern. […] Das gibt China einen dominanten politischen Einfluss. Es ist etwa einem Land nicht erlaubt, in internationalen Organisationen gegen China zu stimmen. So sollte man gegen eine Resolution, die China verurteilt, ein Veto einlegen“, erklärte sie.
Das jüngst angekündigte ungarische Veto gegen die Strafzölle kann vor so einem Hintergrund gesehen werden. Allerdings haben bei dem Treffen im Juli nur zwölf EU-Mitglieder die Zölle gegen chinesische Elektroautos unterstützt. Für eine Verabschiedung müsste eine qualifizierte Mehrheit von 15 der 27 Mitgliedsstaaten zustimmen, deren Bevölkerung 65 Prozent der EU ausmacht.
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