Wie ich ein sowjetischer Spion wurde und dem KGB entkam: Jack Barsky

Seine neue Identität war Jack Barsky. 1949 bei Bad Muskau in der DDR geboren, wurde in den 1970er-Jahren der KGB auf den überdurchschnittlich intelligenten jungen Mann aufmerksam. Was es hieß, für den KGB zu arbeiten und wie er, überzeugter Wahl-Amerikaner, die Zukunft der USA sieht, erfahren Sie im Interview von American Thought Leaders.
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Jack Barsky zu Gast bei American Thought Leaders mit Jan Jekielek.Foto: Epoch TImes
Von 13. August 2024

Jack Barsky arbeitete zehn Jahre, von 1978 bis 1988 in den USA als verdeckter Agent für die Sowjetunion. Seine Erfahrungen als sogenannter „Maulwurf“ oder „Schläfer des KGB“ fasste er in seinen Memoiren „Der falsche Amerikaner: Ein Doppelleben als deutscher KGB-Spion in den USA“ (im Englischen: „Deep Undercover“) zusammen.

Unter der Vortäuschung, dass er HIV-positiv sei, trat er von seiner Agentenrolle für den KGB zurück. Damit endete auch sein Glaube an den Kommunismus und die Überzeugung, alles Böse im Menschen entstehe nur durch die Umstände.

Heute ist für ihn das wichtigste Wort Liebe. „Wahre Liebe ist bedingungslos, ohne etwas im Gegenzug zu erwarten“, erzählt Barsky im Gespräch mit Gastgeber Jan Jekielek. Lesen Sie hier das gekürzte Interview. 

 

Sie sind nicht als Jack Barsky auf die Welt gekommen.

Nein, natürlich nicht. Ich war Albrecht Dietrich, und gestern wäre ich eigentlich 75 geworden. Der Geburtstag von Jack Barsky ist im November. Meine Tochter kann ein Buch schreiben: „Mein Papa hat zwei Geburtstage.“

Sie waren einige Jahre lang KGB-Agent in den USA.

Ja, ich war zehn Jahre lang in den USA tätig, von 1978 bis 1988.

Bitte geben Sie unseren Zuschauern einen Überblick über Ihre Geschichte. Sie haben ein hervorragendes Buch darüber geschrieben, namens „Deep Undercover“.

Ich wurde 1949 in Ostdeutschland geboren und wuchs dort auf. Der Zweite Weltkrieg endete 1945, ich wurde also vier Jahre später geboren, und zwar in einer der ärmsten Regionen Deutschlands, wo die Tschechische Republik, Polen und Deutschland zusammenkommen.

Von meinem Heimatdorf aus konnte ich die Neiße, die Deutschland von Polen trennt, in nur sieben Minuten zu Fuß erreichen. In diesem Fluss sind wir immer geschwommen. Die Gegend hatte karge Böden und viele Kiefernwälder. Es gab weder höhere Bildungseinrichtungen noch eine bedeutende Industrie.

Wer dort geboren wurde, kam höchstwahrscheinlich niemals mehr weg von dort. Damals war die Mobilität für Ostdeutsche, insbesondere in dieser Region, sehr gering. Dieser Teil Deutschlands war von der Sowjetarmee besetzt. An meinem Geburtstag wurde er zur DDR.

Ich wurde im Mai 1949 geboren und die DDR wurde im Oktober gegründet. Auf die Deutsche Demokratische Republik trifft nur ein Wort von den drei zu. Sie ist deutsch, aber sie war weder demokratisch noch eine Republik. Sie wurde eine Diktatur, geführt von der kommunistischen Partei.

Es gab ein paar politische Parteien, in denen Kommunisten vertreten waren, aber das war nur Show. Die Wahlen waren immer gefälscht, es gab nur eine Kandidatenliste. Man konnte entweder ein Kreuzchen machen oder etwas durchstreichen, aber wenn man etwas durchstreichen wollte, wurde man von der Stasi beobachtet.

Das war der ostdeutsche Geheimdienst, das Pendant zum KGB. Die Einheitspartei wurde zu 100 Prozent von den Kommunisten beherrscht. Es gab sogar eine Partei, die die Reste der deutschen Kirche vertrat, aber sie wurde stark überwacht und von den Kommunisten unterwandert.

Wenn man in einem solchen Land aufwächst, wird man von frühester Kindheit an mit einer Lüge nach der anderen gefüttert. Die Gehirnwäsche ist gewaltig, sie beginnt im Kindergarten und setzt sich in der Grundschule fort, wo wir ermutigt wurden, den Jungpionieren beizutreten, was fast alle taten.

Die Jungpioniere waren eine kommunistische Jugendgruppe.

