Wie Fußball und Wrestling: Die Wahrheit hinter den römischen Gladiatoren
Tausende Menschen sitzen brüllend und jubelnd auf den Tribünen, und ihre Aufmerksamkeit ist auf die zwei Männer in der Mitte der Arena gerichtet. Während sich der sandige Arenaboden vom blutigen Kampf bereits rot verfärbte. Das grölende Publikum entscheidet mit einem Daumen hoch oder runter, ob der Besiegte begnadigt oder zum Tode verurteilt wird.
Dieses Bild der römischen Gladiatoren prägt seit Jahrhunderten das Denken vieler Menschen. Doch nicht alles, was in heutigen Filmen zu sehen ist, entspricht der Realität, auch wenn manches einen wahren Kern zu haben scheint. Dabei reicht die Wahrheit von Spielen auf Beerdigungen und durch Schiedsrichter geleitete Kämpfe bis zu teuren Ausbildungen und umjubelten Verbrechern.
Der Ursprung der Gladiatoren
Der Name Gladiator leitet sich von dem lateinischen Wort „gladius“ ab – dem berühmten Kurzschwert der Römer, das vor allem die Legionäre in ihren Armeen als Standardwaffe einsetzten. Je nach Typ waren auch die Gladiatoren in der Arena mit dieser Waffe ausgestattet.
Schwieriger ist dagegen die Beurteilung, wo die Kämpfe ihren Ursprung haben. Viele Historiker vermuten, dass ihre Wurzeln bis zu den Etruskern reichen – jenem Volk, das vor den Römern in Italien dominierte. So sollen die Etrusker im Rahmen der Bestattung ihrer adligen Toten derartige Kämpfe veranstaltet haben. Einige Aspekte aus der etruskischen Kultur könnte dann mit den Gladiatorenkämpfen in die römische Kultur übergegangen sein.
Die ersten römischen Kämpfe sollen im Jahr 264 v. Chr. in Rom während der Totenfeier eines Aristokraten stattgefunden haben. Im Laufe der Zeit scheinen die Kämpfe mehr und mehr an Beliebtheit gewonnen zu haben. Statt aus religiösen Gründen dienten sie bald vorrangig zur Unterhaltung des Volkes.
Für diese Großereignisse ließen die Römer später Arenen aus Holz oder Stein errichten, wie das älteste aus Stein gebaute Amphitheater in Pompeji oder das berühmte Kolosseum.
Mit der Ausrichtung der Kämpfe verfolgten die Veranstalter und Sponsoren, zu denen Aristokraten und Politiker bis zu römischen Kaisern gehörten, gewisse Ziele. Dazu zählen üppige finanzielle Einnahmen, die Demonstration der Macht Roms und die Gunst der Bürger.
Exakt geplant
Ähnlich wie heutige Fußballspiele waren auch Gladiatorenkämpfe gut organisiert, und Veranstalter kündigten diese im Vorfeld an. Einer dieser Wege waren Graffitis, wie jene aus Pompeji eindrucksvoll zeigen. Neben dem Veranstalter und dem Termin wurden auch die Zahl der Begegnungen und die gegeneinander antretenden Kämpfer namentlich genannt.
Je nach Austragungsort konnten die Gladiatorenkämpfe vier oder einhundert Mal im Jahr stattfinden. Der zeitliche Ablauf blieb weitgehend gleich. Laut dem australischen Historiker Alastair Blanshard ging zudem der religiöse Charakter jedoch nie ganz verloren, da jeder Tag mit feierlichen Prozessionen und Opfergaben auf Altären begann. Nach dieser Eröffnung fanden am Vormittag die Tierjagden und am Mittag Hinrichtungen statt. Höhepunkt waren jedoch die Gladiatoren am Nachmittag.
Tierhetzen
Entgegen der landläufigen Meinung traten hier keine Verurteilten oder Gladiatoren gegen Tiere an, sondern speziell dafür trainierte Jäger – auch „venationes“ genannt. Seltener kämpften unterschiedliche Tierarten wie Bären, Großkatzen oder Stiere gegeneinander. Das Fleisch der toten Tiere erhielt später das gewöhnliche Volk im Publikum.
Dieses Schauspiel kostete einer hohen, nicht bestimmbaren Anzahl von Tieren das Leben – mit spürbaren Folgen für den Bestand. Herangebracht wurden diese oft aus den entfernten römischen Provinzen, womit unter anderem Soldaten beauftragt wurden.
