China: Corona-Heldenhymne der Partei im Angesicht des Todes

In China geschehen noch „Wunder“, wenn es sich auch eher um Märchen zu handeln scheint: Die Kommunistische Partei verbreitet ihre Corona-Heldenhymne. Dabei wäre angesichts der Tag und Nacht brennenden Krematorien eher Grabgesang angesagt. Eine Analyse.
Titelbild
Chinas Präsident Xi Jinping (vorne) während der Eröffnungssitzung des 20. Parteitags der Kommunistischen Partei Chinas in der Großen Halle des Volkes in Peking am 16. Oktober 2022. Foto: Noel CELIS / AFP) (Foto: NOEL CELIS/AFP via Getty Images
Von 23. Februar 2023

Vor einigen Tagen berichteten die Medien, dass China seine unkontrollierte Öffnung am 7. Dezember 2022 nach drei Jahren restriktiver Null-COVID-Politik als „großen entscheidenden Sieg“ für die Kommunistische Partei verbucht habe. Der Kurswechsel der Partei sei „völlig richtig“ gewesen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur „Xinhua“ von einer Sitzung des KP-Führungskreises, an der auch Xi Jinping, der Oberste Führer, teilnahm.

Der Ständige Ausschuss des zentralen Politbüros, der oberste Machtzirkel der sieben mächtigsten KP-Führer, versuchte kürzlich, das menschengemachte Corona-Drama in China in ein Heldenepos der Partei umzudichten. China habe trotz seiner großen Bevölkerung mit der (angeblichen) Überwindung der schweren Epidemie „ein Wunder in der Geschichte der menschlichen Zivilisation“ vollbracht. Es sei nach Null-COVID in „relativ kurzer Zeit“ ein „reibungsloser Übergang“ gelungen, erklärten demnach die Kader. „Die Maßnahmen waren hart, die Massen haben sie unterstützt und die Ergebnisse waren enorm“, so der oberste Parteiausschuss.

China propagiert niedrigste Todesrate weltweit

Bei dem Parteitreffen erklärten die KP-Führer auch, dass „mehr als 200 Millionen Menschen diagnostiziert und behandelt wurden, fast 800.000 schwerkranke Patienten wirksam behandelt wurden und die Sterblichkeitsrate durch Corona auf dem niedrigsten Niveau weltweit geblieben ist.“  Die letzten offiziellen Angaben aus China zu den Todesfällen waren 83.150 Todesopfer bis zum 9. Februar.

Vor einigen Wochen schon sagte Hu Ping, Chefredakteur des in New York ansässigen chinesischsprachigen Monatsmagazins „Beijing Spring“, in Bezug auf die chinesische Zahlen-Propaganda: „Wenn ich sowieso lügen will, dann erzähle ich einfach eine größere Lüge, je größer, desto besser.“ Hu, ehemals Präsident der Chinesischen Allianz für Demokratie, meinte auch angesichts der vom Regime veröffentlichten niedrigen Todeszahlen zur Epidemie, dass man in seiner Vorstellungskraft beim Schätzen eingeschränkt werde, wenn die Größe der Lüge die Vorstellungskraft übersteige.

Zur offiziellen Todeszahl in China berichtete die „New York Times“: „Vier verschiedene akademische Teams haben weitgehend ähnliche Schätzungen vorgelegt, die darauf hindeuten, dass eine Million bis 1,5 Millionen Menschen während der Welle starben, weit mehr als Chinas offizielle Zählung.“ Forscher glaubten, dass die offizielle Zahl von 83.150 Todesopfern während der gesamten Pandemie eine enorme Unterzählung sei. Doch es gibt noch wesentlich dramatischere Einschätzungen der tatsächlichen Lage in China, von einer vom Regime verheimlichten Katastrophe ungeahnten Ausmaßes.

400 Millionen Corona-Tote in drei Jahren. Diese Zahl wurde kürzlich von dem Falun Gong-Begründer Herrn Li Hongzhi veröffentlicht und führte zu regen Diskussionen in der chinesischen Community. Wie könnte eine solch hohe Zahl an Opfern von China vor der Welt verborgen worden sein? „Die KPC hat es nicht gewagt, diese Zahl öffentlich zu widerlegen, was nur das schlechte Gewissen der KPC zeigt“, meinte China-Analyst und Politkommentator Tang Jingyuan in den USA.

Schutz der Führer war oberste Priorität

Nach der KP-Sitzung twitterte der 2012 in die USA emigrierte bekannte chinesische Sozialwissenschaftler und Tian’anmen-89-Überlebende Wu Zuolai, dass das Zentralkomitee der Partei mit Xi Jinping als Kern immer darauf bestanden habe, die „KPC und den Führungskern als höchste Priorität zu setzen“. Man habe die ganze Partei und die ganze Nation vereint und geführt, um den „Wahnsinn von Null-COVID durchzusetzen“ – und mit „törichtem politischem Willen und allseitiger Mobilisierung […] und mit allen Mitteln des Staates, die Epidemie unwirksam koordiniert“.

Dies habe sowohl die Produktion als auch das Alltagsleben zerstört, Himmel und Menschen wütend gemacht und „riesige Sekundärkatastrophen erzeugt“. Man habe dabei nur das „Gesicht der Volksführer und mächtigen Altkader wirksam geschützt“ und letztlich die Abkopplung Chinas von der Weltwirtschaft erreicht.

Nach Angaben von Wu werde niemand, keine Regierung, die ein bisschen Scham habe, so viele verlorene Leben ignorieren. Die Propaganda der Partei sei noch schamloser. Jedoch: „Je dicker das Rouge aufgetragen wird, desto hässlicher wird das Bild in der öffentlichen Meinung.“

Drei Phasen bis zum „Wahnsinn“

Gegenüber der chinesischsprachigen Epoch Times erkärte Wu Zuolai im Interview, dass die dreijährige Corona-Epidemie in China in drei Phasen abgelaufen sei.

Zuerst wurde der Ausbruch in Wuhan vertuscht, was die weite Verbreitung des Virus begünstigt habe. „Unter diesen Umständen schloss die KPC die Stadt intern und schickte fünf Millionen Menschen in andere Teile der Welt, was dazu führte, dass die Epidemie in fast 200 Ländern auf der ganzen Welt ausbrach“, so der Wissenschaftler. Er verwies auf die WHO-Statistiken, wonach dadurch 750 Millionen Menschen infiziert und 6,8 ​​Millionen Menschen gestorben seien.

In der zweiten Phase seien infizierte Menschen gewaltsam zur Quarantäne gebracht worden. Als sich dann die Virus-Varianten in weniger gefährliche umwandelten, habe das Regime die Lockdowns verstärkt und Massentests durchgeführt. Bei Positiv-Befunden seien Gebäude, Gemeinden und sogar ganze Städte abgeriegelt worden.

Es erreichte einen Grad des Wahnsinns, weil Xi Jinping ‚Null-COVID‘ anordnete, um das Virus auszurotten“, sagt Wu Zuolai, bekannter Sozialforscher.

Als Ergebnis der „extremen Epidemieprävention“ seien Arbeit und Produktion zum Erliegen gekommen, der Unterricht ausgefallen, die Nahrungskette der Menschen unterbrochen und internationale Flüge gestoppt worden. Auch die Produktionsketten seien verlagert worden, ausländisches Kapital und ausländische Unternehmen seien geflohen. „Diese sekundäre Katastrophe ist weitaus größer als die Katastrophe der Ausbreitung des Virus.“

Die dritte Phase habe am 7. Dezember 2022 angefangen. Die Öffnung sei „ohne Vorwarnung“ gekommen, die „Null-COVID-Politik“ über Nacht beendet worden. „Die Epidemie fegte wie eine Lawine über China hinweg und mehr als 80 Prozent der Menschen wurden infiziert“, erklärte Wu. „Die Krankenhäuser waren überfüllt, vor den Beerdigungsinstituten stand man Schlange und Bestattungen waren schwer zu bekommen.“ Zahlreiche hochrangige Gelehrte und Prominente seien gestorben, erinnert der Sozialwissenschaftler.

Laut Wu sei es in dem totalitären System um Willkür und Chaos gegangen. Lokale Beamte hatten aus Angst, ihre Posten zu verlieren, nach unten, Ebene für Ebene härtere Maßnahmen eingeleitet, was zu einem solchen Zustand beigetragen habe. Daher seien mehrere Phasen der Seuchenprävention gescheitert, zum Leidwesen der Bevölkerung.

Erst in Ketten, dann ins offene Messer

Wenige Monate vor der von der Parteiführung so hochgelobten Öffnung hatte man die Menschen noch mit Apps und QR-Codes auf Schritt und Tritt nachverfolgt und drangsaliert. Bei geringsten Anzeichen von Infektionen wurden ganze Stadtviertel abgesperrt und in den Lockdown getrieben. Zudem hatte man bereits damit angefangen, große Isolationslager für Symptomlose und Menschen mit geringen Corona-Symptomen zu bauen.

Doch das Land war durch die harschen Maßnahmen finanziell ausgeblutet, vor allem die Lokalregierungen wussten nicht mehr, wie sie all das Gesundheitspersonal, die Massentests und die Quarantänelager finanzieren sollten, zusätzlich zu ihren normalen Verwaltungsausgaben. Auch die Wirtschaft lag am Boden.

Doch nicht nur den lokalen Regierungen fehlte das Geld. Auch der Machtapparat der Partei funktioniert nur mit dem ältesten Schmiermittel der Welt, weil die ideologische Nummer schon lange nicht mehr funktioniert. Daher war die Öffnung der bittere, aber logische Schritt für die Partei und die „White Paper“-Proteste nach dem Lockdown-Feuer von Ürümqi boten den willkommenen Anlass, sich aus der Affäre zu ziehen. Für die Bevölkerung kam die Öffnung überraschend und unvorbereitet. Eine gigantische Infektionswelle überrollte das Land und tötete möglicherweise viele Millionen Menschen.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


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