Die Windkraft – ein Windei!?
Ein wichtiger oder sogar der wichtigste der Energieträger der Zukunft soll die Windkraft werden, die Photovoltaik spielt nur eine untergeordnete Rolle, alles andere wie Kernenergie, Kohle, Gas werden ja schließlich abgestellt.
Nun sollte man annehmen, dass die Befürworter derselben sich einmal überlegt haben, was das eigentlich bedeutet. Ein gewisses Vorwissen ist dabei Voraussetzung. Das verlange ich nicht von jedem Menschen, aber zumindest von denen, die die Windkraft propagieren (also von Windkraftlobbyisten, Politikern und ja, auch von den Fridays-For-Future- und sonstigen Klima-Aktivisten).
Die Voraussetzungen für diese Überlegungen, sonst kann man die Statistiken nicht verstehen, sind:
- Man kennt den Unterschied zwischen Primärenergieverbrauch (also jeglicher Energieverbrauch) und Stromerzeugung (wie der Name sagt).
- Weiterhin muss man wissen, was bedeuten die Vorsilben „Peta-“ und „Mega-“ für Zahlengrößen.
- Peta (P) 10^15 = 1.000.000.000.000.000
- Mega (M) 10^6 = 1.000.000
- Die Kenntnis der Prozent- und Dreisatz-Rechnung sind nicht schädlich.
- Dann benötigt man noch die Umrechnung 1 Joule [J] = 1 Wattsekunde [Ws].
Jetzt kann man mit den folgenden Statistiken des Primärenergieverbrauchs und der Nettostromerzeugung sowie der Tatsache rechnen, dass es 2020 bereits 29.815 Onshore Windkraftanlagen (WKA) gab.
Die Primärenergie beträgt 11.691 Petajoule = 11.691 · 10^15 J. Davon sind etwa 17 Prozent erneuerbare Energien, also inklusive Windenergie. Mit der Statistik der Aufteilung der Erneuerbaren in der Nettostromerzeugung ergibt sich:
488,7 Terawattstunden [TWh] = 488,7 · 60 · 60 · 10^12 Ws = 1.759 · 10^15 J
Das Verhältnis der Stromerzeugung zum Primärverbrauch beträgt:
1.759 : 11.691 = 0,1504 ≈ 15 Prozent
Die Erneuerbaren steuern 50,5 Prozent zur Stromerzeugung bei. Windenergie hat hiervon einen Anteil von 27 Prozent. Insgesamt am Primärenergieverbrauch sind das
27 % · 15 % = 0,0405 ≈ 4,1 Prozent.
Dafür wurden 29.815 Onshore Windkraftanlagen benötigt.
Will man nun alle anderen nicht-erneuerbaren Energieformen des Primärenergieverbrauchs durch Windkraft ersetzen – denn diese 100 % – 17 % = 83 % müssen ja abgestellt werden – so kann man die Zahl der benötigten Windräder berechnen:
29.815 · 83 : 4,1 = 603.572 ≈ 604.000
Sechshundertviertausend Windkraftanlagen. Das ist eine ganze Menge, insbesondere, wenn man bedenkt, dass diese bis 2050, also in knapp 30 Jahren errichtet werden müssen.
604.000 WKA : 30 Jahre ≈ 20.000 WKA pro Jahr
Nebenbei: Im Jahr 2021 wurden bis Mitte November 240 neue Onshore Windkraftanlagen errichtet. Auf geht’s!!!
Ach ja, noch etwas: Die Bundesrepublik Deutschland misst 357.588 Quadratkilometer oder etwa 360.000 km². Damit folgt gemäß voriger Rechnung:
604.000 WKA : 360.000 km² = 1 WKA / 0,596 km²
0,596 km² entsprechen einem Quadrat von 772 Meter Kantenlänge. Das heißt, alle 772 Meter steht eine Windkraftanlage. In jeder Himmelsrichtung. Also praktisch in jedem Vorgarten.