Hinrichtungen
Nach den Tierhetzen fanden Hinrichtungen von Menschen statt, die gegen das römische Gesetz verstoßen haben sollen. Obwohl das Römische Reich in vielen Bereichen ein Vorreiter der Moderne war, gab es keine Polizei oder Staatsanwaltschaft, die im Rahmen von Gerichtsverfahren eine Schuld oder Unschuld von Angeklagten ermitteln konnte. Es ist daher möglich, dass auch Unschuldige verurteilt wurden.
Wie die Exekution der Verurteilten ausgeführt wurde, ist umstritten. Zwar gab es laut Schriftquellen die „damnatio ad bestias“, die Verurteilung durch wilde Tiere oder die „damnatio ad ferrum“, die Verurteilung zum Kampf mit Eisen ohne Aussicht auf Rettung, doch ob und wie oft diese in Amphitheatern vollzogen wurden, ist unklar. Gelegentlich sollen zudem mythologische Szenen nachgestellt worden sein, wie der Tod des legendären Herkules oder des tödlichen Flugs von Ikarus zur Sonne.
Seeschlachten
In den Schriften mehrerer römischer Historiker wird erwähnt, dass zu besonderen Anlässen auch Seeschlachten – sogenannte Naumachien – stattfanden. Bei ihnen sollen zum Tode Verurteilte berühmte Schlachten nachgestellt haben.
Eines dieser Spektakel soll zur Eröffnung des Kolosseum im Jahr 80 n. Chr. stattgefunden haben. Neuere Untersuchungen am Amphitheater selbst ergaben, dass die Römer dank verschiedener Mechanismen durchaus in der Lage waren, das Kolosseum zu fluten.
Gladiatorenkämpfe
Bei den beliebten Gladiatorenkämpfen traten in der Regel zwei gleich starke, aber unterschiedlich ausgerüstete Kontrahenten gegeneinander an. Im Vergleich zu vielen Filmen begleiteten Schiedsrichter den Schaukampf – also eine Art Wrestling mit Schwert und Schild.
Diese achteten darauf, dass die Kämpfer alle Regeln einhielten, wie der deutsche Historiker Marcus Junkelmann in seinem Buch „Das Spiel mit dem Tod. So kämpften Roms Gladiatoren“ erklärt. Zu starken Verletzungen oder dem Tod kam es dennoch.
Verachtete, umjubelte Gladiatoren
Gladiatoren zierten Wände, Trinkbecher und Rüstungen und waren damit im Leben der römischen Bürger allgegenwärtig. Ihre mitreißenden Kämpfe zogen Massen an Schaulustigen an und „Fans“ in den Bann. Wie bei modernen Fußballspielen traten damals schon große Rivalen gegeneinander an und versetzten ihre Anhänger in Aufruhr.
Eines dieser antiken Derbys war der Kampf zwischen Pompeji und seinem Nachbarort Nuceria um 59 n. Chr. Was mit leidenschaftlichen Anfeuerungen begann, endete tödlich – wobei das meiste Blut auf den Zuschauerrängen floss. Da Anhänger Pompejis den mörderischen Tumult ausgelöst hatten, verbot der Kaiser der Stadt für zehn Jahre die Ausrichtung von Gladiatorenkämpfen.
Diese Tatsache erscheint verwirrend, wenn man den sozialen Hintergrund der Kämpfer betrachtet. Gladiatoren waren in der Regel Kriegsgefangene oder verurteilte Mörder, Diebe und Brandstifter.
Wer nicht sofort die Todesstrafe oder Verbannung erhielt und kräftig gebaut war, konnte vom Gladiatorenmeister, dem „lanista“, gekauft und in seinem „ludus“, der Gladiatorenschule, ausgebildet werden. Die Unterbringung, Ausbildung, Verpflegung und medizinische Versorgung kosteten dem Lanista viel Geld.
Ob sich unter den Gladiatoren auch römische Bürger und Frauen befanden, ist bis heute umstritten. „Tatsächlich sind die Hinweise auf solche Bürgergladiatoren äußerst spärlich. Mit ziemlicher Sicherheit war es extreme Verzweiflung, die sie in die Arena trieb, und nicht der Wunsch nach Ruhm“, so der Historiker Alastair Blanshard.
Außerdem war nicht jeder Kampf einer auf Leben und Tod, wie Prof. Cavan Concannon von der University of Southern California glaubt. So soll der Gladiator Hilarus beispielsweise 12 von 14 Kämpfen gewonnen haben.
