„Gute Gelegenheit“ nach Tod des Hamas-Führers: Geiselverhandlungen könnten wiederaufgenommen werden

Israelische Geiseln werden seit mehr als einem Jahr von der Hamas festgehalten. Nach der Ermordung deren Anführers gibt es erneute Versuche, Verhandlungen mit der Terrorgruppe über ihre Freilassung wieder aufzunehmen.
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Im November 2023 begann ein vorübergehender Waffenstillstand für drei Tage zwischen Israel und der Hamas, gefolgt von der Rückkehr einiger von der Hamas festgehaltener Geiseln sowie der Freilassung palästinensischer Gefangener.Foto: Alexi J. Rosenfeld/Getty Images
Von 29. Oktober 2024

Eine Einigung der palästinensischen Hamas-Terrorgruppe mit Israel über die Geiseln, die während des Anschlags im Oktober letzten Jahres im Gazastreifen entführt wurden, scheint in greifbare Nähe zu rücken. Ein ranghohes Mitglied des politischen Büros der Hamas in Katar, Husam Badran, hat diesbezüglich nun eine Botschaft an Israel geschickt.

„Unsere Forderungen sind klar und bekannt, und eine Einigung ist möglich. Vorausgesetzt, [Israels Ministerpräsident] Netanjahu hält sich weiterhin an das, was wir bereits vereinbart haben“, wird Badran von der israelischen Tageszeitung „The Times of Israel“ zitiert. Zuvor hatte die Hamas primär den vollständigen Rückzug Israels aus dem Gazastreifen gefordert.

Verhandlungen über einen möglichen Waffenstillstand im Gazastreifen und über die Befreiung der Geiseln scheinen nach einer zweimonatigen Pause wieder begonnen zu haben. Das „Jewish News Syndicate“ berichtet, dass David Barnea, der Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad, am Sonntag, 27. Oktober, nach Doha, Katar, gereist sei, um die Gespräche diesbezüglich zu starten.

CIA-Chef Bill Burns und der katarische Premierminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani nahmen auch an der „guten Gelegenheit“ des Treffens teil. Bis jetzt ist nur bekannt, dass diese am Montag fortgesetzt wurden. Die Hamas wartet ihren Vorschlag vorerst ab.

Von der Hamas wurden am 7. Oktober 2023 insgesamt 251 israelische Geiseln verschleppt. Die israelischen Behörden gehen davon aus, dass noch 97 der Geiseln im Gazastreifen gehalten werden.

Veranstaltung vor dem Brandenburger Tor, nachdem am 7. Oktober Hamas-Terroristen aus Gaza in Israel eingedrungen waren und dabei mehrere hunderte Menschen verschleppt hatten. Foto: Sean Gallup/Getty Images

„Gute Gelegenheit“ nach Sinwars Tod

Die Gespräche in Katar finden nach dem Tod des Hamas-Führers Jahja Sinwar statt. Die israelische Armee (IDF) war Sinwar auf den Fersen, seitdem sie ihn als Drahtzieher hinter den Anschlägen vom 7. Oktober 2023 ausgemacht hatte. Vor zwei Wochen wurde er von der IDF getötet.

Viele Betroffene, insbesondere die Familien der Entführten, hoffen, dass sich die Situation nach dessen Tod ändern wird. Manche Familien der Geiseln sehen nun eine „gute Gelegenheit“, ihre Angehörigen nach Hause zu holen, berichtete die „Associated Press“.

In einem Interview mit Familienmitgliedern der Geiseln berichtete die Nachrichtenagentur jedoch auch, dass die Situation nicht eindeutig sei. Andere befürchten, dass die Bewaffneten, die ihre Angehörigen als Geiseln halten, die Dinge nun selbst in die Hand nehmen und sich an den Geiseln für den Tod von Sinwar rächen könnten.

Die Hoffnung, die sie in dieser Situation sehen, ist, dass Sinwar den Weg für eine Einigung freimachen könne. „Netanjahu und die Vereinigten Staaten haben in den vergangenen Wochen gesagt, dass Sinwar ein Hindernis für die Einigung war. Jetzt ist er kein Hindernis mehr“, sagte Ruby Chen, der Vater der Geisel Itay Chen, ein IDF-Soldat, der auch eine deutsche und amerikanische Staatsangehörigkeit hat, gegenüber der Nachrichtenagentur.

Sinwars angebliche Anweisungen

Sinwar hat Berichten zufolge den Hamas-Mitgliedern bestimmte Anweisungen bezüglich der Geiseln hinterlassen. Die palästinensische Zeitung „Al-Quds“ hat die Dokumente mit dem Titel „Sinwars letzter Wille und Testament an seine Kämpfer vor Ort“ am 24. Oktober veröffentlicht, die Sinwar in seiner eigenen Handschrift verfasst haben soll.

Die Dokumente betonen die Verpflichtung, palästinensische Gefangene zu befreien. Zu diesem Zweck schreibt Sinwar angeblich, „wir sollten uns um das Leben der feindlichen Gefangenen kümmern und sie in Sicherheit halten, da sie ein wichtiges Druckmittel in unseren Händen darstellen“.

Der Text enthält auch Koranverse zu diesem Thema. Die zweite Seite enthält konkrete Angaben zu 112 nicht namentlich genannten Geiseln in drei Gebieten: in Gaza-Stadt (14), im Zentrum des Streifens (25) und in Rafah (51). Eine vierte Gruppe von 22 Geiseln ist ohne Ortsangabe aufgeführt.

Außerdem soll Sinwar zudem Beschreibungen der bereits freigelassenen Geiseln hinterlassen haben. Die Zeitung gab jedoch nicht an, wo die Dokumente aufgefunden wurden oder wie sie beschafft wurden.

Die Hamas hat während des Waffenstillstands Ende November letzten Jahres 105 Personen freigelassen, und vier Geiseln wurden bereits vorher freigelassen. Acht Geiseln wurden vom IDF lebend gerettet und die Leichen von 37 Geiseln wurden gefunden. Unter den Opfern sind einige, die vom IDF versehentlich getötet wurden.

Den Waffenstillstand in Gaza mit einem Waffenstillstand im Libanon kombinieren

Laut dem Büro des israelischen Premierministers erörtern die Beamten nun in Doha „die verschiedenen Möglichkeiten zur Wiederaufnahme der Verhandlungen über die Freilassung von Geiseln aus der Gefangenschaft der Hamas auf der Grundlage der jüngsten Entwicklungen“.

Die Hamas nimmt an dieser Gesprächsrunde nicht teil, wie ein israelischer Beamter der Zeitung „Times of Israel“ mitteilte. Sie könnte jedoch an einer Folgerunde teilnehmen. Der israelische Geheimdienstchef Barnea sagte laut der „Jerusalem Post“, dass der Iran und die Hisbollah nun Druck auf die Hamas ausüben könnten, um eine Einigung zu erzielen. Der Hintergrund dafür könnte sein, dass sie einen Waffenstillstand in Gaza mit einem Waffenstillstand im Libanon verknüpfen würden.

Inzwischen steht die israelische Regierung auch unter dem Druck des Volkes. Im ganzen Land finden wöchentliche Proteste statt, bei denen die Regierung aufgefordert wird, endlich einen Waffenstillstand zu schließen und die Geiseln nach Hause zu bringen.



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