Chinas Kriegsmaschine setzt auf Drohnen
Ins Dunkel der Nacht gehüllt und weniger als 150 Kilometer von der kalifornischen Küste entfernt, verfolgen Gruppen unbekannter Flugobjekte Schiffe der US-Marine. Die Drohnen schwirren über den Bug der Schiffe und passen ihre Geschwindigkeit den Kriegsschiffen an. Trotz schlechter Sicht verfolgen sie die Schiffe bis zu vier Stunden am Stück. Die Schiffsbesatzungen sind in höchster Alarmbereitschaft. Doch sie haben keine Ahnung, woher „Sie“ kommen, was ihr Zweck ist oder wem „Sie“ Bericht erstatten.
Das ist nicht die Handlung eines aufstrebenden Spionagethrillers, sondern eine Reihe von tatsächlichen Ereignissen, die sich im Juli 2019 zugetragen haben. Diese beunruhigenden Begegnungen lösten nicht nur bei den US-Streitkräften Alarm aus. Sie riefen einen ganzen Ermittlungsapparat hervor, der sich aus Teilen der US-Marine, der Küstenwache und des FBI zusammensetzt. Die Mitglieder des Generalstabs und der Kommandant der Pazifikflotte wurden über die Situation auf dem Laufenden gehalten.
„Wenn die Drohnen nicht vom amerikanischen Militär betrieben wurden, stellen diese Vorfälle eine höchst signifikante Sicherheitsverletzung dar“, heißt es in einem Untersuchungsbericht, der sich auf die Logbücher der Schiffe stützt. Die Art der Drohnen, woher sie kamen und wer sie einsetzte, blieb jedoch mehr als zwei Jahre lang ein Geheimnis.
Gefahr für die nationale Sicherheit
Ein Mitte Juni veröffentlichter Bericht bringt nun Licht ins Dunkel und enthüllt, was in der Presse zuvor als UFOs galt. Laut „The Drive“ trafen bei mindestens acht Begegnungen US-Schiffe auf mehrere unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs) – irdischen Ursprungs.
Die Autoren stützen sich dabei auf Unterlagen der Marine, die sie durch mehrere Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (Freedom of Information Act) erlangten. Darin wird als Startpunkt der Drohnen ein ziviler Massengutfrachter angegeben, der zu der Zeit in dem Gebiet operierte. Das besagte Schiff, die „MV Bass Strait“, gehört zum Transportunternehmen „Pacific Basin“ und fährt unter der Flagge von Hongkong.
„Die Marine schätzte ein, dass das kommerzielle Frachtschiff wahrscheinlich Drohnen zur Überwachung von Marineschiffen einsetzte“, heißt es in dem Bericht. Möglicherweise könne das Schiff mit weiteren Vorfällen im März und April 2019 in Verbindung gebracht werden. Darunter auch „nachrichtendienstliche Sammeloperationen“, die auf die „USS Zumwalt“, Amerikas modernsten Überwasserzerstörer, abzielten.
„Aktive Überwachung von wichtigen Marineinstrumenten wird in Gebieten durchgeführt, in denen sie trainieren und ihre empfindlichsten Systeme einsetzen. [Dies finde] oft in unmittelbarer Nähe der amerikanischen Küste“ statt, heißt es in dem Bericht.
Chinas wachsende Drohnenstreitkräfte
Es ist zu früh, um zu sagen, welche Verbindung die Besatzung der „Bass Strait“ und „Pacific Basin“ zu den Drohnen haben. Nichtsdestotrotz unterstreicht der Vorfall die zentrale Rolle, die Drohnen in der nächsten Phase der modernen Kriegsführung spielen. Doch bereits jetzt prägen sie das Schlachtfeld und die Prozesse der Informationsbeschaffung.
Besonders energisch im Bereich der Drohnenkriegsführung zeigt sich die Kommunistische Partei Chinas, sie baut in großem Stil Drohnen. Seit über einem Jahrzehnt investiert das Regime kräftig in alles, was schwimmt, taucht und fliegt. Zu Letzterem gehören sowohl billige und entbehrliche kommerzielle Quadrocopter als auch ressourcenintensive Kampfflugzeuge für große Höhen und lange Flugzeiten.
In der Tat hat die KP Chinas und ihr militärischer Flügel, die Volksbefreiungsarmee (PLA), seit Anfang der 2000er-Jahre zahlreiche Drohnenprojekte durchgeführt. Der erste Auftritt einer in China gebauten Tarnkappendrohne erfolgte kurz nach dem Amtsantritt von Parteichef Xi Jinping.
