Geschäfte mit China – vier Jahre Gefängnis für bosnischen Premierminister
Vier Jahre Gefängnis drohen dem Premierminister der Föderation Bosnien und Herzegowina. Fadil Novalić soll problematische Geschäfte mit Peking gemacht haben. Ihm wird vorgeworfen, während der Pandemie überteuerte und zudem noch unbrauchbare chinesische Beatmungsgeräte gekauft zu haben.
Neben dem Premierminister müssten wohl auch einige andere ins Gefängnis. Das Gericht befand zwei Partner des Ministerpräsidenten – Fahrudin Solak, Leiter der örtlichen Zivilschutzbehörde, und den Unternehmer Fikret Hodžić – ebenfalls für schuldig. Ersterer wurde zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt, Letzterer zu fünf Jahren, berichtet die bosnische Zeitung „Dnevni Avaz“.
Gegen das Urteil der ersten Instanz wurde bereits Berufung eingelegt. Daher zieht sich das Verfahren, welches seit 2021 anhängig ist, nun seit mehreren Jahren hin.
Inkompetentes Unternehmen kauft überteuert in China ein
Ein Unternehmen der Obstverarbeitung, „Silberne Himbeere“ (Srebrna malina), geleitet von Fikret Hodžić, hatte damals chinesische Medizinprodukte zu einem Sonderpreis erworben. Die Firma, die 2020 die öffentliche Ausschreibung gewonnen hatte, hat jedoch, wie der Name schon sagt, keinerlei medizinische Erfahrung oder ein dazu passendes Profil.
Als die Behörden hiervon erfuhren, leiteten sie eine Untersuchung ein. Nach einer langwierigen Ermittlung wurde schließlich ein richtungsweisender Beschluss gefasst, um die verantwortlichen Politiker zu verurteilen.
Die Staatsanwaltschaft irritierte damals nicht nur das Profil des Unternehmens. Sie stellte auch fest, dass die über das öffentliche Beschaffungswesen gekauften Beatmungsgeräte nicht einmal funktionsfähig waren. Selbst die grundlegendste Versorgung von Personen, die infiziert waren, konnte mit diesen Geräten nicht gewährleistet werden.
Wieso die Aufträge dennoch zustande gekommen sind, erklärt sich durch die Sondersituation. Die Führung der Föderation Bosnien und Herzegowina hat die Regeln für die öffentliche Auftragsvergabe aufgrund der Pandemie gelockert. Eine Ausschreibung war nicht nötig. Die Politiker konnten direkt mit den Lieferanten verhandeln.
So erhielt das himbeerverarbeitende Unternehmen den Auftrag zum Kauf von 100 chinesischen Beatmungsgeräten im Wert von 10,5 Millionen (bosnischen) Konvertible Mark (mehr als fünf Millionen Euro). Das Unternehmen war damals nicht einmal für die Einfuhr solcher Geräte zugelassen. „Die Einfuhrgenehmigung wurde erst erteilt, nachdem bereits 80 Beatmungsgeräte in Bosnien und Herzegowina eingetroffen waren“, berichtet die ungarische Nachrichtenagentur MTI.
Während des gesamten zweijährigen Prozesses erklärten sich die Angeklagten für nicht schuldig. Ihr Handeln sei „im öffentlichen Interesse“ gewesen. Nach dem Urteilsspruch kündigte der Rechtsanwalt von Novalić ohne zu zögern Berufung gegen die Entscheidung an.
„Made in China“-Geräte auch in Tübingen
Das Phänomen in Bosnien und Herzegowina ist kein Einzelfall. In einem ähnlichen Fall in Tübingen (Baden-Württemberg) zu Beginn der Pandemie kaufte das Sozialministerium 1.000 Beatmungsgeräte für 53 Millionen Euro. Die Kosten für 100 Beatmungsgeräte waren hier – relativ gesehen – genauso hoch wie in Bosnien und Herzegowina. Auch die Qualität ist unzureichend. Laut Medienberichten waren die Geräte nicht gebrauchstauglich.
„Wir werden sie nie benützen, aber sie kosten weiterhin Geld, weil sie gewartet werden müssen“, sagte Helene Häberle, Leitende Oberärztin an der Tübinger Universitätsklinik, der „Stuttgarter Zeitung“.
Britische Ärzte berichteten über ähnliche Probleme. Sie warnten vor Beatmungsgeräten aus China. Das Modell Shangrila 510 könne erheblichen Schaden anrichten, da seine Sauerstoffversorgung „schwankend und unzuverlässig“ sei. Das kann unter Umständen zum Tod der Patienten führen, erklärten die Fachexperten.
Die Liste der Beispiele ließe sich weiter fortsetzen: In Bolivien gab es ähnliche Berichte über unbrauchbare Beatmungsgeräte. Allerdings war der Preis günstiger und die lokalen Auftragnehmer verlangten riesige Aufschläge beim Kauf. Sie zahlten 8.200 Euro pro Maschine des chinesischen Herstellers, insgesamt jedoch 27.700 Euro für den Kauf einer einzigen Maschine.
In Ungarn importierten mehrere Unternehmen mit ähnlich unprofessionellem Hintergrund wie die „himbeerverarbeitende Firma“ ebenfalls Beatmungsgeräte aus China. Die Firmen, die im Auftrag der ungarischen Regierung handelten, waren zuvor beispielsweise in der Beratung oder in der Herstellung von optischen Geräten tätig. Die ungarische Regierung geriet in die Kritik, weil sie eine Vielzahl von überteuerten und überflüssigen chinesischen Geräten mit zweifelhafter Qualität gekauft hat.
Wer wartet noch auf die Justiz?
Auch etliche andere Staaten haben große Mengen an Beatmungsgeräten und anderen medizinischen Geräten in China gekauft. Anschließend hatten sie oft sehr ähnliche Probleme.
Nach Meinung von Kritikern trägt dieses Phänomen die Handschrift von Pekings Politik. Sie stellen fest, dass die Kommunistische Partei Chinas versucht hatte, eine Art „Maskendiplomatie“ aufzubauen, um ihr internationales Image zu verbessern. Doch machte Peking bei dem Versuch zahlreiche Fehler und schickte minderwertige Waren zu hohen Preisen ins Ausland.
Rechtliche Schritte, um die Entscheidungsträger in den Bestellländern zur Verantwortung zu ziehen, waren aber – anders als in Bosnien und Herzegowina – in anderen Ländern nicht vorgesehen. Die überteuerten chinesischen Geschäfte sind meistens von strenger Geheimhaltung umgeben.
Für die Zukunft stellt sich die Frage, ob der Fall von Bosnien und Herzegowina einen Präzedenzfall schafft: Sollen auch die Geschäfte der führenden Politiker anderer Länder mit chinesischen Unternehmen untersucht werden?
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