Lawrow: Trump hat einen der Gründe für den Ukraine-Konflikt zugegeben

Russland und die USA unter Trump nähern sich vorsichtig an. Außenminister Lawrow lobte einige Aussagen von Trump zum Ukraine-Konflikt, aber hielt sich auch nicht mit harter Kritik am Westen zurück. Doch der Dialog hat begonnen.
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Der russische Außenminister Sergej Lawrow nimmt an einer Podiumsdiskussion am 5. Februar 2025 in Moskau teil.Foto: Außenministerium der Russischen Föderation
Von 8. Februar 2025

Russland begrüßt eine Aussage des US-Präsidenten Donald Trump, in der er die mögliche NATO-Mitgliedschaft für die Ukraine als Kernproblem dargestellt hat, so der russische Außenminister Sergej Lawrow.

„Plötzlich sagte Präsident Donald Trump in einer seiner ersten Äußerungen ganz unverblümt, dass einer der größten Fehler der Regierung Biden darin bestand, auf der NATO-Mitgliedschaft der Ukraine zu bestehen, und kritisierte deren Umgang mit der Ukraine-Krise“, sagte Lawrow.

Er betonte, dass dabei „zum ersten Mal“ ein westlicher Staatschef diese Worte gesagt hatte. Und zwar „nicht nur irgendein westlicher Staatschef, sondern der Staatschef der Vereinigten Staaten, der selbst der Staatschef der gesamten westlichen Welt ist“, so Lawrow am Mittwoch, 5. Februar 2025, in Moskau.

Dies sei wichtig für Russland, denn „zum ersten Mal wurde das NATO-Problem als etwas bezeichnet, das die Vereinigten Staaten ernsthaft zu diskutieren bereit sind“.

Der russische Außenminister nahm an der Diskussionsrunde zur Ukraine-Krise teil. An der mit Unterstützung des Außenministeriums organisierten Veranstaltung nahmen 95 Botschafter sowie internationale Verbände teil.

Was hat Trump wirklich gesagt?

Donald Trump hat in der Tat erklärt, dass er Verständnis für Russlands Position habe. Zumindest für das Anliegen Moskaus, dass die Ukraine nicht Mitglied der NATO werden soll. Das sagte er am 7. Januar auf einer Pressekonferenz in Mar-a-Lago in Florida.

Dass die Ukraine nicht NATO-Mitglied wird, sei Trump zufolge für Russland schon vor Putins erstem Amtsantritt „in Stein gemeißelt“ gewesen. Doch „irgendwann sagte [US-Präsident Joe] Biden, nein, sie können der NATO beitreten. Nun, dann hat Russland jemanden vor seiner Haustür und ich verstehe ihre Gefühle darüber“, erklärte er.

Die Debatte über eine NATO-Osterweiterung reicht tatsächlich bis vor die Zeit Putins zurück. So sagte der damalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher im Februar 1990 nach einem Treffen mit dem US-Außenminister James Baker in Washington, D.C.: „Wir waren uns einig, dass nicht die Absicht besteht, das NATO-Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten. Das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die DDR, die wir nicht einverleiben wollen, sondern das gilt ganz generell.“

Allerdings hatte Genscher nicht für die gesamte NATO gesprochen. Die Ost-Erweiterung begann dann in den 1990er-Jahren und setzte sich seitdem in Wellen fort. Im Jahr 2008 sprachen sich die NATO-Mitglieder für eine Aufnahme der Ukraine aus, ohne eine konkrete Einladung auszusprechen oder einen Fahrplan zu benennen.

Trump kritisierte auch seinen Vorgänger scharf. „Ich glaube, sie hatten eine Vereinbarung und Biden hat sie gebrochen“, sagte er. Trump sagte, er glaube, dass eine Einigung über die Ukraine möglich gewesen wäre. „Sie hatten eine Vereinbarung, die für die Ukraine und alle anderen zufriedenstellend gewesen wäre. Aber Biden sagte nein, ihr müsst in der Lage sein, der NATO beizutreten.“

„Cancel Culture“ gegenüber Russland?

In seinen Ausführungen bei der Diskussionsrunde lobte Lawrow zwar Trumps Äußerungen, verurteilte den Westen aber für seinen angeblichen Versuch, „die russischen Medien auszuschalten, nur weil sie einen anderen Standpunkt vertreten.“

Auch kritisierte der Minister bei der Diskussion, die den Titel „Failed cancel culture“ (Fehlgeschlagene Kultur der Auslöschung) trug, den UN-Chef António Guterres dafür, dass er die Rolle der Roten Armee während der Gedenkfeier zur Befreiung von Auschwitz nicht erwähnt habe.

Lawrow sagte zudem, dass der Generalsekretär den Westen in seiner Politik mit seiner Ukraine unterstütze, obwohl Artikel 100 der UN-Charta besagt, dass das UN-Sekretariat unparteiisch sein muss und keine Stellung beziehen oder Anweisungen von ausländischen Regierungen entgegennehmen darf.

Laut Lawrow machten der Westen, die USA und ihre Verbündeten Gebrauch von internationalen Abkommen in Übereinstimmung mit ihren eigenen Interessen. Im Fall der Ukraine betonten sie das Prinzip der territorialen Integrität, während sie jedoch Aspekte außer Acht ließen, die die Situation der russischen Minderheit im Land beträfen.

Lawrow: Die wahren Konfliktursachen prüfen

Um den Ukraine-Konflikt zu lösen, müssten die wahren Ursachen angegangen werden, erklärte der Minister. Er sagte, dass sich Russland schon vor dem Krieg um eine diplomatische Lösung bemüht habe.

Lawrow erinnerte an ein Gespräch mit dem ehemaligen US-Außenminister Antony Blinken im Januar 2022, bevor der Krieg begann. Er sagte, er habe Blinken ermutigt, die russischen Vorschläge zur Verhinderung eines militärischen Konflikts in Europa ernsthaft zu prüfen, jedoch ohne Erfolg.

Um einen dauerhaften Frieden zu erreichen, fordere Russland die Entwicklung eines neuen Sicherheitssystems, das auch russische Interessen berücksichtige.

Marco Rubio spricht von einer multipolaren Welt

Lawrow wies auch darauf hin, dass der neue US-Außenminister Marco Rubio in einem Interview das Entstehen einer multipolaren Welt anerkannt hat. In seinem ersten ausführlichen Interview als Chefdiplomat der USA erklärte er die Notwendigkeit einer Außenpolitik, die auf dem nationalen Interesse der USA beruhe („America first“), und sagte:

„Es ist also nicht normal, dass die Welt nur eine unipolare Macht hat. […] Es war ein Produkt des Endes des Kalten Krieges, aber irgendwann würde man wieder an einen Punkt gelangen, an dem es eine multipolare Welt gibt, mehrere Großmächte in verschiedenen Teilen des Planeten. Damit haben wir es jetzt mit China und in gewissem Maße mit Russland zu tun.“

Rubio betonte zudem, dass die Welt schon immer so funktioniert habe, dass die Chinesen das machten, was in Chinas Interesse lag, die Russen das, was in Russlands Interesse lag, und so weiter. „Wo unsere Interessen übereinstimmen, gibt es Partnerschaften und Bündnisse; wo unsere Unterschiede nicht übereinstimmen, ist die Diplomatie dazu da, Konflikte zu verhindern“, sagte er.

Dies sei keine Abkehr von „unseren Prinzipien“, fügte er hinzu. „Ich bin weder ein Fan noch ein schwärmerischer Befürworter von schrecklichen Menschenrechtsverletzern irgendwo auf der Welt“, so Rubio. Genauso habe die Diplomatie und das nationale Interesse immer verlangt, dass man „manchmal mit Leuten zusammenarbeitet, die man nicht zum Abendessen einladen würde“. Dies sei eine „pragmatische und reife Balance“, die in der Außenpolitik gebraucht werde.

Kontakt mit Regierung Trump aufgenommen

Noch am Tag des Rundtischgesprächs bestätigte Kremlsprecher Dmitri Peskow, dass die russische Regierung vor kurzem Kontakt mit dem Weißen Haus aufgenommen habe. „Ich kann Folgendes sagen: Es gibt tatsächlich Kontakte zwischen den Abteilungen. Sie haben sich in letzter Zeit intensiviert. Weitere Details kann ich nicht nennen“, so Peskow.

Es war die erste offizielle Stellungnahme seit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus, in der Moskau bestätigte, dass es einen direkten Dialog mit der US-Seite aufgenommen habe.



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