Die übersetzt „Scharfes Schwert“ genannte Drohne entstand dabei wahrscheinlich auf der Grundlage von Daten, die aus der iranischen Erbeutung einer fortschrittlichen amerikanischen Drohne im Jahr 2011 stammten. Es war jedoch nur das Erste von vielen unbemannten Flugobjekten, die auf ausländischen Technologien basieren. Das Wissen des kommunistischen Regimes stammt nicht selten aus einem umfassenden Programm zum Technologiediebstahl.
In den letzten zehn Jahren hat die KP Chinas Dutzende Drohnen mithilfe einer Vielzahl staatlicher Unternehmen finanziert. Nicht wenige davon stellen auch die Raumfahrt- und Raketentechnologie des Regimes her. Darüber hinaus kauft die Kommunistische Partei alles, was mit Drohnen zu tun hat – von größeren Kampfdrohnen, wie das „Scharfe Schwert“, über kleine Quadrocopter-Drohnen, wie sie in der Nähe von Kalifornien gesichtet wurden. Außerdem beliebt sind raketengetriebene Überschallflugzeuge, die durch den Himmel sausen und Zielinformationen sammeln sollen.
Forschungsschiff oder Flugzeugträger?
Die KP Chinas dehnt ihre Drohnenkapazitäten bereits über das gesamte Spektrum ihrer militärischen Mittel aus. Diese Fähigkeiten setzt sie schließlich in einigen der am stärksten umkämpften Regionen der Welt ein.
Chinas dritter und neuester Flugzeugträger, die „Fujian“, wird voraussichtlich eine Vielzahl von Drohnen beherbergen. Diese Bemühungen bauen ihrerseits wahrscheinlich auf den operativen Erfahrungen der letzten Jahre auf. So wurde Chinas zweiter Flugzeugträger, „Shandong“, Anfang Juni dieses Jahres mit einer kleinen Flotte „kommerzieller oder kommerziell abgeleiteter Drohnen“ auf seinem Flugdeck gesichtet. Dazu heißt es:
„Die Bilder unterstreichen die zunehmenden Bemühungen der chinesischen Volksbefreiungsarmee, verschiedene Arten unbemannter Flugzeuge zu entwickeln und einzusetzen, darunter auch solche, die in vernetzten Schwärmen operieren können, oft mit dem Ziel, verschiedene Aufgaben im maritimen Bereich zu erfüllen.“
Das Regime in Peking investiert jedoch nicht nur in Drohnen, sondern auch in Drohnenträger. So handelt es sich bei der „Zhu Hai Yun“ offiziell um ein knapp 90 Meter langes Meeresforschungsschiff. Das Schiff selbst ist ebenfalls eine Drohne und könne entweder ferngesteuert oder autonom über die Weltmeere fahren. Nach den Worten des Herstellers ist es das „erste intelligente unbemannte System-Mutterschiff der Welt“.
Und obwohl Peking das Mutterschiff offiziell als maritimes Forschungsinstrument bezeichnet hat, räumt ein Bericht der „South China Morning Post“ ein, dass das Schiff tatsächlich über militärische Fähigkeiten verfügt. Konzipiert wurde es für den Einsatz verschiedener Unterwasser- und Luftdrohnen für unterschiedliche Zwecke. Es könnte aber auch „invasive Ziele abfangen, belagern und vertreiben“. Diese Nachricht dürfte der US-Militärführung missfallen, die wahrscheinlich erst in sechs Jahren ein eigenes Schiff dieser Art einsetzen wird.
Drohnen sammeln „verwertbare Informationen“
In dem Maße, in dem sich Chinas Entwicklung von Militärdrohnen beschleunigt hat, hat auch die Zahl der internationalen Zwischenfälle im Zusammenhang mit Drohnen zugenommen.
So flogen im August 2021 Kampfjets der japanischen Selbstverteidigungskräfte über mehrere Tage hinweg Einsätze, um chinesische Militärdrohnen südlich von Okinawa abzufangen. Die Drohnen, die in ihrer Größe mit den westlichen Predator- und Reaper-Drohnen vergleichbar waren, sollten strategische Informationen über die Miyako-Straße sammeln. Die Meerenge stellt für die Volksbefreiungsarmee einen wichtigen Zugang zum Pazifik dar. Dementsprechend war sie in den letzten zehn Jahren immer häufiger Schauplatz chinesischer Militäreinsätze.
Der Vorfall erinnert eindringlich daran, wozu ein Großteil der chinesischen Drohnenflotte dient: zur Sicherung wichtiger strategischer Informationen für die Koordinierung von Militäraktionen. Eine Frage jedoch bleibt. Warum spionieren mehrere Gruppen von Drohnen, die von einem Frachtschiff aus Hongkong gestartet wurden, Schiffe der US-Marine vor der kalifornischen Küste aus?
