Ukraine-Konferenz: Einen Weg für Frieden und Verhandlungen finden
Die Staats- und Regierungschefs aus rund 100 Ländern aus aller Welt treffen sich an diesem Wochenende, 15. und 16. Juni, zur Friedenskonferenz in der Schweiz. Sie beabsichtigen, einen Weg zu finden, den seit nunmehr fast zweieinhalb Jahre andauernden Ukrainekrieg zu beenden.
Bei diesem Prozess ist der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj der zentrale Gast. Die andere Kriegspartei – Russland – ist nicht zur Konferenz eingeladen worden.
Nach der Ukraine-Konferenz in der Schweiz hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einen russischen Truppenabzug als Bedingung für die Aufnahme von Friedensverhandlungen genannt.
„Russland kann morgen mit uns Verhandlungen beginnen, ohne auf etwas zu warten, wenn es sich von unseren rechtmäßigen Territorien zurückzieht“, sagte Selenskyj zum Abschluss der Konferenz. Er fügte hinzu: „Russland und seine Führung sind nicht bereit für einen gerechten Frieden.“
Einbeziehung von allen beteiligten Parteien gefordert
Ein Großteil der Teilnehmer hat sich auf eine gemeinsame Abschlusserklärung geeinigt – allerdings stimmten nicht alle Staaten zu. 84 der 101 Staaten und internationalen Organisationen trugen die Erklärung mit.
Nicht dabei sind demnach unter anderem Brasilien, Indien, Mexiko, die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und Südafrika. Unter anderem kommen die Unterzeichner in der Erklärung zu dem Schluss, dass die Erreichung eines Friedens die Einbeziehung „aller Parteien“ und den Dialog zwischen ihnen erfordere.
In einem weiteren Punkt geht es um die Nutzung von Kernenergie. Die Unterzeichner fordern, dass alle ukrainischen Kernkraftwerke und -anlagen, einschließlich des Kernkraftwerks Saporischschja, unter die „uneingeschränkte souveränen Kontrolle der Ukraine“ gehören. Sie sollen „im Einklang mit den Grundsätzen der IAEO und unter deren Aufsicht sicher und geschützt betrieben werden“. Jede Androhung oder jeder Einsatz von Atomwaffen im Zusammenhang mit dem laufenden Krieg gegen die Ukraine sei zudem „unzulässig“, heißt es in der Erklärung.
Weiter wird in dem Papier gefordert, dass alle Kriegsgefangenen durch einen vollständigen Austausch freigelassen werden. Alle deportierten und unrechtmäßig vertriebenen ukrainischen Kinder und alle anderen ukrainischen Zivilisten, die unrechtmäßig inhaftiert wurden, sollen in die Ukraine zurückgebracht werden.
Alles nur Fassade?
Politologe Gerhard Mangott analysierte im Gespräch mit dem WDR die Situation. Er ist der Ansicht, dass Putin mit seinen Bedingungen die Staats- und Regierungschefs spalten wollte. Also in die, die seine Forderungen klar ablehnen und jene, die jetzt womöglich über Verhandlungen mit Russland nachdenken.
Mangott sieht bei den Friedensverhandlungen keine ernsthaften Absichten – und das auf beiden Seiten. Er geht davon aus, dass weder Russland noch die Ukraine in Wirklichkeit überhaupt nicht über einen Frieden verhandeln wollen.
„Beide Kriegsparteien setzen noch immer auf einen militärischen Erfolg. Sie glauben, diesen Krieg gewinnen zu können und dann die Bedingungen für eine Friedenslösung diktieren zu können“, so der Politologe.
Stattdessen solle die Konferenz den Titel „Unterstützungskonferenz für die Ukraine“ tragen. „Es geht darum, zu dokumentieren, dass sehr viele Staaten dieser Welt hinter der Ukraine stehen“, so Mangott.
Debatte um die Neutralität der Schweiz
Die Schweiz ist dafür bekannt, dass sie sich bisher aus allen großen Kriegen und Konflikten herausgehalten hat. Mit dem Beginn des Ukrainekriegs im Februar 2022 habe sich dieses Image allerdings geändert, wie die „Berliner Zeitung“ schreibt.
