„Pakt mit dem Teufel“: Vatikan-China-Deal steht vor Verlängerung
Im Oktober 2022 steht eine Verlängerung eines Abkommens zwischen der katholischen Kirche und der Regierung in China an. 2018 schloss der Vatikan unter Papst Franziskus ein inhaltlich geheimes Abkommen mit Peking, das bald erneut um zwei Jahre verlängert werden soll.
Doch es gibt heftige Kritik an dem China-Deal des Vatikans – auch aus den Reihen der Kirche.
Christen im Untergrund
In China gibt es die Staatskirche, die von vielen Christen jedoch abgelehnt wird. Sie leben ihren Glauben in sogenannten Untergrund- oder Hauskirchen – unter ständiger Gefahr von „Überwachung, Anklagen und Razzien“, wie es das christliche Hilfswerk „Open Doors“ von einer Pekinger Hauskirche berichtet.
Vom Vatikan wurde das bisherige Abkommen als Versuch beschrieben, der katholischen Untergrundkirche in China bei der Vereinigung mit der staatlich sanktionierten und von der Kommunistischen Partei direkt kontrollierten „Chinesischen Patriotisch-Katholischen Vereinigung“ zu helfen, erklärte einst die katholische Nachrichtenagentur CNA.
Seit Unterzeichnung des Abkommens am 22. September 2018 habe es jedoch nur wenige Ernennungen von Bischöfen gegeben, denen beide Parteien zugestimmt hätten, schreibt „katholisch.de“. Das Leben der katholischen Christen in China habe sich nicht verbessert, Angehörige der christlichen Untergrundkirche würden weiterhin ins Abseits gedrängt, so das Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland.
Die „Chinesische Katholisch-Patriotische Vereinigung“, die der KP untersteht, gibt es seit 1957. Ein Jahr später begann das chinesische Regime über dieses Konstrukt Bischöfe ohne päpstliche Ernennung zu weihen. Laut dem Soziologen Richard Madsen sei der Plan gewesen, durch eine der Partei genehme und ins Liturgische zurückgedrängte Staatskirche die Religion langfristig auszuhöhlen – und sie schließlich ganz verschwinden zu lassen, berichtete „katholisch.de“ an anderer Stelle.
Professor Xi Lian von der Duke University in den USA erklärte gegenüber dem „Wall Street Journal“, dass die KP die Christen nicht einfach unterdrücken wolle.
Die Partei wolle das Christentum so ändern, dass es mit der atheistischen Ideologie vereinbar sei. Man mache es zu einer „neuen Version des Christentums, das seiner transzendenten Visionen und Werte beraubt ist“, so der Religionsexperte.
Kardinal Zen – ein unermüdlicher Mahner
Bereits im Vorfeld des Abkommens von 2018 warnte Kardinal Joseph Zen, Fürsprecher der Untergrundkatholiken in China und emeritierter Bischof von Hongkong, vor einem „Pakt mit dem Teufel“. Er traf Franziskus in Rom, um ihn umzustimmen – ohne Erfolg.
Bald nach Unterzeichnung des Abkommens nahm Franziskus sogar die Exkommunizierung von sieben Bischöfen zurück, die zuvor von der KP-Führung ernannt und unrechtmäßig geweiht worden waren. Darunter sollen sich laut der katholischen Nachrichtenagentur auch Kader der Kommunistischen Partei befinden. Ob dies auch Bestandteil des geheimen Deals war, lässt sich nur mutmaßen.
Vor der Verlängerung des Abkommens im Oktober 2020 äußerte sich Kardinal Zen erneut kritisch und erinnerte daran, dass weiterhin Christen in China von den Behörden verfolgt und schikaniert würden. Es scheine, so der Kardinal, „dass der Heilige Stuhl, um das Abkommen zu retten, beide Augen vor all dem Unrecht verschließt, das die Kommunistische Partei dem chinesischen Volk zufügt“.
Laut Kardinal Zen gebe das Abkommen den kommunistischen Parteifunktionären ein Mitspracherecht bei der Bischofsweihe. Zudem erlaube es die „Sinisierung“ der Kirche, was nicht dasselbe sei, „was wir mit Inkulturation meinen“ – also das Einbringen von Dingen einer Kultur in eine andere. Es sei „die Religion der Kommunistischen Partei“, so Kardinal Zen. Die oberste Autorität sei dabei eben die Partei, nicht Gott.