Ja, es war eine Gruppe für Kinder. Ab der Oberschule gab es die nächste Stufe, die Freie Deutsche Jugend. Aber wir waren nicht wirklich frei. Dann traten einige von uns in die kommunistische Partei ein. Mit 18 Jahren konnte man der Sozialistischen Einheitspartei beitreten, aber ich trat erst ein Jahr später ein.

Ich wollte einfach ein Andersdenkender sein. Ich bin noch nie der Masse gefolgt. Aber das brachte mich in Schwierigkeiten, also musste ich lernen, mich an die Regeln zu halten. Es gab auch Sport- und paramilitärische Gruppen außerhalb der FDJ.

Jede dieser Gruppen hatte eine spezielle Form der Gehirnwäsche. Wenn man dann einen Job bekam, wurde erwartet, dass man der Partei beitritt. Die kommunistische Botschaft war allgegenwärtig, es gab keinen Raum für Diskussionen.

An der Hochschule belegten wir einen Kurs mit dem Titel „Wissenschaftlicher Marxismus-Leninismus“. Ich studierte Chemie, weil ich Wissenschaftler werden wollte. Die große Lüge war, dass Marx das Gesetz entdeckt habe, das die Entwicklung der Menschen von Jägern und Sammlern über Sklaverei und die mittelalterliche Aristokratie zum Kapitalismus und schließlich zum Sozialismus und Kommunismus bestimmt.

Die Mehrheit von uns glaubte an dieses Gesetz. Als ich viele Jahre später nach Deutschland zurückkam, stellte ich fest, dass viele meiner gleichaltrigen Freunde immer noch an den Überbleibseln ihrer Gehirnwäsche festhielten. Was ich oft hörte: „Ihr wisst, dass wir ein gutes Anliegen hatten. Wir sind nur deshalb gescheitert, weil die falschen Leute an der Spitze waren.”

An dieser Stelle möchte ich auf eine der erforderlichen Eigenschaften eines KGB-Agenten eingehen: tiefe Loyalität gegenüber dem Kommunismus. Glauben Sie das?

Das tat ich, zu 100 Prozent. Ich wollte der rechtmäßigen Sache dienen. Ich wollte helfen, alle unterdrückten Massen auf der Welt zu befreien und ein Paradies der Arbeiter auf der Erde zu errichten.

Es ist ein romantischer Glaube, der heute bei einigen jungen Menschen wieder Einzug gehalten hat. Ich war wirklich in dem Glauben, dass alle Menschen gut sind, und wenn sie stehlen oder schlechte Dinge tun, dann liegt das an den Umständen.

Wir müssen die Arbeiterklasse und die Unterdrückten nur von ihren Fesseln befreien. Daran habe ich von ganzem Herzen geglaubt. Ich gehörte aber nicht zu den Superkommunisten, die unhinterfragt alles taten, was der Chef sagte. Ich hatte immer einen kritischen Geist, behielt meine Kritik aber meistens für mich. Trotzdem habe ich an die Sache geglaubt.

Im Übrigen hielt ich die Partei- und Landesführung für ziemlich unintelligent. Ich konnte kein Russisch und hatte nur wenig Kontakt zu Russen, als ich dort war. Ich war ja schließlich heimlich dort. Ich war mir der Probleme der sowjetischen Gesellschaft nicht bewusst.

Mir fiel auf, dass es in den Supermärkten nur sehr wenige Waren gab. Wenn man eine Schlange sah, reihte man sich, ohne zu fragen, ein und war einfach froh, das zu bekommen, was sie hatten. Aber insgesamt sah Moskau beeindruckend aus, die Fassaden waren wunderschön. Aber hinter den Gebäuden sah man die Realität. Die Wohnhäuser waren schmutzig, die Aufzüge funktionierten nicht. Aber ich beschloss, das alles zu ignorieren.

Wahrscheinlich waren Sie für Dinge verantwortlich, die Ihnen nicht einmal bewusst sind. Eine Auszeichnung, die Sie erhielten, lässt darauf schließen, dass es vermutlich viele solche Dinge gab.

Ich möchte nicht spekulieren, denn ich weiß von einigen anderen meiner Aufgaben. Zum Beispiel war ich daran beteiligt, Informationen über einige Überläufer, die es in die USA geschafft hatten, zu sammeln. Es war sehr wahrscheinlich, dass dies zur Vorbereitung eines möglichen Attentats geschah.

Es gab ausdrückliche Aufgaben, und eine davon bestand darin, regelmäßig ein militärisches Objekt zu besuchen, das jedem in einem anderen Land tätigen KGB-Agenten zugewiesen war. Das mir zugewiesene Objekt war die Naval Weapons Station Earle in New Jersey.

Ich lernte, die Schiffstypen anhand ihrer Silhouette zu erkennen und festzustellen, ob es Anzeichen für Kriegsvorbereitungen gab. Allerdings war es für mich unpraktisch, ohne Auto nach New Jersey zu kommen. Ich musste die Fähre von Staten Island nehmen und dann mit dem Fahrrad fahren.