Zunächst beteiligte sich das Alpenland aktiv an der Sanktionspolitik der westlichen Staaten gegen Russland. Deswegen betrachte Putin die Schweiz inzwischen ebenfalls als einen „feindseligen Staat“.
Mit der Friedenskonferenz in Bari, bei der Russland nicht eingeladen wurde, könnte sich die Schweiz von seiner einstigen Neutralität wegbewegt haben. Schon vor Monaten bezeichnete Russland die Konferenz daher als „völlig aussichtslos, wenn es darum geht, Wege zur Lösung des Konflikts in der Ukraine zu finden“.
In Sachen Konfliktbewältigung im Ukrainekrieg läuft derzeit der Nahe Osten der Schweiz zunehmend den Rang ab. So hat der ukrainische Militärgeheimdienstchef Kyrylo Budanow kürzlich mitgeteilt, dass die Vereinigten Arabischen Emirate sich hierbei inzwischen besonders bemühen.
Bei den russisch-ukrainischen Verhandlungen hätten sie derzeit die Führungsrolle inne. Bisher gab es zudem Friedensgespräche mit beiden Kriegsparteien kurz nach Kriegsbeginn in Belarus und in der Türkei.
US-Präsident Joe Biden war in der Schweiz nicht beteiligt; er zog eine Veranstaltung in Los Angeles mit Hollywood-Stars im Wahlkampf vor. An der Ukraine-Friedenskonferenz nahm für die USA Vize-Präsidentin Kamala Harris teil. China war nicht vertreten, ebenso wenig wie andere BRICS-Staaten, die eher hinter Russland stehen.
Putins Bedingungen für Frieden
Der russische Staatschef Wladimir Putin äußerte unmittelbar vor der Friedenskonferenz vor Führungskräften des russischen Außenministeriums für eine Friedensvereinbarung. Gleichzeitig teilte er seine Bedingungen für ein Ende des Krieges mit.
Demnach müsse Kiew die umkämpften Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja sowie die Schwarzmeer-Halbinsel Krim vollständig Russland überlassen. Ebenso solle die Ukraine ihre Pläne für einen Beitritt in die NATO aufgeben. Dann werde Putin „sofort buchstäblich in derselben Minute die Anweisung erteilen, das Feuer einzustellen und Verhandlungen aufzunehmen“.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg kritisierte Putins Forderungen und wies diese entschieden zurück. Das ist „ein Vorschlag für mehr Aggression und mehr Besatzung“, so Stoltenberg. Der NATO-Chef sieht dies viel mehr als einen Vorschlag, wodurch Russland seine Kriegsziele letztendlich erreiche. Die Ukraine würde dadurch deutlich mehr Land aufgeben, als Russland bislang besetzen konnte.
Scholz: „Ein wichtiger erster Schritt“
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Forderungen von Putin für ein Ende des Ukrainekriegs deutlich zurückgewiesen. Was Putin vorschlage, sei einen „imperialistischen Raubzug in Dokumente zu fassen“, sagte der SPD-Politiker am Rande des G7-Gipfels in Süditalien. „Was wir brauchen, ist kein Diktatfrieden, sondern ein fairer, gerechter Frieden, der die Integrität und die Souveränität im Blick hat.“
Die Schweizer Friedenskonferenz sei ein wichtiger erster Schritt dafür, auch wenn dort noch nicht die großen Fragen entschieden würden, sagte Scholz.
Scholz wollte ein Gespräch mit Putin für die Zukunft nicht ausschließen. Er habe immer wieder gesagt, dass er das tun werde, doch es müsse der richtige Zeitpunkt dafür sein. Wann eine Folgekonferenz mit Russland stattfinden soll, ist derzeit noch nicht bekannt oder absehbar.
Am 15. Juni sagt der Kanzler: „Es ist wahr, dass der Frieden in der Ukraine nicht erreicht werden kann, ohne Russland mit einzubeziehen.“ Er bestätigte Putins Aussage, dass Russland „diesen Krieg heute oder zu jedem beliebigen Zeitpunkt beenden“ könne, wenn das Land „seine Angriffe einstellt und seine Truppen aus der Ukraine abzieht“.
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)
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