Stuttgart 21: Voraussichtliche Inbetriebnahme erst 2026 – oder doch nicht?

Das Mega-Projekt Stuttgart 21 soll erst Ende 2026 fertig werden. Grund dafür ist ein bundesweites Pilotprojekt im Schienenverkehr. Kritiker zweifeln an einer Fertigstellung zum genannten Termin.
Die Baustelle des milliardenschweren Bahnprojekts Stuttgart 21.
Die Baustelle des milliardenschweren Bahnprojekts Stuttgart 21.Foto: Bernd Weißbrod/dpa
Von 15. September 2024

Bereits mehrfach hat die Deutsche Bahn AG das Inbetriebnahmedatum des neuen Stuttgarter Hauptbahnhofs, auch Stuttgart 21 (S 21) genannt, verschoben.

Ursprünglich hätte der Bahnhof der baden-württembergischen Landeshauptstadt schon im Jahr 2019 seinen Betrieb aufnehmen sollen. Aufgrund von Verzögerungen dürften die Züge nun erst spätestens im Dezember 2026 über die Gleise rollen.

Stuttgart 21 ist ein eigenwirtschaftliches Projekt der Deutschen Bahn, des Landes Baden-Württemberg, der Landeshauptstadt Stuttgart, des Verbands Region Stuttgart und der Flughafen Stuttgart GmbH.

Wie die Regierung erklärte, ist der Bund kein Projektpartner von Stuttgart 21. Damit sei er „nicht zuständig für die Planung und Durchführung sowie eventueller Änderungen und Einschränkungen im Rahmen der Projektabwicklung“.

Bundesweites Pilotprojekt bremst Stuttgart 21

In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion nennt die Bundesregierung den Grund für die Verzögerung bei der Fertigstellung. Demnach liegt die Verschiebung der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 an den „großen Herausforderungen beim bundesweiten Pilotprojekt ‚Digitaler Knoten Stuttgart‘“.

Dabei handelt es sich um ein Projekt zur Modernisierung und Digitalisierung der Technik des Eisenbahnverkehrs im Großraum Stuttgart. Von dieser Maßnahme sind rund 500 Streckenkilometer betroffen, darunter das gesamte S-Bahn-Netz der Region und ebenso die Infrastruktur von Stuttgart 21.

Die Bundesregierung weist darauf hin, dass die Deutsche Bahn die Öffentlichkeit über dieses Pilotprojekt bereits im März 2024 informiert hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Deutsche Bahn die Inbetriebnahme noch auf Ende 2025 anvisiert. Im Juni teilte das Unternehmen mit, dass eine weitere Verschiebung um ein Jahr nötig sei.

Stuttgart 21

Die Bauarbeiten bei Stuttgart 21 laufen seit 2010. Foto: Thomas Kienzle/AFP via Getty Images

Aus der Antwort der Bundesregierung geht nicht eindeutig hervor, welcher Umstand die Deutsche Bahn zu der neuerlichen Terminverschiebung veranlasst hat.

Sie bezog sich lediglich auf Aussagen des Bahnunternehmens von 2023, wonach „viele große Bauvorhaben der DB AG [Deutschen Bahn] in Deutschland von der stark gestiegenen Inflation im Baubereich betroffen sind, weshalb die Kosten- und Terminplanungen für S 21 überprüft wurden“.

Von 2,5 auf mindestens 11,4 Milliarden Euro

Umstritten ist das Bahnhofsprojekt auch wegen seiner vielfach gestiegenen Kosten. Als die Projektleiter das Bauvorhaben im Jahr 1995 vereinbart hatten, kalkulierten sie die Kosten auf rund 2,5 Milliarden Euro.

Ab 2009, ein Jahr vor Baubeginn, gab es dann alle paar Jahre teils starke Kostensprünge. Die letzte Kostenkorrektur auf 11,45 Milliarden Euro fand im vergangenen Jahr statt. Die milliardenschweren Mehrkosten liegen bei mindestens 6,5 Milliarden Euro. Diese bedeuten eine enorme Belastung für das Transportunternehmen. Denn einem Gerichtsurteil zufolge muss die Bahn diesen Betrag alleine tragen.

Die CDU/CSU-Fraktion wollte mit ihrer Anfrage auch den aktuellen Stand bezüglich der Kosten wissen. Daraufhin antwortete der Bund: „Der Gesamtwertumfang des Projekts liegt bei 10,953 Milliarden Euro. Inklusive eines Risikopuffers beträgt der Gesamtfinanzierungsrahmen 11,453 Milliarden Euro.“

Einige Kritiker des Projekts hatten schon vor mehr als zehn Jahren die Kosten auf 10 Milliarden Euro beziffert. Damit lagen sie näher an der tatsächlichen Entwicklung, als die Projektleiter.

Bauarbeiter montieren am 13. September 2024 eine Treppe im neuen Hauptbahnhof. Foto: Thomas Kienzle/AFP via Getty Images

Doch die hohen Kosten sollen sich bezahlt machen. Die Deutsche Bahn geht davon aus, dass Stuttgart 21 mehr Reisekomfort für die Fahrgäste bringen wird. Es soll ein einfacheres und schnelleres Umsteigen und einen besseren Regionalverkehr geben. Zudem würden sich die Fahrzeiten deutlich verkürzen. Laut dem Konzern sei Stuttgart 21 „viel mehr als ein Bahnhof“.

Fertigstellung 2026 doch nicht sicher?

Das Bauvorhaben nähert sich indes langsam der Schlussphase. Neben Dutzenden neuen Schienen- und Tunnelkilometern hat der Bahnhof inzwischen auch seine modern aussehende Überdachung erhalten. Somit scheint eine Fertigstellung bis 2026 realistisch zu sein.

Daran glaubt das weiterhin bestehende Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 allerdings nicht. „Das Projekt als Ganzes wird nicht fertig sein – weder ’25,  ’27 noch irgendwann in den nächsten zehn Jahren, weil es eben funktional nicht fertig wird“, sagte Werner Sauerborn, ein Sprecher der Bewegung, dem ZDF. Ein oft genannter Kritikpunkt ist, dass der Bahnhof zu wenig Gleise habe.

Auch zusätzliche, bereits geplante Baumaßnahmen könnten an der Situation nichts ändern. „Das führt nur zu noch mehr Milliarden verlorener Kosten und zu noch mehr CO₂-Emissionen“, so Sauerborn.



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