Einblicke ins Leben der Kämpfer
Tatsächlich galten alle Gladiatoren per Gesetz als Sklaven. Und so wurden sie auch behandelt, wie Fußfesseln aus der Gladiatorenkaserne in Pompeji zeigen. Überreste der Gladiatorenschule von Carnuntum nahe dem heutigen Wien, Österreich, lieferten 2014 weitere Einblicke. So bot die zweistöckige Schule Platz für etwa 80 Gladiatoren, wovon sich ein bis zwei eine drei Quadratmeter große Zelle teilten. Zusätzlich gab es einen großen Übungsplatz, beheizte Böden, Bäder, medizinische Einrichtungen und einen Friedhof.
Eine Analyse von Skeletten, die Gladiatoren zugeschrieben werden, zeigt, dass viele der Männer in ihrer Kindheit an Mangelerscheinungen litten und aus ärmlichen Verhältnissen stammen. In der Schule erhielten die Kämpfer dann drei nahrhafte Mahlzeiten pro Tag, um genügend Energie aufbringen zu können.
Das Training fand auf dem Übungsplatz unter Leitung der „magistri“, den Ausbildern, mit Schwertern aus Holz oder stumpfem Metall statt. Die Ausbilder standen selbst einst in der Arena und waren darauf spezialisiert, einen bestimmten Gladiatorentyp auszubilden. Insgesamt gab es über 20 Gladiatorentypen, wovon die folgenden sechs am häufigsten waren.
Thraex
Benannt ist dieser Gladiatorentyp nach einem Volk aus Thrakien, im heutigen Balkangebiet, das 46 n. Chr. zur römischen Provinz wurde. Der Thraex war ein leicht bewaffneter Kämpfer mit einem gebogenen Kurzschwert. Als Schutz diente ihm ein kleiner rechteckiger gewölbter Schild, ein Helm, Polsterungen aus Stoff an Armen und Beinen sowie hohen Beinschienen aus Metall. Der Helm hatte eine nach vorn geneigte Spitze, gelegentlich mit Kamm. Er kämpfte meist gegen den Murmillo, seltener gegen den Hoplomachus.
Murmillo
Der Murmillo war ein schwer bewaffneter Gladiator, dessen Name sich von dem Seefisch „murma“ ableitet, der in Netzen gefangen wird. Zu seiner Ausrüstung gehörte ein klassisches Kurzschwert, ein mittelgroßer geborgener Schild, ein Helm, Polsterungen aus Stoff an Armen und Beinen sowie kurze Beinschienen aus Metall. Sein Helm besaß einen Kamm und ein Gitter an den Augenöffnungen. Er kämpfte vorwiegend gegen den Thraex, seltener gegen den Retiarius.
Hoplomachus
Dieser Gladiatorentyp ist nach dem alten griechischen Fechtsport „Hoplomachie“ benannt, bei dem mit Lanze und Schild gekämpft wird. Entsprechend ist dieser Kämpfer mit einer Lanze, einem Dolch, einem kleinen runden Schild, einem Helm, Polsterungen aus Stoff an Armen und Beinen sowie hohen Beinschienen aus Metall ausgestattet. Der Helm besitzt eine Krempe und oft einen Kamm. Er kämpfte vorwiegend gegen den Murmillo, seltener gegen den Thraex.
Provocator
Der Provocator, übersetzt „Herausforderer“, war ein schwer bewaffneter Gladiator, der mit einem klassischen Kurzschwert kämpfte. Als Schutz diente ein mittelgroßer gebogener Schild, ein Brustpanzer aus Metall, ein Helm, Polsterungen aus Stoff am Schwertarm sowie halbhohe Beinschienen aus Metall. Sein kammloser Helm schützte den Kopf vollständig. Er kämpfte vorwiegend gegen einen anderen Provocator.
Secutor
Der Secutor, übersetzt „Verfolger“, war wie der Murmillo ein schwer bewaffneter Gladiator. Zu seiner Ausrüstung gehörte ein klassisches Kurzschwert, ein mittelgroßer geborgener Schild, ein Helm, Polsterungen aus Stoff am Schwertarm sowie kurze Beinschienen aus Metall. Sein Helm schützte das gesamte Gesicht und hatte nur schmale Sehschlitze, sodass das Atmen darunter schwerfiel. Er kämpfte vorwiegend gegen den Retiarius.
Retiarius
Der Retiarius, übersetzt „Netzkämpfer“, war ein leicht bewaffneter Kämpfer mit einem Dreizack, einem Netz und einem Dolch. Als Schutz dienten ihm lediglich eine Polsterung aus Stoff am Schwertarm sowie kurze Beinschienen aus Metall.
Die Gladiatoren ernteten trotz ihres niedrigen Standes große Anerkennungen für ihren Kampfmut und ihre Tapferkeit. Im 4. Jh. n. Chr. endete das Blutvergießen in der Arena schließlich mit der Anerkennung des Christentums.
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