Klimaforscher: Politische Agenda von Fachzeitschriften untergräbt Vertrauen in Wissenschaft

Wissenschaftler greifen zur Selbstzensur, um überhaupt in angesehenen Fachzeitschriften veröffentlichen zu können. Das erklärt Patrick T. Brown, selbst Autor von Fachbeiträgen, unter anderem für „Nature“, und spricht aus Erfahrung. Die politische Agenda der Verlage untergrabe jedoch das Vertrauen in die Wissenschaft.
„Grüne“ Ideologien machen auch vor Fachzeitschriften nicht halt. Mehrere Aussagen halten einer fachlichen Überprüfung nicht stand.
„Grüne“ Ideologien machen auch vor Fachzeitschriften nicht halt. Mehrere Aussagen halten einer fachlichen Überprüfung nicht stand.Foto: Artfully79/iStock
Von 24. Mai 2024

Das öffentliche Vertrauen in viele Mainstream-Medien befinde sich weiterhin im Sinkflug, erklärt Dr. Patrick T. Brown unter Berufung auf eine Gallup-Umfrage aus dem Jahr 2023. Demnach hat mehr als jeder Dritte (39 Prozent) „überhaupt kein Vertrauen“ in die Medien. 2016 behaupteten dies nur gut ein Viertel (27 Prozent) der Befragten. Auch das Vertrauen in immer mehr Fachzeitschriften schwinde.

„Ein Grund dafür scheint zu sein, dass die Medien mehr und mehr den ideologischen Vorlieben bestimmter Gruppen entsprechen und dabei ihre Glaubwürdigkeit gegenüber einem breiteren Publikum opfern“, ergänzt der promovierte Klimawissenschaftler. Er selbst habe beispielsweise die „New York Times dafür kritisiert, dass sie die Auswirkungen des Klimawandels übertreibt“.

Dass diese Art Kritik „vielleicht vergebens“ sei, weil Leser und Geldgeber eben jene Art Berichterstattung wünschen, ist ihm bewusst. Wichtig ist für Brown, der auch einen Lehrauftrag der Johns-Hopkins-Universität innehat, dass gerade „in einem Medienumfeld wie diesem, dringend seriöse Quellen für wissenschaftliche Informationen“ benötigt werden.

Quellen, die der Versuchung widerstehen, sich auf ihr Publikum einzustellen, und stattdessen die sachliche Berichterstattung über Fakten in den Vordergrund stellen“, konkretisiert Brown.

Fachzeitschriften auf ideologischen Abwegen

Nicht nur für Brown gilt „Nature“ als eine der renommiertesten Fachzeitschriften. Aufgrund dessen habe sie „den Ruf, eine der weltweit zuverlässigsten Informationsquellen zu sein“. So werden viele Beiträge – einschließlich seiner eigenen – ernst nach eingehender Begutachtung von Fachkollegen veröffentlicht. Die „Nebenwirkungen“ dieses Verfahrens hat Brown selbst erlebt und ausführlich beschrieben. Epoch Times berichtete.

Ferner verfügt „Nature“ über „weniger umfangreiche Rubriken, die sich mit wissenschaftlichen Nachrichten und Ähnlichem befassen“, beschreibt Brown in einem neueren Blogeintrag. Traurigerweise scheinen Fachzeitschriften darin „in ähnlichem Maße an der Verdrehung von Klimainformationen beteiligt zu sein“. Zwei Veröffentlichungen aus der jüngeren Vergangenheit belegten dies:

Mitte Dezember 2023 erschien der Beitrag „Anstieg der extremen Waldbrände heizt die globalen Emissionen an“. Darin erklärte Xiaoying You, dass „Klimawandel und menschliche Aktivitäten […] in den vergangenen zwei Jahrzehnten zu häufigeren und intensiveren Waldbränden geführt“ haben.

Anfang desselben Monats veröffentlichte die Zeitschrift einen Beitrag von Carissa Wong mit dem Titel: „Der Klimawandel ist auch eine Gesundheitskrise – diese 3 Grafiken erklären, warum.“ Sie schreibt: „Auf der Klimakonferenz COP28 steht das Thema Gesundheit auf der Tagesordnung. Steigende Temperaturen verstärken die Ausbreitung von Infektionskrankheiten, fordern Menschenleben und führen zu Ernährungsunsicherheit.“

In beiden Artikeln fand Brown vier Kernaussagen zu Waldbränden, zu Infektionskrankheiten, zu Todesfällen und zur Ernährungssicherheit. Nach genauerer Betrachtung – und im ersten Fall Rückfrage bei der Autorin – konnte Brown alle vier Behauptungen widerlegen:

