Bahnkarte für ganz Europa: Von der Leyen unternimmt zweiten Versuch
Mit dem Zug von einem in ein anderes europäische Land zu fahren, ist oftmals umständlich, da jedes Land seine eigenen Eisenbahngesellschaften hat. Nicht selten müssen die Kunden mehr als ein Ticket kaufen. Zudem sind die Fahrgastrechte oft dürftig und das Buchen kompliziert.
Kurz nach ihrer Wiederwahl zur EU-Kommissionspräsidentin hat Ursula von der Leyen hierfür eine Lösung in Aussicht gestellt. Sie schlägt ein einheitliches Buchungssystem für alle EU-Bürger vor. Damit soll das klimafreundlichere Zugfahren für die Fahrgäste attraktiver gemacht werden.
Eine Reise, eine Fahrkarte
In ihrer aktuellen politischen Leitlinie für ihre neue Amtszeit schrieb sie:
Die Menschen sollten in der Lage sein, mithilfe offener Buchungssysteme transeuropäische Fahrten bei mehreren Anbietern zu buchen, ohne ihr Recht auf Rückerstattung oder Ausgleichsreisen zu verlieren.“
Von der Leyen sagte, dass die EU-Kommission dafür eine Verordnung über die einheitliche digitale Buchung und Ausstellung von Fahrkarten vorschlagen wolle. Somit sollen EU-Bürger für ihre Zugreise künftig nur eine Fahrkarte auf einer Plattform kaufen müssen, selbst wenn sie die Dienste von mehreren Eisenbahngesellschaften in Anspruch nehmen.
Gleichzeitig sollen die Rechte der Fahrgäste für ihre gesamte Reise erhalten bleiben. Diese sind für die Kunden wichtig, wenn sich Züge maßgeblich verspäten oder ganz ausfallen.
In Kombination mit weiteren Reformen sagte von der Leyen, dass die EU-Kommission „die EU zum fortschrittlichsten Reiseziel der Welt machen“ will. Dieses soll „ein voll funktionsfähiges europäisches digitales Grenzmanagement“ besitzen.
Zwei mögliche Varianten
Zum Plan der EU-Kommission äußerte sich Victor Thévenet, verantwortlich für Bahnpolitik bei der NGO Transport & Environment (T&E), eine Dachorganisation von nichtstaatlichen europäischen Organisationen, die sich für einen nachhaltigen Verkehr einsetzen.
Im Gespräch mit „Euractiv“ sprach er von zwei Varianten, die aus einem ursprünglichen Vorschlag einer Reform aus dem Jahr 2020 resultieren und welcher seit 2023 auf Eis liegt.
Die eine war die Einrichtung einer unabhängigen Buchungsplattform, auf der die Fahrgäste normale oder kombinierte Fahrkarten von verschiedenen Betreibern kaufen könnten. Bei der anderen Variante hätte es nur noch eine Suchplattform gegeben, die die einzelnen Angebote zum Verkauf anzeigen würde.
Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte „Euractiv“, dass das Gesetz „ein komplexes Dossier [sei], das viel technische Arbeit erfordert, die während des gesamten Mandats fortgesetzt wurde und noch nicht abgeschlossen ist.“ Das deutet auf einen längeren Prozess bis zur endgültigen Umsetzung hin.
Bahnunternehmen gegen Gesetz
Erschwerend kommt hinzu, dass die großen Eisenbahngesellschaften gegen Reformen in dem Bereich ankämpfen. Das schrieb Carlos Ambel, leitender Direktor bei T&E, im September 2023.
Die Bahnunternehmen betrieben hier Lobbyarbeit, um ihre Interessen durchzusetzen. Ambel zufolge befürchten die Unternehmen, dass sich mit der neuen Verteilung von Fahrkarten ihre Einnahmen schmälern. Zudem wollten diese vermeiden, dass kleinere Bahnunternehmen von der Neuregelung profitieren könnten.
Die Gemeinschaft der Europäischen Bahnen (CER) teilte laut „Euractiv“ im vergangenen Jahr ähnliche Bedenken. Alberto Mazzola, Geschäftsführer von CER, schilderte, dass die Branche kundenfreundlichere Maßnahmen befürworte. Allerdings dürfe dies „nicht auf Kosten der Verkehrsunternehmen“ geschehen.
Einem Gesetz für ein einheitliches Buchungssystem müssten die Mitgliedsländer und das Europaparlament noch zustimmen.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion