Einziger ohne Smartphone: 14-Jähriger dankt seinen Eltern fünf Jahre später dafür
Kaylee Low, ehemalige Krankenschwester und heute Hausfrau, ist seit 18 Jahren mit ihrem Mann Mike Low, einem Rechtsanwalt, verheiratet. Gemeinsam hat das Paar vier Kinder, zwei Söhne und zwei Töchter, und lebt in Alberta, Kanada.
Als ihr ältester Sohn, der heute 14 Jahre alt ist, vor fünf Jahren nach einem Smartphone fragte, sagten beide „Nein“. Heute dankt der Neuntklässler seinen Eltern für seine unbeschwerte Kindheit frei von Bildschirmen und den Gefahren eines unbeschränkten Internetzugangs.
„Nicht der richtige Zeitpunkt“ für ein Smartphone
„Er hat mitbekommen, wie seine Altersgenossen um ihn herum alle Smartphones bekommen haben“, erzählt Kaylee Low der Epoch Times. „Aufgrund der Erfahrungen unserer Mitmenschen wussten wir von der Tatsache, dass ein Handy das Risiko erhöht, Pornografie und anderen Gefahren ausgesetzt zu sein. Aus diesem Grund hatten wir das Bauchgefühl, dass es nicht der richtige Zeitpunkt war.“
Während der gesamten Zeit informierte sich das Ehepaar über die Auswirkungen von Handys auf Kinder und Jugendliche. Je mehr sie über die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und die Entwicklung des Gehirns erfuhren, desto bewusster wurde ihnen, wie sie ihre Kinder an die Technologie heranführen wollten: langsam und schrittweise oder erst in einem angemessenen Alter. Die Handynutzung war das größte Gesprächsthema in der Familie.
„Wir sprachen oft darüber, wofür er ein Handy brauchte, und tun dies auch heute noch. Inwiefern wäre es ein Hilfsmittel, das er benutzen müsste?“, so Kaylee Low. „Während wir unser Leben und unseren Zeitplan durchdachten, kamen wir gemeinsam als Familie immer wieder zu dem Schluss, dass der optimale Zeitpunkt noch nicht gekommen war.“
Doch die Entscheidung der Eltern war nicht immer leicht für den Jungen. „Ich würde nicht sagen, dass es eine Rebellion gab, aber die sechste Klasse war für ihn vermutlich das schwierigste Jahr. Von 34 Kindern war er der Einzige ohne Smartphone“, erinnert sich seine Mutter.
Seelische Unterstützung
Besonders in den Momenten, in denen ihr Sohn frustriert war, brachten ihm seine Eltern immer mehr bei, warum er noch kein Smartphone bekam. Gleichzeitig gaben sie ihrem Sohn die Möglichkeit, seine Gefühle auszudrücken.
„Ich glaube, wir haben einfach versucht, ihm zuzuhören und seine Gefühle zu bestätigen. Gemeinsam haben wir Ideen entwickelt, wie wir ihn unterstützen können“, so Kaylee Low. Eine dieser Ideen sah das familiäre Beisammensein vor.
„Ein wichtiger Teil ist die Beziehung zu unseren Kindern. Wir müssen Zeit mit ihnen verbringen und eine Familienkultur schaffen, in der es Traditionen und bestimmte Dinge gibt, von denen sie wissen: ‚Das sind die Dinge, auf die ich mich in meiner Familie immer verlassen kann.‘ Wenn man eine gute Beziehung zu seinem Kind hat, verstehen sie unsere Gründe als ‚Wir tun das, weil wir dich lieben und das Beste für dich wollen‘. Sie haben dann nicht das Gefühl, dass man ihnen etwas aufdrängen will oder sie gesagt bekommen, was sie tun sollen“, sagt Kaylee Low.
Um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu fördern, gibt es innerhalb der Familie Low jede Woche ein spezielles Treffen. Bei diesem erzählt jeder von seinem Highlight der Woche, einem aufgetretenen Problem oder davon, worauf derjenige sich freut.
Jeder Elternteil plant außerdem einmal im Monat einzelne Gespräche mit jedem der vier Kinder. Verbunden werden diese mit einer Freizeitaktivität, die sich das Kind aussuchen darf. Einzige Einschränkung: „Wir müssen immer noch in der Lage sein, ein Gespräch zu führen“, so die Mutter.
„Wenn wir schwierige Situationen mit unseren Kindern meistern wollen, müssen wir zuerst eine Beziehung zu ihnen aufbauen, damit wir tatsächlich Einfluss auf sie nehmen können“, so Kaylee Low.
Die Einsamkeit überwinden
Eine Herausforderung für den ältesten Sohn der Lows war nicht der Gruppenzwang, sondern die Einsamkeit, auch wenn er immer viele Freunde hatte.
„Wir haben es alle erlebt. Jeder von uns ist schnell dabei, zum Handy zu greifen, wenn wir uns langweilen, uns unwohl fühlen oder eine freie Minute haben wollen“, erzählt die Mutter.
„Ich glaube wirklich, dass, wenn unsere Augen auf unser Handy gerichtet sind, diese emotionale Trennung zwischen uns und unseren Mitmenschen entsteht. Das spüren wir, egal wie alt wir sind. Ich glaube, dieser Zustand hat in der Schule immer mehr zugenommen. Es war einfach die Einsamkeit, einen Weg zu gehen, der nicht alltäglich war, oder einen Weg, der weniger begangen wird.“
In der siebten Klasse hörte ihr Sohn komplett auf, nach einem Smartphone zu fragen. Er bemerkte, dass einige seiner Klassenkameraden, die oft die ganze Nacht spielten, ängstlicher waren als früher. Außerdem hatten sie ihre Emotionen nicht unter Kontrolle oder schienen sich von der Welt um sie herum zu entfernen. Einige der Mitschüler hatten das Interesse an außerschulischen Aktivitäten verloren und „schienen wirklich unglücklich zu sein“.
Nach und nach öffnete sich ihr ältester Sohn und kam seinen Geschwistern und Cousins näher. Zudem sprach er offen mit seinen Eltern und entwickelte sogar den Mut, mit unbekannten Menschen zu sprechen.
„Ich habe bemerkt, dass er den Leuten in die Augen schauen kann, wenn er mit ihnen spricht“, erinnert sich seine Mutter. „Ich finde, dass er präsenter ist und sich nicht so leicht ablenken lässt. Er hat Freude an Aktivitäten im Freien – auch außerhalb der Schule – und den Ehrgeiz entwickelt, im Leben erfolgreich sein zu wollen.“
Ohne Smartphone Freiheit statt Stress
„Als ich ihn konkret fragte, worin er die Vorteile sieht, sagte er, dass er ‚die Welt nicht in seiner Tasche herumtragen muss‘. Er erzählte, dass die Kinder in der Schule gestresst sind, wenn es darum geht, wie viele Likes sie bekommen oder was in irgendeinem beliebigen Teil der Welt vor sich geht. Mein Sohn spürte dagegen ein Gefühl der Freiheit. Er muss nicht die gleiche Last mit sich herumtragen wie andere Kinder, weil er nicht das sieht, was sie online sehen.“
Ohne Smartphone war der Junge auch nicht dem Gruppendruck der sozialen Medien, Cybermobbing und anderen „potenziell gefährlichen Trends“ ausgesetzt, die online so kursieren. Seine Hobbys sind völlig losgelöst von der digitalen Welt. Er ist sportlich und liebt es, zu lesen, Gitarre zu spielen und Lieder zu schreiben, zu wandern und zu campen. Außerdem mag er es, mit seiner Familie, zu der er ein sehr inniges Verhältnis hat, Ski zu fahren.
Jetzt, wo der 14-Jährige die Gefahren eines Smartphones kennt, planen seine Eltern, ihn langsam an ein Smartphone heranzuführen.
„Wir bereiten ihn langsam auf das Erwachsensein vor, wenn er nicht mehr bei uns wohnt“, so Kaylee Low. „Wir werden mit diesem Familienhandy und wenigen Apps beginnen. Wenn alles gut läuft und er es verantwortungsvoll nutzt, können wir in ein bis zwei Jahren weitere Apps hinzufügen, bis er irgendwann ein eigenes Smartphone haben wird.“
Hilfe für andere Eltern
Um anderen Eltern und ihren Kindern bei der Umstellung auf ein technikfreies oder -reduziertes Leben zu helfen, hat Kaylee Low ihnen einige ihrer Lieblingsbücher weiterempfohlen.
„Nehmen Sie für eine Weile eine kleine Veränderung vor. Fügen Sie dann zunächst eine weitere kleine Veränderung hinzu und dann im Laufe der Zeit immer mehr. Gehen Sie bewusster mit der Technologie um. Am Anfang sind die Veränderungen vielleicht schwieriger, denn wenn man den Kindern die Bildschirme wegnimmt, ist das ein echter Entzug. Es ist wie ein Kurzschluss, der im Gehirn passiert – wir sehen das an den Wutanfällen. Aber mit der Zeit werden sie sich nicht mehr danach sehnen. Es wird einfacher werden, wenn man dranbleibt, bewusst damit umgeht und dem Prozess vertraut“, so die Mutter.
„Ich möchte den Eltern die Hoffnung geben, dass es möglich ist, etwas zu ändern. Und das Gehirn ist wirklich ein erstaunlicher Teil des Körpers. Es kann sich erholen, heilen und verändern. Veränderung kann geschehen“, so Kaylee Low.
Auch die anderen Kinder der Familie Low haben kein Smartphone und keine sozialen Medien. Bis heute verwendet auch ihr Vater diese Medien nicht. Kaylee Low hat sich nach zehn Jahren Pause bewusst für eine Rückkehr im Jahr 2022 entschieden. Auf Instagram möchte die Mutter ihre Erfahrungen mit anderen teilen und ihre Erkenntnisse über die Regulierung der Bildschirmzeit vermitteln. Sie selbst hat dabei einen Unterschied in ihrem Leben bemerkt.
„Ich hatte das Gefühl, dass ich viel mehr Zeit an Tagen hatte, an denen ich keine sozialen Medien nutzte“, erzählt sie. „Ich mochte es auch sehr, dass meine Beziehungen zu anderen Menschen nur von Angesicht zu Angesicht stattfanden, persönlich. Aber ich hatte auch das Gefühl, dass ich einen Instagram-Account einrichten sollte, um mehr Informationen über die Dinge zu teilen, die ich über Bildschirme gelernt habe, und um zu versuchen, den Eltern in meiner Gemeinde zu helfen.“
Es ist nie zu spät
Bevor sie sich in die sozialen Medien begibt, macht Kaylee Low bestimmte Übungen und liest eine Bibelstelle. Außerdem hat sie sich ein Zeitlimit von 15 Minuten gesetzt, um das Scrollen in der App zu beschränken. Jeden Sonntag bleibt sie der App komplett fern und nimmt sich alle paar Monate für eine oder zwei Wochen Instagram-frei.
Dennoch gewinnt ihre Onlinepräsenz immer mehr an Zugkraft. Ein Beitrag über ihren Sohn, der ohne Mobiltelefon aufwächst, wurde mit über fünf Millionen Aufrufen zum Schlager. „Ich freue mich, wenn es irgendjemandem da draußen hilft, der das Gefühl hat, einen einsamen Weg zu gehen, wenn er versucht, mit seinen Kindern die Technologie zu umgehen“, erklärt die Mutter. „Technologie ist sehr hilfreich und ein großartiges Werkzeug, aber manchmal lassen wir uns von ihr verführen, einfach weil sie bequem ist.
Mit der Zeit ist das keine gesunde Art, mit Dingen umzugehen. Wir können von unseren Kindern nicht erwarten, dass sie wie Erwachsene denken oder handeln, wenn wir ihnen ein Smartphone in die Hand geben, mit dem sie ungehindert auf alles zugreifen können, zu dem auch Erwachsene Zugang haben. Durch die ständigen und hohen Dopaminschübe können die Bahnen in unserem Gehirn neu verdrahtet werden, und das kann zur Sucht führen“, so Kaylee Low.
Sie persönlich rät anderen Eltern, die Einführung von Handys so lange wie möglich hinauszuzögern oder die Nutzung nachhaltig einzuschränken. Außerdem sollten sie auf ihr Bauchgefühl vertrauen und offene Gespräche mit ihren Kindern führen, um ihnen die Gründe dafür zu erklären. „Es ist nie zu spät, kleine Änderungen vorzunehmen und Hoffnung zu schöpfen“, sagt Kaylee Low abschließend.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „He Was the Only Kid in Class Without a Cell Phone, Years Later He Thanks His Parents“ (redaktionelle Bearbeitung kms).
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