Verwendete Quelle widerspricht Autorin

You erklärt in ihrer Studie, dass „globale Waldbrände zwischen 2001 und 2022 zusammen 33,9 Milliarden Tonnen Kohlenstoffdioxid freigesetzt haben. […] Der Grund für den Anstieg der Emissionen ist die zunehmende Häufigkeit von extremen Waldbränden.“ Wobei diese „Zunahme der Waldbrände teilweise auf die häufigen Hitzewellen und Dürren zurückzuführen ist, die durch den Klimawandel verursacht werden.“

Das führe, so You weiter, wiederum zu einer Rückkopplung: mehr Waldbrände, mehr CO₂; mehr CO₂, mehr Erwärmung; mehr Erwärmung, mehr Waldbrände. Brown verweist in diesem Zusammenhang auf das oft fälschlicherweise zum „Weltklimarat“ erhobene „Zwischenstaatliche Gremium für Klimawandel“ (IPCC). Demzufolge ist die mit Bränden verbundene CO₂-Rückkopplung „sehr gering“.

Wichtiger sei jedoch, dass „die weltweiten CO₂-Emissionen durch Waldbrände entgegen der Darstellung in dem Artikel nicht zunehmen“, so Brown. Das zeige sogar eine von You in ihrer Arbeit verwendeten Grafik. Sie stammt aus einem „2023 erschienenen, nicht von Fachleuten überprüften Bericht der Chinesischen Akademie der Wissenschaften.“ Dort heißt es in der zugehörigen Bildunterschrift:

Die weltweiten CO₂-Emissionen aus Waldbränden sind zwischen 2001 und 2022 im Durchschnitt um 0,44 Milliarden Tonnen pro Jahr zurückgegangen.“

Widersprüchliche Beiträge in Fachzeitschriften sind keine Seltenheit, dass verwendete Quellen die eigenen Aussagen widerlegen schon.

Die weltweiten Emissionen aus Waldbränden sind seit 20 Jahren rückläufig. Auch sinkt die verbrannte Fläche weltweit sowie insbesondere in besonders gefährdeten Gebieten. Achseneinteilungen beachten. Foto: ts/Epoch Times, mit Material von Wenru et al. (2023), Jones et al. (2022) CC BY 4.0

Emissionen steigen – dort, wo es brennt

Weil außerdem sowohl die weltweiten Waldbranddaten ein Sinken der CO₂-Emissionen zeigen, als auch die jährlich verbrannte Fläche zurückgeht, suchte Brown das Gespräch mit der Autorin. Per E-Mail teilte sie Brown mit:

„Nach meinem Gespräch mit Xu Wenru, einem Mitautor [Anm. v. Brown: des Berichts der Chinesischen Akademie der Wissenschaften], sind extreme Waldbrände in den vergangenen 22 Jahren in waldbrandgefährdeten Gebieten […] häufiger geworden, und ihre CO₂-Emissionen haben stark zugenommen.“ Oder wie Brown es formuliert:

Das heißt aber nur, dass die CO₂-Emissionen aus Waldbränden zunehmen – wo die CO₂-Emissionen aus Waldbränden zunehmen. Es lässt den wichtigen Zusammenhang völlig außer Acht, dass die globalen CO₂-Emissionen aus Waldbränden abnehmen.“

Messdaten widersprechen Fachzeitschriften: Die weltweiten CO₂-Emissionen aus Waldbränden sind in den letzten Jahren tendenziell gesunken.

Berechnete globale Waldbrandemissionen 2003 bis 2023 in Megatonnen Kohlenstoff: Die weltweiten CO₂-Emissionen aus Waldbränden sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten tendenziell gesunken. Foto: ECMWF

Statistiken hinterfragen

„Jedes Jahr sterben Menschen an Hitzewellen, die durch den Klimawandel verursacht werden“, heißt es im zweiten „Nature“-Artikel, der Brown sauer aufstößt. Darin werde – zumindest implizit – behauptet, dass höhere Temperaturen zu mehr Todesfällen führen. Diese Aussage stammt nicht aus Wongs Artikel. Vielmehr konnte Brown sie auf einen Bericht in der Fachzeitschrift „Lancet“ aus dem Jahr 2023 zurückführen.

Während die Berechnungsmethode an sich für Brown fragwürdig ist – statt Temperaturen werden „lokale Hitzetage“ in Relation zu Todesfällen gesetzt – weist er auf zwei andere Versäumnisse hin: Die 114 Autoren ignorieren den „Einfluss der Erwärmung auf kältebedingte Todesfälle völlig“. Zudem gehe „die Zahl der Hitzetoten selbst bei isolierter Betrachtung im Laufe der Zeit zurück, weil die Gesellschaften weniger empfindlich auf die Temperatur reagieren.“

Fakt ist, Kälte fordert seit Jahrzehnten knapp zehnmal mehr Todesopfer als Hitze. Das wird, wenn man genau hinschaut, auch in den Daten früherer „Lancet“-Artikel sichtbar.