Dennoch setzt Papst Franziskus weiter auf die Vereinbarung und hofft „dass sie im Oktober verlängert werden kann“. Er schickt Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin als Verhandler nach Peking. Gegenüber Reuters betonte Franziskus in einem Interview: „In Anbetracht einer festgefahrenen Situation muss man das Mögliche suchen, nicht das Ideale; denn Diplomatie ist die Kunst des Möglichen und der Verwirklichung des Möglichen.“
Xi Jinpings „Sinisierung“
Chinas kommunistischer Führer, Xi Jinping, hat 2015 die Politik der „Sinisierung“ angekündigt, um eine chinesische und kommunistische und damit auch atheistische Identität bei allen religiösen Praktiken im Land durchzusetzen. Diese Politik beinhalte auch die Anweisung an die Kirchen, Bilder der Zehn Gebote zu entfernen und durch Sprüche der Vorsitzenden Mao und Xi zu ersetzen. Dies gehe laut der katholischen Nachrichtenagentur CNA nach bis zum Umschreiben der Bibel und der Zehn Gebote und sei eine Gleichschaltung nach kommunistischen Vorgaben.
Dass es dem KP-Führer damit ernst ist, zeigt auch ein Beispiel von 2018 aus einem chinesischen Schulbuch für „Berufsethik und Recht“ für berufsbildende Sekundarschulen. Darin geht es um die Verdrehung einer bekannten Geschichte aus dem Johannes-Evangelium (8.3 – 8.11) über göttliche Barmherzigkeit mit einer Sünderin. Es geht um eine Ehebrecherin, die zu Tode gesteinigt werden sollte. Jesus fragte die Menschen – das Zitat ist weltbekannt: „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.“ Die Leute gingen, von ihrem Gewissen berührt, fort. Der Frau sagte er jedoch: „Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“
Die chinesische Version in dem Schulbuch nahm eine grausame Veränderung vor, die dem kommunistischen Regime nur zu ähnlich ist. „Bitter Winter“, ein mehrsprachiges Online-Magazin für Religionsfreiheit und Menschenrechte in China, veröffentlichte, was die kommunistischen Behörden aus dieser „kraftvollen Geschichte über Barmherzigkeit und Vergebung durch die göttliche Autorität“ gemacht hatten: „Als die Menge verschwunden war, steinigte Jesus die Sünderin zu Tode und sagte: ‚Auch ich bin ein Sünder. Aber wenn das Gesetz nur von Menschen ohne Makel ausgeführt werden könnte, wäre das Gesetz tot.‘“
明目张胆,篡改《圣经》,这种所谓教育,终究斯文扫地! pic.twitter.com/rZyc4X0bOZ
— 時亮字仰之 Biblical speech is NOT crime. (@timothyshlong) September 18, 2020
Ein Wagnis für die Menschen
Es war Papst Johannes Paul II. (Karol Józef Wojtyła), der immer wieder für einen kirchlichen Dialog mit dem kommunistischen Regime eintrat. 2001 schrieb er: „Historisch betrachtet, sind China und die katholische Kirche unter gewissen unterschiedlichen, aber keineswegs gegensätzlichen Aspekten zwei der ältesten in der Welt existierenden und wirkenden ‚Institutionen‘“, so der Papst.
Damit blickte Johannes Paul II. auf das historische China, ein Kaiserreich mit langer Tradition in Verbundenheit von Mensch, Natur und Himmel. Seit der Machtergreifung der Kommunisten in China 1949 hat sich dies jedoch geändert. Allerdings gibt es bis zu 130 Millionen Christen in China, für die Johannes Paul II. offensichtlich den Dialog mit dem atheistischen Regime suchte, „für das Wohl des chinesischen Volkes und für den Frieden in der Welt“.
So des Papstes Hoffnung – die offensichtlich aus den Erfahrungen der sanften Konfrontation mit dem sozialistischen System in Polen unter Führung der kommunistischen Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei herrührte. Allerdings war Polen vor seiner Zeit als sogenannte „Volksrepublik“ seit über 1.000 Jahren im christlichen Glauben verwurzelt, was sich letztendlich als großes Hindernis für die polnischen Kommunisten darstellte.
In einem Beitrag des Marburger Herder-Instituts heißt es, Karol Wojtyła habe Mitte der 1970er-Jahre Brücken geschlagen, für eine „klassenübergreifende antikommunistische Solidarität zwischen Arbeitern, Intellektuellen und der Kirche“. Im Februar 1976 habe Karol Kardinal Wojtyła im „L’Osservatore Romano“, der Tageszeitung des Vatikans, geschrieben: „Es ist unerträglich, dass eine Gruppe von Menschen einem ganzen Volk eine Ideologie aufdrängt, eine Überzeugung, die gegen die Auffassungen der Mehrheit verstößt“.
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