Wenn solche Aktionen direkt oder indirekt mit dem ausgedehnten militärischen Sicherheitsapparat der kommunistischen Regierung Chinas in Verbindung stehen, was ist dann das Ziel der gesammelten Informationen? Wozu sind die Informationen „verwertbar“?
Beobachten, lernen, vorbereiten
In einer Analyse heißt es dazu, dass die „gegnerischen Drohnen“ des Jahres 2019 „Amerikas leistungsfähigste Luftverteidigungssysteme stimulieren und extrem hochwertige elektronische Aufklärungsdaten über sie sammeln sollen.“ Weiter heißt es in dem Bericht:
„Durch das Sammeln umfassender elektronischer Aufklärungsdaten über diese Systeme können Gegenmaßnahmen und Taktiken der elektronischen Kriegsführung entwickelt werden, um sie zu stören oder zu besiegen. […] Außerdem können Fähigkeiten genau eingeschätzt [oder] geklont werden, Taktiken aufgezeichnet und ausgenutzt werden.“
„Dieser Schwarm hätte all diese sensiblen Daten über die fähigsten Kriegsschiffe der Welt aus nächster Nähe abgreifen können oder einer anderen Plattform in der Nähe dabei helfen können, sie abzugreifen.“
Im Wesentlichen haben die Drohnen zwei Dinge erreicht. Das Erste war die flächendeckende Aufklärung, die durch das Ausspionieren von US-Marineschiffen aus nächster Nähe gewonnen wurde. Zweitens lernten sie, was eine amerikanische Reaktion nach sich ziehen würde und wie diese aussehen würde.
Auf diese Weise köderten die Drohnen die amerikanischen Marineschiffe. Zudem sammelten sie Informationen über deren Reaktion (oder deren Fehlen) für künftige Aktionen. Dieses Wissen wiederum könnte das chinesische Militär nicht nur über die technischen Spezifikationen der amerikanischen Schiffe informieren, sondern auch darüber, wie man deren Besatzungen und Protokolle manipulieren konnte. Letztendlich helfe es, zu erfahren, wie sich die amerikanischen Streitkräfte im Konflikt verhalten würden.
Drohnen entscheiden den nächsten Krieg
Solche Instrumente haben sehr reale Folgen für die Vereinigten Staaten, ihre Verbündeten und Partner sowie für die gesamte internationale Ordnung. Vielleicht nirgendwo mehr als in der akuten Gefahr einer Invasion der KP Chinas in das demokratische Taiwan, das seit 1949 seine faktische Unabhängigkeit bewahrt hat.
Trotz dieser Unabhängigkeit und trotz der Tatsache, dass Peking die Insel nie regiert hat, hat das Regime die erzwungene Vereinigung Taiwans mit dem Festland zu einem zentralen Punkt seiner aktuellen Bemühungen gemacht. Wie es scheint, sollen Drohnen bei diesem Vorhaben eine zentrale Rolle spielen.
Ende 2021 ließ die PLA einen Miniatur-Flugzeugträger zu Wasser, der Drohnenschwärme aussetzen und einholen kann. Solche Einsatzfahrzeuge sollen an der Seite von Kriegsschiffen militärische Operationen im maritimen Bereich stören, indem sie feindliche Ziele umschwärmen lassen oder sie durch Ablenkung weniger effektiv machen.
Eine Untersuchung von Chinas Drohnenkapazitäten durch „The Drive“ ergab, dass „Drohnenschwärme verschiedener Art immer wahrscheinlicher ein Bestandteil künftiger Konflikte sein werden, in die China verwickelt sein könnte, unabhängig davon, ob diese von chinesischen Streitkräften oder anderen Parteien betrieben werden.“
Nach den Ergebnissen eines von der US-Luftwaffe durchgeführten Planspiels würde China bei einer Invasion Taiwans wahrscheinlich Hunderte, wenn nicht Tausende von Drohnen in autonomen Schwärmen einsetzen. Solche Schwärme sind so konzipiert, dass sie mit anderen Drohnen im Netzwerk zusammenarbeiten. Dadurch bieten sie sowohl Widerstandsfähigkeit als auch eine Offensivfähigkeit, die viele konventionelle Waffen Chinas nicht erreichen.
Der Schlüssel zum Sieg bei der Abwehr einer Invasion der KP Chinas in Taiwan? Eigene Drohnenschwärme. In einer Zusammenfassung heißt es: „Schwarmfähigkeiten werden selbst von führenden US-Denkfabriken und dem Pentagon als entscheidend für künftige Konflikte angesehen.“
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „China’s War Machine Is Betting the Future on Drones“ (deutsche Bearbeitung ts)
Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 52, vom 9. Juli 2022.
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