Diese Überlegung zeigt auf, dass der Energieverbrauch in Deutschland bis zur Mitte des Jahrhunderts erheblich reduziert werden muss, will man mit Windenergie den Energiebedarf Deutschlands decken. Oder neue Energiequellen tun sich auf und werden genutzt, zum Beispiel moderne Kernkraftwerke oder Fusionskraftwerke. Anderes ist momentan nicht wirklich in Sicht. Die Photovoltaik wird keinen essenziellen Beitrag leisten können.
Bei Windkraft und Photovoltaik ist auch das Problem der Dunkelflaute nicht gelöst. Denn üblicherweise scheint bei uns in Deutschland nachts keine Sonne und der Wind weht auch nicht immer.
Und in den Stromleitungen wird leider keine Energie gespeichert, sondern Energie verbraucht. Auch der Vorschlag, die in den Batterien der E-Autos gespeicherten Energie für die Allgemeinheit zu nutzen, kann man sich abschminken, denn wer möchte nach abendlicher Aufladung morgens feststellen, dass er bedauerlicherweise nicht fahren kann, da seine Auto-Batterie geleert wurde.
Es geht weiter: Die Grünen bestanden darauf, im Koalitionsvertrag der Ampel festzuschreiben, dass der „Anteil der erneuerbaren Energien bis 2030“ 80 Prozent betragen müsse. Als es Mitte November immer noch keine Einigung gab, verließ der Grünen Unterhändler Trittin wutentbrannt den Raum. War Trittin nicht der mit der Behauptung, die Mehrkosten für die erneuerbaren Energien pro Monat betragen pro Familie nur den Wert einer Kugel Eis?
Kurz hochgerechnet, „erneuerbar“ heißt ja wohl Windkraft. Bis 2030 also 80 Prozent der Primärenergie durch Windkraftanlagen.
604.000 WKA · 80 % = 512.000 WKA.
Bis 2030.
Das sind mehr als 50.000 Windkraftanlagen pro Jahr.
Oder meinte man 80 Prozent der Stromerzeugung – nicht der Primärenergie –, so wie es jetzt im Koalitionsvertrag festgehalten ist (Zeile 1805)? Dann sind es bis 2030:
29.815 WKA · (50 % : 27 %) · 80 % = 44.170 ≈ 44.000 WKA
Das wären in den nächsten neun Jahren etwa 4.900 Windkraftanlagen pro Jahr. Dabei, wie gesagt, wurden im Jahr 2021 bisher 240 Windkraftanlagen errichtet. Vielleicht werden es 500 in diesem Jahr …
4.900 Windkraftanlagen pro Jahr sind unter den derzeitigen Bedingungen utopisch und helfen uns aufgrund der Wankelmütigkeit des Windes überhaupt nicht. Nun, die Windkraftlobby, ein eifriger Förderer der Grünen Partei, hingegen würde es freuen, die Bürger weniger, wie man am bisherigen Widerstand sieht.
Aber gegen den Willen der Bürger und mit Gesetzesänderungen im Sinne des Verfassungsgerichtsurteils zum Klimagesetz könnte eine Regierung diesen Unsinn umsetzen, ohne Rücksicht auf die finanziellen Belastungen, die Investitionen und den Strompreis betreffend.
Wenn kein Wind weht, müssen wir Strom aus dem Ausland zukaufen, falls dieses überschüssigen Strom produziert und bereit ist zu liefern. Stromausfälle auch über mehrere Tage infolge Dunkelflaute werden nicht ausbleiben mit allen Folgen im industriellen und privaten Bereich. Die ernsthaften Folgen eines mehrtägigen Stromausfalls im privaten Umfeld wird sich jeder selbst leicht ausmalen können.
Dieser Artikel erschien im Original auf RL-rational unter dem Titel: Die Windkraft – ein Windei !?
Dr. Rainer Link promovierte am Kernforschungsinstitut CERN in Genf in den 70er-Jahren. Heute arbeitet er als Wissenschafts- und Reisejournalist und betreibt den Blog „RL-rational“. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich intensiv mit dem Klima und seiner Veränderlichkeit. Ausgehend vom Einfluss der Sonne auf das Klima der vergangenen Jahrhunderte und Jahrtausende konzentrierte sich schließlich sein Augenmerk auf die Auseinandersetzung mit der Debatte über den heutigen Klimawandel.
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