Originalgrafik von Masselot et al. bezüglich der Hitze- und Kältetoten in Europa. Foto: Masselot et al. (2023); CC BY 4.0

Hitze- und Kältetote in Europa nach Angleichung der x-Achse. Foto: ts/Epoch Times nach Masselot et al. (2023) CC BY 4.0

Globale Erwärmung rettete Millionen Leben

Während die Zahl der Hitzetoten – nicht zuletzt aufgrund der gestiegenen Weltbevölkerung – um 0,21 Prozent leicht gestiegen ist, ist die Zahl der Kältetoten im selben Zeitraum um 0,51 Prozent und damit mehr als doppelt so stark gesunken.

Weltweit hat die Erwärmung zwischen 2000 und 2019 insgesamt 3,1 Millionen Menschenleben vor kältebedingten Todesfällen bewahrt. Demgegenüber stehen 130.000 zusätzliche Todesfälle im Zusammenhang mit Hitze. Summa summarum hat der Klimawandel damit in den vergangenen 20 Jahren weltweit netto fast drei Millionen Menschenleben gerettet. Epoch Times berichtete.

Noch ein Fakt am Rande: Auf der Liste der wärmsten Länder der Welt steht Deutschland auf Platz 188 (von 217). Angeführt wird diese Liste von Burkina Faso mit einer Jahresdurchschnittstemperatur 2021 von 30,01 Grad Celsius. Am anderen Ende friert Grönland bei -17,56 Grad. Bezogen auf die 119 Länder mit Messwerten von Extremtemperaturen steht Deutschland auf Platz 16 – der kältesten Länder. Bei der Wärme belegen wir Platz 76.

Malaria: potenzielle Ausbreitung in längst malariafreien Gebieten

Mit der Erwärmung einhergehend sollen „sich Infektionskrankheiten in neuere Regionen ausbreiten“, schreibt Wong weiter. Der vermeintliche Beleg steckt in einer Weltkarte, wie die möglichen Übertragungsgebiete von Malaria im Vergleich zu 1951-60 gewachsen sind. Dieser Karte liegen „Niederschlags-, Feuchtigkeits- und Temperaturniveaus [zugrunde], in denen sich Malaria über ein Jahrzehnt hinweg im Durchschnitt mindestens einen Monat pro Jahr ausbreiten könnte.“

Der Konjunktiv deutet eine gewisse Unsicherheit an. Brown formuliert es wie folgt:

„Die Botschaft und das Diagramm scheinen darauf hinzudeuten, dass die Häufigkeit von Malaria zunimmt. […] Tatsächlich waren viele der auf der Karte im ‚Nature‘-Artikel hervorgehobenen Regionen früher malariagefährdet, sind aber heute […] malariafrei.“

Nahezu alle Regionen, in denen Klimaveränderungen prinzipiell neue Verbreitungsgebiete von Malaria ermöglichen, sind historisch schon immer oder seit langem malariafrei.

Nahezu alle Regionen, in denen Klimaveränderungen prinzipiell neue Verbreitungsgebiete von Malaria ermöglichen, sind historisch schon immer oder seit langem malariafrei. Foto: ts/Epoch Times mit Material von Carissa Wong (2023), Max Roser/Our World in Data (2019) CC BY 4.0

Brown verweist außerdem auf den jüngsten Weltmalariabericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Demnach gibt es von Wongs Karte bezeichneten Regionen keine signifikante Anzahl von Malariafällen. Überdies gehen laut WHO sowohl die Gesamthäufigkeit als auch die Sterberaten an Malaria weltweit zurück. Dies sei auch im Rahmen der gängigen Klimaprognosen anzunehmen.

Die Behauptung, dass sich Infektionskrankheiten – insbesondere das vorgebrachte Beispiel – im Rahmen des Klimawandels auf neuere Regionen ausbreiten, „scheint also unbegründet zu sein“, schließt Brown seine Betrachtung zu diesem Punkt ab.

Hunger durch Wirtschaft und Gesellschaft

Zu guter Letzt behauptet Wong: „Während sich die Welt erwärmt, verlieren immer mehr Menschen den Zugang zu sicheren und nahrhaften Lebensmitteln.“ Sie stützt sich bei ihrer Aussage wiederum nicht auf direkte Zahlen, sondern ein Modell aus einer Studie aus dem Jahr 2022. Darin berechnen die Autoren die Zahl der weltweiten Hungernden im Jahr 2021, einmal ohne Klimawandel und einmal mit. In letzterem Szenario hungerten 127 Millionen Menschen mehr.

