Überdrüssig: 54 Prozent der Österreicher will Grüne nicht mehr in der Regierung sehen
Im Januar 2020 begann das Experiment einer schwarz-grünen Regierungskoalition in Österreich. In den ersten Jahren überschatteten die Corona-Krise und der Rücktritt von Bundeskanzler Sebastian Kurz die gemeinsame Arbeit. Mittlerweile ist die Koalition drei Jahre im Amt – und 54 Prozent der Österreicher sagen: Die Grünen sollen künftig keiner Regierung angehören. Dies ergab eine aktuelle INSA-Umfrage im Auftrag des „exxpress“.
Selbstbedienung und Politik nach Gutsherrenart
Anders als in Deutschland spielten die Ökosozialisten in Österreich bundespolitisch kaum eine Rolle. Bei der Nationalratswahl 2017 verfehlten sie sogar die Vier-Prozent-Hürde. Der Bruch des Regierungsbündnisses zwischen der ÖVP und der FPÖ unter HC Strache infolge der Ibiza-Affäre bescherte ihnen 2019 jedoch einen Aufschwung. Am Ende traten sie selbst in eine Koalition mit der Volkspartei ein.
Mittlerweile würden die beiden Regierungsparteien bei Nationalratswahlen zusammen nur noch auf 35 Prozent der Stimmen kommen. Wie der „exxpress“ analysiert, sind es nicht nur Skandale einzelner Minister, die zur Unzufriedenheit mit den Grünen beitragen.
So soll Gesundheitsminister Johannes Rauch Klimatickets für die Bahn im Wert von 1.095 Euro an Mitarbeiter seiner Behörde verschenkt haben. Klimaministerin Leonore Gewessler wiederum gönnte sich für ihre Räumlichkeiten eine neue Klimaanlage für 143.000 Euro. Zu ihren Beraterinnen gehört unter anderem die selbst ernannte deutsche „Mobilitätsexpertin“ Katja Diehl. Diese will den Bürgern eigenen Angaben zufolge „den Traum von Auto und Eigenheim nehmen“.
Grüne werden zunehmend als Gefahr für Wohlstand und Frieden wahrgenommen
Es sind darüber hinaus aber auch die grünen Themen und Positionen selbst, die immer mehr Österreicher als problematisch wahrnehmen. Die allgegenwärtige Teuerung dämpft die Ambitionen vieler Bürger, noch weitere Belastungen hinzunehmen, um die angeblich drohende „Klimakatastrophe“ abzuwenden.
Eine Mehrheit der Österreicher will zudem an der Neutralität festhalten und hat Angst, dass ihr Land in den Ukraine-Krieg hineingezogen werden könnte. Die einseitige und aggressive Parteinahme insbesondere der Grünen für die Führung in Kiew empfinden viele als kontraproduktiv.
Nur 31 Prozent würden eine weitere grüne Regierungsbeteiligung gutheißen. Derzeit könnte die Partei im Fall einer Nationalratswahl nur noch mit 10,4 Prozent rechnen – fast ein Drittel weniger als 2019. Auch in Hochburgen sieht es für die Grünen suboptimal aus. Am 23. April wählt Salzburg einen neuen Landtag. Vor zehn Jahren landete die Partei mit 20,2 Prozent sogar vor der FPÖ. Mittlerweile kann sie nur noch mit 7,6 Prozent rechnen – und wird unter Umständen sogar von der KPÖ eingeholt, die ihren zweiten Landtagseinzug schaffen könnte.
Bereitschaft zum Bruch mit den Grünen steigt auch in der ÖVP
Gleichzeitig scheinen auch Teile der ÖVP der Zusammenarbeit mit der Linksaußenpartei überdrüssig zu sein. Nicht von ungefähr hat der Generalsekretär der Wirtschaftskammer, Karlheinz Kopf, jüngst eine Abschaffung der CO₂-Steuer in der kommenden Legislaturperiode gefordert. Außerdem sprach er sich gegen das geplante Klimaschutzgesetz aus.
Dem Chef der in der ÖVP einflussreichen Bundeskammer war es bewusst, dass eine solche Aussage für die Grünen eine Provokation darstellen würde. Die Volkspartei scheint zudem ihre Talsohle überwunden zu haben, weshalb sie Neuwahlen nicht mehr in dem Maße fürchten müsste wie noch Wochen zuvor.
In Kärnten konnte sie bei den Landtagswahlen – wenn auch auf niedrigem Niveau – Gewinne verbuchen. Im Kernland Niederösterreich regiert die ÖVP künftig mit einem besonders weit rechts stehenden Landesverband der FPÖ.
Allerdings hätten die Konservativen auf Bundesebene nicht viele Machtoptionen zur Auswahl. Eine Zweierkoalition wäre nach derzeitigem Stand nur mit den Freiheitlichen möglich, als Juniorpartner unter einem Bundeskanzler Herbert Kickl. Mit etwa 28 Prozent wäre die FPÖ – würde am Sonntag gewählt – stabil stimmenstärkste Partei im Nationalrat.
SPÖ durch Führungsdebatte weiterhin gelähmt
Dass es derzeit nicht einmal für eine Neuauflage eines rot-schwarzen Bündnisses im Bund reichen würde, liegt auch an der Schwäche der SPÖ. Mit 21 bis 23 Prozent wäre sie nur noch drittstärkste Kraft hinter der Volkspartei.
Ein wesentlicher Grund für die Schwäche der Sozialdemokraten ist die anhaltende Führungsdebatte. Nach mehreren verlorenen Landtagswahlen fordert der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil die amtierende Parteichefin Pamela Rendi-Wagner heraus. Vom 24. April bis zum 10. Mai wird deshalb eine Mitgliederbefragung zum Parteivorsitz stattfinden. Ein außerordentlicher Bundesparteitag soll am 3. Juni 2023 die Führungsfrage verbindlich klären.
Neben Rendi-Wagner und Doskozil wird auch der Bürgermeister von Traiskirchen, Andreas Babler, für den Vorsitz kandidieren. Die Stadt beherbergt die größte Erstaufnahmestelle für Asylwerber in Österreich. Babler gilt als politisch links – und wird voraussichtlich eher Rendi-Wagner Stimmen kosten als dem früheren Verteidigungsminister.
Doskozil allerdings fehlt dem Umfrageinstitut „tfactory“ zufolge der „urbane Lifestylefaktor“, was ihm im Rennen um den Vorsitz schaden könnte. Allerdings hat sich dieser bei Rendi-Wagner bisher nicht als Wählermagnet erwiesen. Die SPÖ-Basis dürfte damit vor der Frage stehen: Wird es der Partei eher gelingen, junge und urbane Wähler von NEOS und Grünen zurückzugewinnen – oder solche aus der Arbeiterschicht und ländlichen Gebieten von der FPÖ?
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