Kärnten: Schwere Schlappe für SPÖ – ÖVP wächst gegen den Bundestrend

Nach den Landtagswahlen in Kärnten steht SPÖ-Chefin Rendi-Wagner mit dem Rücken zur Wand. Ein Mitte-rechts-Bündnis in Klagenfurt wäre rechnerisch möglich.
In Österreichs südlichstem Bundesland Kärnten ist ein neuer Landtag gewählt worden.
In Österreichs südlichstem Bundesland Kärnten ist ein neuer Landtag gewählt worden.Foto: Helmut Fohringer/APA/dpa
Von 6. März 2023

Die sozialdemokratische SPÖ bleibt nach den Landtagswahlen vom Sonntag, 5. März, stärkste Partei und hat gute Chancen, mit Peter Kaiser weiter den Landeshauptmann zu stellen. Tatsächlich könnte sie mit jeder drei weiteren im Landtag vertretenen Parteien eine Zweierkoalition bilden. Allerdings hat die Partei gegenüber 2018 mehr als neun Prozent eingebüßt und steckt erneut inmitten einer Führungsdebatte.

Mit 38,9 Prozent hat die Partei die als psychologisch wichtig geltende 40-Prozent-Marke verfehlt. Künftig wird sie nur noch mit 15 statt 18 Sitzen im Klagenfurter Landhaus vertreten sein. Damit wäre auch eine Regierungsmehrheit ohne die Sozialdemokraten möglich.

Meinungsforschung hatte ÖVP nicht auf dem Schirm

Sowohl die FPÖ (24,55 Prozent – ein Plus von 1,59 gegenüber 2018) als auch das Team Kärnten (10,09 – plus 4,42) konnten Zugewinne verbuchen. Zu den Wahlgewinnern gehörte entgegen allen Umfragen vor der Wahl auch die bürgerliche ÖVP. Statt eines prognostizierten Absturzes in den einstelligen Bereich konnte sie 1,58 Prozent zulegen und kam auf 17,03 Prozent. In Mandaten bedeutet dies: FPÖ 9 (unverändert), ÖVP 7 (+1), Team Kärnten 5 (+2).

Selbstkritisch gaben sich noch am Wahlabend die Meinungsforscher. Peter Hajek räumte gegenüber dem ORF ein, man habe bezüglich der Volkspartei die Stimmung „schlicht und ergreifend nicht eingefangen“. Bereits bei den Landtagswahlen in Tirol und in Niederösterreich hatten die Konservativen auf den letzten Metern noch eine Mobilisierung geschafft.

Ob die ÖVP damit eine Trendwende geschafft haben könnte, die auch bundesweit Auswirkungen haben könnten, bleibt jedoch fraglich. Immerhin bewegen sich sowohl die Zugewinne als auch das Ergebnis selbst auf einem bescheidenen Niveau.

Nur halbe Sieger bei Landtagswahl in Kärnten

Zwar hatte die traditionell von Katholiken gewählte ÖVP im überdurchschnittlich national und protestantisch geprägten Kärnten immer einen schweren Stand. Als sie in den 1990er Jahren mit Christoph Zernatto den Landeshauptmann stellte, erreichte sie aber immerhin noch mehr als 20 Prozent.

Dieser Umstand dürfte es der FPÖ und dem Team Kärnten erschweren, den konservativen Spitzenkandidaten Martin Gruber zum Landeshauptmann zu wählen. Die ÖVP könnte ihrerseits Bedenken haben, den FPÖ-Spitzenkandidaten Erwin Angerer oder gar Team-Kärnten-Chef Gerhard Köfer in dieses Amt zu wählen. Obwohl Umfragen zufolge ein verhältnismäßig hoher Anteil an Kärntnern Köfer als Landeshauptmann akzeptieren würde, stützt sein Ergebnis einen solchen Anspruch nicht.

Zwar hatte die Volkspartei in Kärnten in der Vergangenheit mehrfach mit der FPÖ unter Jörg Haider oder mit dem BZÖ unter Gerhard Dörfler koaliert. Bildet die Partei allerdings in Kärnten ein Regierungsbündnis gegen die SPÖ, könnte ihr das bei Koalitionsbildungen in anderen Bundesländern schaden. So könnte sich die ÖVP etwa in Salzburg, wo im April gewählt wird, nicht mehr auf ein Vorrecht der stimmenstärksten Partei auf den Landeshauptmannsessel berufen.

Rot-schwarze Koalition besteht voraussichtlich weiter

Die SPÖ wiederum wird mit hoher Wahrscheinlichkeit davor zurückschrecken, mit der FPÖ zu koalieren. Zwar ist ein rot-blaues Bündnis auf Länderebene seit den Wahlen im Burgenland 2015 kein vollständiges Tabu mehr. In Kärnten dürften die inhaltlichen Unterschiede dennoch zu groß sein, um dieses Experiment ins Auge zu fassen.

Eine Koalition der SPÖ mit dem Team ihres früheren Abgeordneten Köfer gilt aufgrund persönlicher Abneigungen als unwahrscheinlich. Von daher gehen die meisten Beobachter davon aus, dass im Klagenfurter Landhaus weiterhin eine rot-schwarze Koalition regieren wird.

FPÖ bleibt im Stammland Kärnten unter ihrem Potenzial

Der Wählerstromanalyse zufolge verloren die Sozialdemokraten vor allem an die Nichtwähler – 14.000 ehemalige SPÖ-Wähler blieben diesmal zu Hause. Weitere 10.000 gab man ans Team Kärnten ab, 8.000 an die FPÖ. Zur ÖVP wechselten nur 3.000 frühere Wähler der Partei Peter Kaisers.

Die FPÖ konnte etwa 10.000 Nichtwähler mobilisieren und erzielte dort ihre besten Ergebnisse, wo der Anteil der Teilnehmer an der Corona-Impfung am niedrigsten war. Dort kam die Partei im Schnitt auf 35 Prozent. Ein größerer FPÖ-Erfolg scheiterte jedoch daran, dass die Freiheitlichen netto 3.000 Stimmen an die ÖVP und 4.000 ans Team Kärnten abgeben mussten.

Als weiterer Hemmschuh für die FPÖ zeigte sich der Antritt der „Vision Österreich“, die aus dem Landesverband der nicht angetretenen Impfgegner-Partei MFG hervorgegangen war. Mit auf Anhieb 2,37 Prozent ging diese auf Tuchfühlung mit den linksliberalen NEOS. Mit 2,59 Prozent verfehlten diese deutlich die Fünf-Prozent-Hürde, ähnlich wie die Grünen mit 3,85 Prozent.

Für Rendi-Wagner wird die Luft immer dünner

Vor allem für die SPÖ geht es nun um Schadensbegrenzung. Der innerparteiliche Druck auf die Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner wird nach der Niederlage weiter steigen. Sollte die Partei auch im April in Salzburg ein schlechtes Ergebnis erzielen, wären ihre Tage im Amt mit großer Wahrscheinlichkeit gezählt.

Allerdings zeichnet sich innerhalb der Partei auch keine Mehrheit für ihren Erzrivalen, den burgenländischen Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil, ab. Er gilt als polarisierende Figur und einige Landesverbände werfen ihm vor, die Gremienarbeit zu torpedieren und demokratische Entscheidungen nicht zu akzeptieren.

Worauf Doskozil allerdings verweisen kann, sind seine absolute Mehrheit auf Landesebene – und dass er als Sympathieträger in Wählerschichten gilt, die sich zuletzt von der SPÖ abgewandt hatten.



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