Laut Brown wurden dabei jedoch kurzfristige Wetterschwankungen mit denen des langfristigen Klimawandels gleichgesetzt. Doch es gebe ein noch größeres Problem mit dieser Analyse: „Die berechneten Auswirkungen des Klimawandels sind im Vergleich zu den Schwankungen in der Technologie und der wirtschaftlichen Entwicklung einfach gering.“

Während in der jüngeren Geschichte etwa 13 Prozent der Europäer von mittlerer bis schwerer Nahrungsmittelknappheit betroffen waren, beläuft sich dieser Wert in Afrika auf fast 50 Prozent. Gleichzeitig unterscheiden sich die Raten im Szenario ohne Klimawandel innerhalb einer Region um weniger als drei Prozent von den historischen Werten. Demnach beeinflussen wirtschaftliche und gesellschaftliche Unterschiede den berechneten Hunger zehn- bis zwölfmal stärker als Klimaveränderungen.

Zwei Beiträge in Fachzeitschriften, zwei unterschiedliche Ansichten. Ja, der Klimawandel erhöht die Lebensmittelunsicherheit – aber nur unwesentlich.

In einer Welt ohne Klimaveränderungen sinkt die Lebensmittelunsicherheit in allen untersuchten Regionen. Wirtschaftliche und gesellschaftliche Unterschiede wiegen jedoch um ein Vielfaches schwerer. Foto: ts/Epoch Times nach Dasgupta, Robinson (2022) CC BY 4.0

Zahlreiche Krisen schüren Hunger, Klima ist keine davon

Wongs Aussage gegenüber steht auch, dass steigende Temperaturen die Erträge wichtiger Nutzpflanzen „dramatisch“ steigern, so Brown. Die US-Raumfahrtbehörde NASA registrierte im Zusammenhang mit steigenden CO₂-Werten ihrerseits einen „schockierend großen“ Düngeeffekt.

Richard Lindzen, emeritierter MIT-Professor für Meteorologie und Atmosphärenwissenschaftler, erklärt das Paradox um das lebensnotwendige Spurengas nicht weniger deutlich:

Wenn man 60 Prozent des CO₂ loswerden könnte, wären wir alle tot. Dies ist ein sehr merkwürdiger Schadstoff, der für das pflanzliche Leben unerlässlich ist.“

Zusammen vervielfachten Temperatur und CO₂ zwischen 1990 und 2019 die Erträge von Weizen (+228 Prozent), Mais (+200 Prozent), Reis (+151 Prozent) und Soja (+144 Prozent). Der Klimawandel scheint den Hunger somit eher zu lindern.

Nun garantiert vermehrtes Wachstum nicht automatisch mehr Nahrung. Doch unabhängig davon steigen seit Jahrzehnten die pro Person verfügbaren Kalorien aus Nahrungsmitteln. Auch zeigt der Welthunger-Index einen langfristigen Rückgang des Hungers in allen Regionen der Welt. Zwar gebe es in den vergangenen Jahren einen leichten Anstieg, gibt Brown zu bedenken. Dies sei jedoch vielmehr auf „COVID-19, den Anstieg der Lebensmittelpreise im Zuge des Krieges in der Ukraine und andere Beeinträchtigungen der Lebensmittelproduktion in Afrika“ zurückzuführen.

„Schande über die Fachzeitschriften“

Das Fazit für Brown ist klar: „Die großzügigste Interpretation […] ist, dass alle vier Behauptungen wichtige Zusammenhänge auslassen. […] Weniger großzügig würde ich sagen, dass die Artikel den Geschmack ihrer Leserschaft treffen.“

Es habe zudem den Anschein, dass Fachzeitschriften wie „Nature“ und „Lancet“ versuchen, „ihre Autorität als vertrauenswürdige wissenschaftliche Institutionen zu nutzen. […] Die Ironie dabei ist jedoch, dass eine Institution, wenn sie aktiv wird, viel eher dazu neigt, die Daten zu verdrehen, was dann genau die Autorität untergräbt, die sie zu nutzen versucht.“

Brown, der das Problem Klimawandel keineswegs leugnet, warnt seinerseits vor Aktivismus. Er schreibt abschließend:

Der Klimawandel ist ein großes Problem. […] Eine umfassende und schnelle Umstrukturierung der weltweiten Energie- und Agrarwirtschaft sollte aber nicht unter falschen Vorwänden verkauft werden.“

Sowie:

Das hartnäckige Beharren auf der Suche nach den negativen Klimaauswirkungen in der ansonsten positiven Geschichte lenkt […] ab und stellt außerdem die derzeitigen Systeme irreführend als weniger attraktiv dar, als sie sind. […] Es ist eine Schande, dass wissenschaftliche Publikationen wie ‚Nature‘ diesem Beispiel zu folgen scheinen.“



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