Sprechen wir etwas genauer darüber, wie Sie das KGB verlassen haben. Ich habe den Eindruck, dass solche Ausstiege selten vorkommen.

Ja, was ich tat, war nicht die Norm. Die meisten, die ihre Verbindung zum KGB abbrechen, laufen über. Ich hingegen bin zurückgetreten.

Durch Vortäuschen einer unheilbaren Krankheit traten Sie zurück.

Ja, durch Betrug.

Nachdem Sie ein überzeugter Kommunist gewesen waren, sind Sie Christ geworden. Dieser Wandel wird auch in Ihrem Buch beschrieben, das ich sehr empfehlen kann. Es ist eine fesselnde Lektüre.

Erstens war ich schon immer ein Andersdenkender, so hat Gott mich geschaffen. Die Fähigkeit, frei zu denken, mir meine eigene Meinung zu bilden und aus meinen eigenen Fehlern zu lernen, war mir unglaublich wichtig. Außerdem hatte ich aufgehört zu glauben, dass der Mensch von Grund auf gut ist, weil die katholische Kirche in ihrer Geschichte sehr böse war. Von mörderischen Päpsten bis zu heimlich verheirateten Päpsten – Beispiele gibt es viele.

In einem Online-Kurs über die Verfassung der USA wurde mir klar, dass eine solche Korruption nur verhindert werden kann, indem die Machtkonzentration in einer Organisation oder Gruppe vermieden wird. Es gibt unzählige Fälle von scheinbar aufrichtigen Führern wie Castro oder Lenin, die aufgrund des dem Menschen innewohnenden Bösen zu Diktatoren wurden.

Gewaltsame Machtübernahme und Machterhalt führen zu solchen Missbräuchen. Die Gewaltenteilung, wie sie von den Staatsgründern eingeführt wurde, ist die einzige Möglichkeit, dieses Übel in den Griff zu bekommen und zu mildern.

Sie erwähnen, dass es heute junge Menschen gibt, die eine romantisierte und ideologisch gerechte Sichtweise haben, die oft als amerikanischer Marxismus oder Wokeness bezeichnet wird.

Für mich ist das kein Marxismus, weil er viel weiter gefasst ist. In einer echten marxistischen Gesellschaft gibt es kein Privateigentum. Diejenigen, die an dieser romantischen Vorstellung festhalten, die Welt von Unterdrückern zu befreien, wollen nicht ihr Privateigentum aufgeben.

Ich habe noch niemanden gehört, der das befürwortet. In der Tat hat die radikale Linke in diesem Land ein komfortables Leben. Es mag zwar einige dem Marxismus entlehnte utilitaristische Aspekte geben, aber diejenigen, die die Untergrabung der US-amerikanischen Gesellschaft vorantreiben, sind diejenigen, die das Sagen haben und die Vorteile ihrer Macht genießen wollen.

Nochmal zurück zu einem Zitat aus ihrem Buch: „Egal, welchen Herausforderungen wir in unserer Nation gegenüberstehen, solange der Leuchtturm der Freiheit noch leuchtet.“ Viele Menschen in den USA sehen diesen Leuchtturm nicht mehr. Wie würden Sie darauf reagieren?

Das stimmt zwar nicht ganz, aber es ist etwas Wahres dran. Friedliche Proteste vor Abtreibungskliniken zum Beispiel sind eine Form der Meinungsfreiheit, die nicht erlaubt ist. Andererseits gibt es Fälle, in denen Demonstranten sich kriminell verhalten können, was die Freiheit anderer einschränkt.

Wir bewegen uns in eine sehr gefährliche Richtung. Wir sind noch nicht an dem Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt, aber es ist eine beunruhigende Entwicklung. Dieses Problem ist eng mit dem Fokus des Bildungssystems der USA auf Gefühle verbunden.

Diversität ist wichtig und sollte respektiert und gefördert werden. Aber es hat sich eine irrationale Gruppe entwickelt, die nicht versteht, was es bedeutet, ein Mensch zu sein und andere wirklich zu lieben. Im Leben geht es nicht darum, andere zu verändern oder nach dem eigenen Bilde zu formen.

Leider schwinden diese Werte, und Hass gewinnt die Oberhand über die Liebe. Das ist selbstzerstörerisch und wird auch die Gesellschaft zerstören, wenn wir keinen Ausweg finden.

Das muss nicht unbedingt religiös sein, aber es hat in der Geschichte Momente gegeben, in denen es zu einem Aufwachen kam und die Menschen erkannten, dass etwas nicht stimmt. Eine solche Einsicht ist immer noch möglich. Ich bin grundsätzlich optimistisch, aber ich bin auch besorgt über die Richtung, in die wir uns bewegen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Jan Jekielek.



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