Unlösbare Gleichung im Kopf lösen: Wie viele Lösungen finden Sie?
Computer können alles besser? Von wegen … Solange künstliche Intelligenz noch nicht schlauer ist als der Mensch, brauchen wir nichts zu fürchten – und bisher stoßen Computer schon bei verhältnismäßig einfachen mathematischen Problemen an ihre Grenzen. Wetten, dass Sie die folgende „unlösbare“ Gleichung im Kopf lösen können, während Google und die meisten Taschenrechner mindestens einen Teil der Lösung vergessen?
Viel Rechenaufwand … für eine unvollständige Lösung
Um derartige Gleichungen zu lösen, greifen gute Taschenrechner und Rechenprogramme auf sogenannte Computer-Algebra-Systeme (CAS) zurück. Diese beherrschen die meisten Rechenregeln und können aufgrund der erhöhten Rechenleistung oft auch vermeintlich unlösbare Aufgaben lösen.
Besonders an CAS-Programmen ist zudem, dass sie auch Lösungswege angegeben können – und Schüler mit entsprechenden Geräten noch weniger rechnen müssen. Eine weitere, im wahrsten Sinne, schön anzusehende CAS-Funktion ist die graphischer Darstellung mathematischer Probleme. Wenn man also weiß, was man eingeben muss, kann man obige Aufgabe mit wenigen Klicks veranschaulichen – und die (ersten) Lösungen ablesen.
Doch trotz geballter Rechenpower lohnt es offenbar, selbst zu rechnen. Denn die CAS-Lösung ist nicht nur unvollständig, sondern auch noch unnötig kompliziert. Wenn Mathe Ihr Lieblingsfach war – oder immer noch sein sollte – dürfen Sie natürlich trotzdem versuchen, den maschinellen Lösungsweg nachzuvollziehen. Alle anderen springen am besten gleich zur nächsten Zwischenüberschrift …
Da sich Gleichungen mit Exponenten nicht ohne weiteres lösen lassen, greift die Mathematik zu einem Trick namens Logarithmus – Sie können immer noch zu nächsten Zwischenüberschrift springen – um den Exponenten auf den Boden der Tatschen zu holen. Mathematisch sieht das dann so aus:
Aber die Gleichung lässt sich deutlich einfacher lösen – ohne CAS-Systeme ohne Logarithmus und sogar ohne Taschenrechner. Versprochen.
Kopfrechnen in Klasse 9
Früher war vielleicht nicht alles besser, aber garantiert einfacher. Wenn die kindliche Logik den Erwachsenen voraus ist, kann man es ja mal mit ihr versuchen. Reisen Sie in Gedanken aber bitte nicht zu weit zurück. Das benötigte Wissen sollten Sie ab der fünften beziehungsweise in der neunten Klasse erlernt haben.
Ganz einfach ausgedrückt ist die obige Gleichung nichts anderes als ab = 1, wobei a und b für jeweils eine quadratische Gleichung steht. Wie man quadratische Gleichungen löst, steht je nach Bundesland in der neunten oder zehnten Klassen auf dem Lehrplan.
Deutlich eher – ab der 5. Klasse – lernen Schüler bei Grundlagen der Potenzschreibweise, dass ab nur unter zwei Bedingungen zum Ergebnis 1 führt: „Eins hoch Irgendetwas“ und „Irgendetwas hoch Null“. Der Fall Null hoch Null ist dabei nicht definiert, sodass bei der zweiten Bedingung eine Probe fällig wird. Die sollten spätestens Neuntklässler auch im Kopf lösen können.
Kombiniert man nun das Wissen aus der fünften und neunten Klasse erhält man für die „unlösbare“ Gleichung zwei Lösungsszenarien:
Mit der quadratischen Lösungsformel – außer in Bayern lautet die x1;2 = -p/2 ± √[(p/2)² – q] – erhält man im ersten Lösungsszenario x² – 7x + 10 = 0 und die Lösungen x1;2 = 3,5 ± √[(-7/2)² – 10] = 3,5 ± √[49/4 – 10] = 3,5 ± √[9/4] = 3,5 ± 1,5. Das heißt, die ersten beiden Lösungen der unlösbaren Gleichung lauten x1 = 2 und x2 = 5.
