Eskalation im Kosovo: Ethnische Serben versuchen, in Regierungsgebäude einzudringen

In Serbien demonstrieren Zehntausende gegen Gewalt und die Regierung. Im Kosovo eskalieren Proteste der Serben vor den Rathäusern. Serbiens Präsident Vucic verkündete seinen Rücktritt als Präsident der regierenden Fortschrittspartei SNS.
Titelbild
Kosovarische Bereitschaftspolizisten vertreiben Serben, die sich vor einem städtischen Gebäude versammelt haben. Zuvor hatte die Polizei nach umstrittenen Wahlen in der mehrheitlich von Serben bewohnten Stadt Zvecan am 26. Mai 2023 einen albanischen Bürgermeister eingesetzt.Foto: STRINGER/AFP via Getty Images
Von 29. Mai 2023

Die Lage in Serbien und dem Kosovo ist unruhig. Am Montag haben ethnische Serben im Norden des Kosovo versucht, in die örtlichen Regierungsgebäude einzudringen, wie der „Spiegel“ berichtete. Aus diesem Grund hätten sich in der Kleinstadt Zvečan die kosovarische Polizei und Soldaten der NATO-geführten multinationalen Kosovo-Truppe versammelt, um das Rathaus zu schützen. Was ist der Grund?

Bei den im April vorgezogenen Kommunalwahlen, die in Zvečan und drei anderen Gemeinden stattfanden, beteiligten sich damals nur 3,5 Prozent der Wähler. Ethnische Serben, die in dieser Region die Bevölkerungsmehrheit ausmachen, hätten diese erheblich boykottiert, so der „Spiegel“. Dazu hätten die von der Regierung in Serbien gelenkten Wortführer der Kosovo-Serben aufgerufen.

In die Bürgermeisterämter und Versammlungen waren so nur Vertreter albanischer Volksgruppen oder anderer Minderheiten gewählt geworden – diese zogen letzte Woche mithilfe der Polizei in die Rathäuser der vier Gemeinden ein.

Seither versuchten ethnische Serben wiederholt, die gewählten Beamten am Betreten kommunaler Gebäude zu hindern. Bei den Zusammenstößen, bei der die Polizei auch Tränengas einsetzte, seien laut „Spiegel“ mehr als ein Dutzend Serben und fünf kosovarische Polizisten verletzt worden. Belgrad versetzte die serbischen Truppen an der Grenze zum Kosovo in höchste Alarmbereitschaft.

Serbiens Präsident Vucic stellt möglichen Nachfolger vor

Für Freitag, 26. Mai, hatte Serbiens Staatspräsident Aleksandar Vucic zu einer Großdemonstration aufgerufen. Vor seinen Anhängern in Belgrad stellte er klar: „Serbien wird nicht untätig bleiben, wenn die Serben im Nordkosovo angegriffen werden.“

Tags darauf trat Vucic von seinem Posten als Vorsitzender der Regierungspartei SNS zurück. Es sei ein „anderer Ansatz notwendig, um eine größere Zahl an Kräften derjenigen zusammenzuführen, die für den Sieg eines patriotischen, erfolgreichen Serbiens kämpfen wollen“, sagte Vucic am Samstag auf einem Parteitag der Serbischen Fortschrittspartei (SNS).

Trotz des Rücktritts bleibt der 53-Jährige Präsident des Balkanlandes. Auf der außerordentlichen Versammlung der SNS in Kragujevac verkündete Vucic, dass die „SNS und seine Kinder sein Leben seien“. Er würde die Fortschrittspartei deshalb nicht verlassen, solange er lebe. Bei seiner Rede schlug er Miloš Vučević als neuen Präsidenten der Partei vor.

Serben forderten Rücktritt von Vucic

In Serbien haben derweil am Samstag, 27. Mai, erneut Zehntausende Menschen in Belgrad gegen Gewalt und die Regierung demonstriert.

Bei der Kundgebung am 27. Mai versammelten sich Serbiens Bürger vor dem Parlament im Zentrum der Hauptstadt. Anschließend bildeten sie eine Menschenkette um den nahe gelegenen Sitz des staatlichen Fernsehens RTS, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur berichtete. Sie hatten dabei den Rücktritt des in ihren Augen autoritär regierenden Präsidenten Aleksandar Vucic gefordert.

Eine serbische Journalistin postete ein Video über die Demonstration auf ihrem Twitter-Account:


Es war der vierte Protest in Folge, nachdem Anfang Mai ein 13-jähriger Schüler in einer Belgrader Schule neun Mitschüler und einen Wachmann erschossen hatte. Einen Tag später schoss ein 21-Jähriger in einem Dorf bei Belgrad auf Menschen und tötete acht von ihnen. Die beiden Massaker, die nicht unmittelbar miteinander zusammenhingen, hatten die serbische Gesellschaft tief erschüttert.

Gegen Regierung und private TV-Sender

Die Kundgebung am Samstag verlief friedlich. Sie richtete sich gegen Vucic und seine Regierung sowie gegen private Fernsehstationen, die Gewalt und Mafia-Kriminalität beschönigten und Propaganda für die Machthaber machten. Vucic selbst spricht immer wieder voller Verachtung über politische Gegner.

Auch der Staatssender RTS steht im Fokus oppositioneller Kritik, weil er regierungsunabhängige Stimmen kaum zu Wort kommen lässt und Vucic als Sprachrohr dient. Zum Protest aufgerufen hatten liberale und linke Oppositionsparteien sowie Bürgerbewegungen.

Ein seiner Partei zugehöriges Medium zitiert Staatschef Vucic mit folgenden Worten: „Serbien ist weder eine russische Provinz noch eine amerikanische Kolonie noch eine europäische Kolonie. Das ist es nicht und wird es auch nie sein. Ich bin stolz auf die unabhängige Politik, die ich leite.“

(mit Material von dpa)



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