Indiens Öl- und Gasminister: „Bei Energie geht es nicht um Altruismus“

Seit dem EU-Preisdeckel auf russische Rohölimporte bezieht Indien billig große Mengen davon und verkauft die raffinierten Produkte teuer nach Europa weiter. Die USA unterstützen die Strategie.
Indien Öl- und Gasminister: „Bei Energie geht es nicht um Altruismus“
Der indische Öl- und Gasminister Hardeep Singh Puri am 6. Februar 2022 in Amritsar.Foto: vNARINDER NANU/AFP via Getty Images
Von 22. Februar 2023

Indien ist dabei, zu einer der führenden Nationen in der Öl- und Gasindustrie aufzusteigen. Das verkündete der indische Öl- und Gasminister Hardeep Singh Puri vor Kurzem in einem Interview gegenüber „Bloomberg TV“. Dabei beschrieb er, dass bereits riesige Landflächen für die Erkundung von Öl- und Gasvorkommen zur Verfügung stünden. US-Konzerne wie ExxonMobil oder Chevron seien bereit, in den Aufschwung der Öl- und Gasindustrie zu investieren. Ferner sei es besonders das Raffineriewesen, das aufblühe.

Derzeit kauft das südasiatische Land so viel russisches Öl wie nie zuvor. Laut einem Bericht der FAZ hätten die Inder allein im Dezember 1,2 Milliarden Barrel (Fass zu je 159 Litern) russisches Öl täglich importiert – 33 Mal mehr als im Dezember 2021. Auf globaler Ebene gesehen sei Indien mittlerweile der drittgrößte Rohölimporteur nach China und den USA.

Auf die Frage von „Bloomberg TV“, ob der billige Einkauf von russischem Öl und der Weiterverkauf raffinierter Produkte in die USA und Europa der Grund für den rasanten Aufstieg sei, reagierte der indische Energieminister mit einem Lächeln.

Das wisse er nicht, da er nur Minister sei und die Geschäfte nicht von der Politik betrieben würden, sondern auf dem Markt. Dabei sei allein der Preis entscheidend. „Bei Energie geht es nicht um Altruismus“, so Puri.

USA befürworten Indiens Strategie, billiges russisches Öl zu importieren

Wer unter den derzeitigen Gewinnern des verhängten EU-Ölembargos gegen Russland zu finden ist, lässt sich somit leicht erkennen. Indien hat russisches Öl zu Discountpreisen eingekauft, nachdem viele westliche Länder dies gestoppt hatten. Laut dem indischen Öl- und Gasminister Puri habe Indien nicht vor, seine derzeitige Strategie zu ändern.

Im letzten Dezember hatten die EU-Staaten beschlossen, einen Preisdeckel für die Lieferung von russischem Öl festzulegen – 60 Dollar (57 Euro) pro Barrel für über den Seeweg transportiertes Öl. Damit wollten sie Russland zwingen, Erdöl künftig unter Marktpreis an Abnehmer in andere Staaten zu verkaufen.

Die Biden-Regierung lobt die Vorgehensweise Indiens. Der stellvertretende US-Staatssekretär für Energieressourcen, Geoffrey R. Pyatt, sagte in einem Exklusivinterview mit der größten indischen Nachrichtenagentur PTI, dass es „überhaupt kein Widerspruch“ sei, dass Indien einer der wichtigsten globalen Partner der Vereinigten Staaten bleibe und das Land zunehmend russisches Rohöl mit Rabatt beziehe.

Indem Indien bei der Beschaffung von Rohöl zu möglichst niedrigen Preisen hart mit Russland verhandele, würde es die Politik der G7-Staaten, die russischen Öleinnahmen zu verringern, unterstützen. „Unsere Experten schätzen, dass Indien derzeit einen Preisnachlass von etwa 15 USD pro Barrel für seine Importe von russischem Rohöl erhält“, so Pyatt weiter.

Ferner habe Pyatt während seines Besuchs in Neu-Delhi am 16. und 17. Februar geäußert, dass Indien für die USA ein wichtiger Partner in allen Fragen der Energiewende sei. Beide Seiten hätten vor, die Zusammenarbeit auszubauen, auch in den Bereichen grüner Wasserstoff und zivile Kernenergie.

EU erlässt weitere Sanktionen gegen Russland

Indessen hat die EU eine weitere Verschärfung der EU-Sanktionen gegen Russland geplant, was Indien weiterhin in die Karten spielen würde. Für die EU selbst, unter anderem für Deutschland, sieht es derzeit nicht so rosig aus, was die Auslastung der Raffinerien betrifft.

Nichtsdestotrotz gab Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 15. Februar die Details des 10. Sanktionspakets gegen Russland bekannt. Darin schlägt die EU „Exportverbote im Wert von mehr als 11 Milliarden Euro vor, um der russischen Wirtschaft wichtige Technologien und Industriegüter vorzuenthalten“.

Um laut von der Leyen die größte mögliche Wirkung zu erzielen, konzentriere sich die EU dabei auf „lebenswichtige Güter wie Elektronik, Spezialfahrzeuge, Maschinenteile, Ersatzteile für Lastwagen und Strahltriebwerke“. Auch „Güter für den Bausektor, die an das russische Militär gerichtet werden können, wie Antennen oder Kräne“, sollen nicht mehr geliefert werden.

Zusätzlich sei geplant, sieben Unternehmen im Iran mit Sanktionen zu belegen, weil diese Russland mit Drohnen versorgt hätten, die wiederum zu Angriffen auf Zivilisten in der Ukraine verwendet worden seien. Bereits seit 2012 gibt es EU- und US-Sanktionen gegen die Ölindustrie Irans.



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