Analog führt x² – 13x + 42 = 0 zu x3;4 = 6,5 ± 0,5 und damit zu den beiden weiteren Lösungen x3 = 6 und x4 = 7. Weil es für 00 ein mathematisches Problem gibt, müssen die letzten beiden Lösungen überprüft werden. Sollte der erste Teil der Gleichung für x3 = 6 und x4 = 7 Null ergeben, müssen die Lösungen gestrichen werden. Eine kurze Probe – im Kopf – ergibt 6² – 7 · 6 + 11 = 5 und 7² – 7 · 7 + 11 = 11. Damit zählen alle bisherigen Lösungen (x = 2; 5; 6 ;7).
Wenn Sie jetzt denken, „Moment mal, das entspricht auffällig genau den CAS-Lösungen“, stimmen wir Ihnen zu – nur das keiner Logarithmen im Kopf rechnen will (kann).
Vier, sechs oder noch mehr Lösungen?
Es gibt noch einen weiteren Fall, für den gilt ab = 1. Multipliziert man zwei – oder eine gerade Anzahl – negative Zahlen, verschwindet das Vorzeichen. Das gilt natürlich auch für Potenzen gerader Ordnung. Daher lautet das dritte Lösungsszenario: Minus Eins hoch eine gerade Zahl oder (-1)2n = 1.
Auch das lässt sich mit einer quadratischen Gleichung und einer anschließenden Probe im Kopf lösen. x² – 7x + 11 = -1 führt zu x² – 7x + 12 = 0 und x5;6 = 3,5 ± √[(-7/2)² – 12] = 3,5 ± 0,5 sodass sich x5 = 3 und x6 = 4 ergeben. Diese Lösungen sind neu.
Die Probe ergibt zudem zwei gerade Zahlen (3² – 13 · 3 + 42 = 12 und 4² – 13 · 4 + 42 = 6), sodass auch diese Lösungen richtig sind – auch, wenn CAS-Programme sie nicht finden.
Wer jetzt noch nicht genug von Mathematik hat, kann die Bedingungen für ab = 1 auf komplexe Zahlen erweitern. Die Wurzel von -1 ist in der Schulmathematik nicht definiert. Wer sich tiefer mit der Mathematik beschäftigt, weiß jedoch √-1 = i. Dabei ist i eine komplexe Zahl, die nicht auf dem klassischen Zahlenstrahl eingetragen werden kann.
Mehr Lösungen für die unlösbare Gleichung: Es ist komplex …
Wenn man nun i quadriert erhält man -1, wenn man wiederum -1 quadriert erhält man +1. Das heißt i2² = i4 = 1. Dasselbe gilt natürlich auch für weitere Vielfache von vier. Damit gibt es ein viertes Lösungsszenario, das da lautet ab = 1 wenn a = i und b = 4n.
Ohne Mathematikstudium – die Vielfalt der Zahlensysteme und damit die Zahl der theoretischen Lösungsszenarien ist unendlich – gibt es im Bereich der komplexen Zahlen mindestens eine zweite Möglichkeit für ab = 1. Ähnlich wie zuvor gilt ab = 1 wenn a = -i und b = 2 + 4n.
Konkret bedeuten die beiden komplexen Lösungsszenarien, eine quadratische Gleichung x² – 7x + 11 = ± i und die entsprechende(n) Probe(n). Das ist dann nicht nur dem Leistungskurs Mathe zu komplex, um es im Kopf zu rechnen. Viele CAS-Systeme sind bekanntlich schon vorher ausgestiegen – und die wenigen, die es bis hierhin geschafft haben, konnten auch nach 24 Stunden keine komplexe Lösung für die „unlösbare“ Gleichung finden.
Bis unsere Mathe-verrückten Leser – oder ein CAS-System – (eine) komplexe Lösung(en) gefunden haben, gehen wir mit ruhigem Gewissen weiterhin von „nur“ sechs Lösungen aus. Viel Spaß beim Rechnen …
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